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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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Liebkosungen zu, da macht sich einer der Araber daran, an Deck hin- und herzueilen und in schönster Unordnung unter Grunzen und Schnauben die Habseligkeiten der Passagiere in sein Boot zu werfen, da allem Anschein nach seine Zeit knapp bemessen und er darauf erpicht, die Fracht so schnell als möglich an Land zu schaffen.
    Nun war es jedoch so, dass auf unserer gewisslich nicht eben kurzen Reise bis zum Tore Zions, von Warschau nach Odessa und hernach an Bord des durch die Wellen pflügenden Dampfers, die gnädige Frau mit Argusaugen auf einen Koffer von quadratischenAusmaßen achtgegeben, ihren Augapfel, in dem sich ihre allerwertvollsten Kleider aus Russland verstaut fanden, darunter ihr Brautkleid, eine Frühlingsgarderobe, ein Chiffonkleid und alle möglichen anderen Kleider, Schals und Stolen, von denen er, der Manne, nicht die geringste Kenntnis besitzt bezüglich der Beschaffenheit, Schönheit oder Unterschiede, die die Frau an ihnen findet, ja niemals wird erlangen können, selbst wenn ihm alle Zeit dieser Welt gegeben, sie zu erforschen.
    Es kam der Araber, ihr diesen Koffer aus der Hand zu nehmen, und die gnädige Frau tat einen Schrei und fuchtelte mit der Hand, ihn zu verscheuchen. Sie fuchtelte nach ihm, er fuchtelte nach ihr.
    Keine Minute verging, und er warf all ihre Sachen nach dem Boot, jedoch, da er ganz der Fehde mit ihr sich gewidmet, der Koffer sich im Fluge auftat und sein Inhalt in Gänze auf der salzigen Meeresgischt zu schwimmen kam. Flugs hatten sich die schönen Kleider der gnädigen Frau wie riesige Fächer auf den Wellen ausgebreitet, um den dort sich tummelnden Fischen ein Ornat nach der neuesten Mode aus Warschau und Paris zu sein.
    Die gnädige Frau schrie und protestierte, zürnte und lief rot an unter der Hitze des Haders und der asiatischen Sonne, sagte, sie gedenke nicht, sich mit dem Boot des Arabers an Land bringen zu lassen. Indessen, einen anderen Weg, an Land zu gelangen, gab es nicht, da die Araber die Fährleute dort sind, was seinen Grund darin hat, dass das Hafenbecken zu flach beschaffen und ein Dampfschiff es nicht zu erreichen vermag. Erst nachdem ich gefleht und sie bestürmt hatte, willigte die gnädige Frau schließlich ein, von Bord zu gehen, derweil sie bittere Tränen vergoss beim Anblick der teuren Stoffe, die vor ihren Augen vollgesogen und beschwert in den Fluten versanken, ihrer Kleider ansichtig, an denen alle möglichen Muscheln, Algen und grünliche Seegräser sich verlustierten.
    Ich hätte jede Mühe daran gesetzt, die gnädige Frau zu trösten und ihr was immer sie auch wünschte als Kompensation zu versprechen, um sie zu entschädigen, doch sie wünschte nichts weiter, als zu der uns genannten Adresse zu gelangen und im Hotel ihre Tränen dem Kissen zu überantworten.
    Als wir im Hafen anlangten, schlotterten unsere Knochen ob der Felsen, die aus den Wellen stachen. Am Pier wurden wir etlicher hundert anderer Angehörigen dieser Rasse ansichtig, die Araber genannt. Ihre Kleidung besteht aus einer Art langen und schmutzigen Nachthemds, und auf dem Kopf tragen sie hohe rote, mit Fransen besetzte Hüte. Viele von ihnen halten eine Art Holzknüppel in der Hand, den sie verwenden, um einander von Zeit zu Zeit damit einen Schlag auf den Kopf zu geben. In einiger Entfernung standen sich zwei muskelstrotzende Araber gegenüber, in einen wilden Streit vertieft, weshalb ich die gnädige Frau am Oberarm fasste, zu dem Zwecke, dass sie das unreine Schauspiel nicht mit ansähe, da einer Anstalten machte, des anderen Schädel einzuschlagen, und der Mann im nächsten Augenblick zu Boden zu sinken versprach, das Blut aus seinem gespaltenen Schädel strömen und seine Hirnsäfte sich über das heiße Erdreich ergießen würden.
    Wir eilten daher, Jaffa zu entfliehen und zu einem Ort zu gelangen, von dem uns bereits in Odessa berichtet ward, eine Ansiedlung mit dem Namen «Deutsche Kolonie», welche glücklicherweise nach europäischem Vorbild angelegt ist, da von Deutschen erbaut. Die Wege dort sind breit und ausladend, die Häuser aus Holz oder behauenen Steinen errichtet, wohingegen Mist und Kloaken nicht allgegenwärtig zutage treten. Am Rande der Kolonie steht eine hübsche Herberge namens Hotel Kaminitz, mit höchst zuvorkommendem Personal, welches sich der deutschen Sprache befleißigt.
    Kaum war die Gnädige Frau wohlbehalten in der Kolonie angelangt, kehrten ihre Lebensgeister zurück. Sie kostete von den Feigen und Datteln, die auf dem Tisch bereitgestellt,
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