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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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satanische Seele zu beleben. Ich wagte nicht, den Blick zu wenden, doch die diabolische, zittrige Stimme drang weiter in mich, bis ich ungeachtet der Erstarrung, die von mir Besitz ergriffen und meine Füße an den Boden gepflockt, verstohlen nach dem schwarzen, von gelben Teichrosenblättern bedeckten Bassin linste, auf dem Kaulquappen und Froschlaich schwammen und der Gewürm und den absonderlichsten Tieren Behausung bot, um sogleich von einem schrecklichen Beben und Zittern gepackt zu werden, da ein Paar glühende, funkensprühende grüne Augen auf mich gerichtet und eine heisere, tiefe Stimme wispernd an mein Ohr drang, Salach, Salach, dein Ende wird von diesem Teich kommen.

12. August 1895, Hotel Kaminitz, Jaffa
    Es sind noch zwanzig Minuten bis zur fünften Stunde des Nachmittags. Ich schreibe diese Zeilen aus dem Lande Israel, Zion, an einem eichenen Sekretär im Vestibül eines Hotels in der Deutschen Kolonie nahe Jaffa. Durch die offene Tür ist man der üppigen grünen Obstpflanzungen Jaffas ansichtig. Meeresgerüche durchwirken die Luft. Der seichte Wind trägt das Zirpen fröhlicher Grillen heran. Meine Stimmung indes ward getrübt durch Hader und Zwist, welche heute zwischen mir und der gnädigen Frau ausgebrochen. Vielleicht werden diese Worte, die niederzuschreiben ich mich jetzt anschicke, Frieden und Zerstreuung in mein Herz bringen.
    Dabei hatte der Tag so schön und verheißungsvoll angehoben, wie noch keiner zuvor, da unser Schiff gegen Morgen vor dem Hafenbecken von Jaffa vor Anker ging. Fröhliche Ausgelassenheit und Freude ergriffen Besitz von mir. Gleich allen meinen Altersgenossen, die vom Idealismus durchdrungen und geleitet, hatte es auch mich, da ich kaum zum Manne gereift, danach verlangt, ins Heilige Land aufzusteigen, seine Erde zu bestellen und zu hüten. Erst jüngst habe ich meine Studien an der Schule für Agronomie in Montpellier vollendet und bin nun aller Früchte und Getreide des Landes kundig und bewandert. Sogar die gnädige Frau ist schon lange von dem Wunsch beseelt, ihren Fuß auf dieses Fleckchen Erde zu setzen. Von frühester Jugend an ist sie in Warschau als begeistertes Mitglied der Bewegung Chowewei Zion zugetan gewesen, hat nach Kräften die Besiedlung des Landes Israel und die
Aliya
nach Zion befördert, unserer ersehnten Heimaterde, die allein unser harrt.
    An diesem Morgen standen wir an Deck unseres Schiffes und beschauten die hübschen Häuser Jaffas, die über die Wellenkämme zusehends aufkamen. Freudetrunken ergriff ich die Hand der gnädigen Frau und wollte sie auf den Mund küssen, doch sie entzog sich meinem Griff. Ich wandte mich ihr zu und gewahrte ihren Verdruss. Nach dem Grund ihrer Übellaunigkeit befragt, wusste sie selbst keine Antwort zu geben. Ich wies ihr das Land unseres Sehnens in all seiner Schönheit, doch sie verzog das Gesicht und wandte den Blick ab. Ihre Hände waren kalt wie Eis, als wollten sie der Hitze, die um uns herrschte, trotzen.
    Just da kam eine Anzahl gewandter und schwarzhäutiger Fährmänner aus dem Hafen auf uns zugerudert, ihre Sprache krächzend wie die eines afrikanischen Papageis und ihr Benehmen ganz unbestreitbar noch die elementarsten Grundlagen jedweder Kultur vermissend.
    Ich fragte die Deckjungen, wer diese Männer seien.
    Araber, wurde mir geheißen.
    Bis zu ebendiesem Morgen war ich mein Lebtag noch keinem Araber begegnet, hatte allein von einem vagen, kruden Gerücht Kenntnis erlangt, eine Handvoll dieses Volkes, Nachfahren Sems, sei im Lande Kanaan ansässig und dass diese Menschen den Kolonialisten ihr Land veräußerten. Umso begieriger war ich, meine Augen an ihnen zu weiden. Die Araber manövrierten ihre schmalen Boote nahe an die Bordwand unseres Schiffes. Die Matrosen warfen ihnen kräftige, in Schlingen aufgeschossene Seile hinab, und die Araber kletterten behände wie die Affen daran empor, ihre langen, schwarzen Finger die Taue geschickt umgreifend. Als sie schon beinahe bei uns angelangt waren, gewahrte man sogleich den ebenholzartigen Ton ihrer Augen, funkelnd und irrlichternd wie die schwarze, feuchte Haut eines Reptils.
    Da ich spürte, dass die gnädige Frau vor Abscheu und
dégoût
den Tränen nahe war, nahm ich sie in meine Arme und flüsterte ihr zu: «Mein Täubchen, meine Liebste, schon bald wirst du von den Goldäpfeln des Landes Israel kosten, wird ein reiner, trockener Windzug durch dein Haar spielen und deine Seele sich laben und erquicken.»
    Noch flüstere ich ihr diese und mehr
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