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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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meinem Tagebuch zu schreiben.
    Besser als die Kolonialistinnen sind zweifelsohne die arabischen Weiber Jaffas, die höchst versiert im Liebesspiel ihre Körper mit feinstem Öl salben, das einen wundervollen Duft verströmt. Doch sind diese Huren recht kostspielig, was seinen Grund darin hat, dass die deutschen, armenischen und russischen Seeleute sie aufsuchen und all ihre Heuer bei ihnen verprassen. So bleibt mir für den Moment keine bessere Wahl als die gnädige Frau.
21. September 1895, unterwegs nach Jaffa
    Ich stehe am Ende meiner Reise, werde in Bälde die Stadt erreichen.
    Ich weiß jetzt, dass ich in keiner der Kolonien, die derzeit im Lande unserer Vorväter existieren, Agronom werde sein können: nicht in Chadera mit seinen giftigen Sümpfen, nicht in Wadi Chanin und seinen schrecklichen sandigen Böden, nicht in Mishmar Hayarden und nicht in Rosh Pina, nicht in Sichron Yaakov (Samaria) und nicht in Petach Tikwa. Neues und besseres Land muss von den Arabern gekauft werden, womöglich ja in der Nähe von Jaffa, wo der Boden von üppiger Fertilität ist. Bei meiner Rückkehr nach Jaffa gedenke ich daher, zum Exekutivkomitee der Chowewei Zion zu gehen und von ihnen einen Vorschuss zu erbitten, um fruchtbares Land zu finden. Es ist dies unsere einzige Hoffnung.
    In Kürze werde ich zurück sein und die gnädige Frau sehen. Gleich nach unserem Zusammentreffen gedenke ich, meinem Tagebuch davon zu berichten. Sollte sie mich kühl und abweisendempfangen, muss ich wohl oder übel abermals den Sinn und Zweck dieser Ehe überdenken.

    Vater ist tot, weilt nicht länger unter den Lebenden, und alle Männer des Stammes betrauern seinen Tod, die Frauen klagen und geißeln ihre Körper mit Reisigzweigen, Mutter reißt sich die Haare aus und fleht, bei lebendigem Leibe unter dem Wüstensand begraben zu werden, denn Vater ist gemordet worden, ist im Kampf gefallen, verflucht seien jene, die seine Seele genommen, denn Vater war Haupt und Anführer unseres Stammes, von allen verehrt, Beispiel und Vorbild aller Knaben und jungen Männer, Inbegriff und Essenz der
murawa
, der noblen Männlichkeit, nach der wir alle streben. Es war der Stammesdichter, der Sha’er, der auf Vaters Begräbnis die Totenklage hielt, deren traurige Verse selbst das Vieh – die Kamele, Pferde und Maultiere – zu Tränen rührten, da er die wagemutigen Schlachten besang, in denen Vater gegen die rivalisierenden Stämme gekämpft, er nicht gezaudert, denjenigen die Kehle durchzuschneiden, die ihm nach dem Leben trachteten, ihnen die Köpfe abschlug und Hände und Füße abtrennte, in Tagen des Friedens jedoch, wenn ein warmer Wind durch die Kronen der Dattelpalmen strich und ihre Früchte zu einem Goldbraun heranreifen ließ, sich die jungen Männer um ihn scharten, allzeit bereit, uns die erlesensten Früchte der Wüste zu reichen, in jenen Tagen pflegte Vater bei den Frauen und Kindern zu sitzen und mit ihnen zu spaßen oder gesellte sich zu dem Stammesdichter und ersann ihm humorige Verse, und wenn in der Wüste ein Reisender zu unseren schwarzen, von stolz aufgerichteten Stangen getragenen Zelten fand, schlachtete Vater eigenhändig eine Kamelkuh oder einen jungen Kamelbullen und servierte das gute, über dem Feuer gebrateneFleisch dem Gast als Begrüßungsgabe, eilte, dessen Hunger zu stillen, ihm die Füße zu waschen und diesen mit allen nur erdenklichen Ehrbezeugungen und Annehmlichkeiten zu überhäufen, ja sein ganzes Leben, bis zum Tage seines Todes auf dem Schlachtfeld – dem Tod eines kriegerischen Helden auf seinem Kamel –, ward seine Ehre durch keine Demütigung befleckt, war das Gewand, das er trug, stets das prächtigste unter den prächtigen.
    Unbändiger Zorn, flammendes Feuer und kochendes, siedend heißes Wasser brodeln in meinem Inneren, wenn ich den Namen unserer verabscheuungswürdigen Feinde über die Lippen bringe, dieser Satanssöhne, bekannt als die Chasradsch, denn die Angehörigen dieses Stammes, der aus dem Osten gekommen, weiß der Teufel woher, fällten in einem fort unsere Dattelpalmen, raubten unsere Frauen, griffen unsere Zelte und unsere Herden an und nahmen sich, dessen sie habhaft wurden. Und als es an uns war, uns nach Recht und Sitte zurückzuholen, was unserem Stamme geraubt ward, wir auf schnellen, leichtfüßigen zweihöckrigen Kamelen heranstürmten, um mit Damaszenerschwert und Lanze diejenigen zu töten, die uns übelwollten, war da unter dieser Kanaille einer auf einem mächtigen Ross, der mit
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