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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis
Autoren: Alon Hilu
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verderben ihre Sitten, erregen sie den Ärger jedes Liebenden.
    Gehorsam von der gnädigen Frau einfordernd befahl ich ihr, mir ein Mahl zu bereiten.
    Sie erdreistete sich und sagte: «Auf den Markt der Araber geh doch und kaufe bei ihnen deinen Fraß.»
    «Ein widerspenstiges Weib bist du», entfuhr es mir.
    Von neuem nannte sie mich einen Schuft und Lumpen. Und noch ehe ich Gelegenheit gefunden, ihr mit gleicher Münze zurückzuzahlen, war auf ihr Zimmer sie gegangen und hatte die Türe hinter sich zugeworfen.

    Mutter hat mir verboten, nach Jaffa zu gehen, aus Angst und Sorge, mir könnte dort Schlimmes widerfahren, denn fürwahr, es bedarf nur einer leichten Brise vom Meer oder bloß eines wenigen Durchzugs, um meinen Körper zu verkühlen und Krankheit über mich zu bringen, genügt schon ein feindseliger Blick oder eine leichte Drohung in Gestalt eines Rempelns oder Schubsens, um meine Seele in ohnmächtige Niedergeschlagenheit zu stürzen, weshalb ich, auf Mutters Geheiß, in meinem kleinen Zimmerchen bleiben und von dort, wenn es mir beliebt, den ausladenden Johannisbrotbaum betrachten mag, bis die Tage des Sommers vorüber sind und die der
Madrassa
anbrechen, da Mutter mich die Zeiten im Französischen und die Gleichungen in Algebra lehren wird, doch bis dahin bin ich mir selbst und meinen Geschichtenüberlassen, den Geschichten von Raschid, dem Sohn der Wüste, und Laila, der Tochter Bagdads, kann ich sie Satz für Satz erbauen, Bild um Bild, um jenen Leben einzuhauchen, die schon nicht mehr unter den Lebenden weilen und vielleicht niemals wirklich von dieser Welt waren.
    Mutter hält mich zudem an, viel zu schlafen und viel zu essen, doch ich leiste ihren Worten keine Folge, denn mein Schlaf ist unruhig und mir eine Plage, während Speisen meinen Gaumen nicht erfreuen und der Gram, der Gram des vergehenden Sommers, sich in mir festgekrallt hat wie Dornenranken an einer Mauerfeste, der Gram über meine trostlose, fragile Gestalt, die sich im leichten Wellenspiel der
Biara
widerspiegelt, da ich mich über das Wasser beuge, um die Tiefe des Beckens zu ermessen, denn wie wenig nur bedürfte es, dort zu versinken, meiner bodenlosen Traurigkeit ein Ende zu bereiten, ein paar Steine in meine Taschen, ein Aufsperren des Rachens, der zu atmen begehrt, und schon würden sich die Fluten in meinen schmächtigen Körper ergießen, in meine absonderliche, beschädigte Seele, und später dann der aufgedunsene, weiße Leib in den mit Wasser vollgesogenen Kleidern, und Mutter, die auf den in der Mitte der
Biara
treibenden Leichnam stiert, ihre Augen hohl und leer.
    Einsam und allein streife ich über unser Anwesen, trete nach dem Fleisch seines Bodens und wandere zwischen den Bäumen umher, derweil aus ihren mit Stroh und Spreu gebauten Hütten, die ihnen, unter der sengend heißen Sonne schwelend, schon seit vielen Tagen als vorübergehende Behausungen dienen, die Pachtbauern mich beäugen, von denen manche sich erzählen, ein grünäugiger Dschinn habe sich in meiner Seele eingenistet und sie erschüttert, weshalb Mutter mich mit ihren Drohungen und Bitten in Beschlag nimmt und mir eine Unzahl öltriefender Delikatessen auftischt, um mein Blut und meinen Körper zu stärken,mich bestürmt, ich möge Wasser und Ziegenmilch trinken, und nicht von ihrem Wachposten weicht, ehe sie nicht Gewissheit erlangt, dass alle Prozedur des Kauens und Schluckens vollbracht ist. Und nun hat sie mir gar untersagt, mich von unserem Hause zu entfernen, aus Furcht vor den Sommerschlangen, die unter Felsbrocken und Steinen verborgen darauf lauern, ihr Gift in mein Blut zu schlagen und mir das Leben zu nehmen, und alle Stunden des Tages dringt sie in mich, welcher Art denn das Übel sei, das Trauer und Verödung über meine Seele gebracht hat, und ich schaue sie an, küsse sie auf die Wange und sage, die Traurigkeit des vergehenden Sommers ist es, Mutter, die Trauer über die Tage der Freiheit, die verstrichen, beschlossen und zu Ende gegangen.
    Jeden Abend sitze ich mit Mutter und Amina auf niedrigen, geflochtenen Schemeln in der halbdunklen Küche beim Wasser, das unter den Deckeln der Töpfe und Kasserollen blubbert, und Amina zerreißt sich das Maul über einen Mann aus Jaffa, der seine Frau betrogen, die sich darauf mit einem Zigeunermesser seines Gemächtes bemächtigt, und Mutter befiehlt ihr mit hochrotem Gesicht, unverzüglich von diesen Geschichten zu lassen, die nicht für die Ohren eines Jungen bestimmt, doch ich höre ihnen gar
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