Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wiederkehrer

Die Wiederkehrer

Titel: Die Wiederkehrer
Autoren: Kooky Rooster
Vom Netzwerk:
Reingekracht!
     
    Niko parkte auf dem Pannenstreifen und bei jedem Auto, das an ihm vorbeiraste, bebte der Wagen ein bisschen. Was für Kräfte hier am Werken waren! Wahnsinn! Genau das Richtige für sein Vorhaben. Mit einem leisen
'Klick'
löste er den Gurt und surrend versenkte sich dieser in der Verankerung. Nikos Herz raste, der ganze Körper kitzelte vor Aufregung, der Hals schnürte sich mit einem pochenden Stechen zu und er bekam kaum Luft. Es waren nicht nur die Kräfte der Physik, die ihm in diesen Minuten so bewusst wurden, sondern auch die des Lebens, besser gesagt: des Lebenswillens.
    Niko blickte in den Seitenspiegel, sah Autos und LKWs, die mit beängstigender Geschwindigkeit auf seinen Wagen zu und schließlich knapp daran vorbeibrausten. Wenn er selbst seine Rostschüssel über die Autobahn jagte – oder von einer Brücke aus auf die Fahrbahn spähte – kam ihm die Geschwindigkeit nicht halb so gefährlich vor, wie hier auf dem Pannenstreifen – so unerträglich nah am Tod. Mit zitternder Hand tastete Niko nach dem Türgriff, die andere rutschte vom Lenkrad ab, an dem er sich krampfhaft festzuhalten versuchte. Nikos schweißnasse Handfläche glitschte einfach so darüber. Er fluchte. Warum hatte er bloß solche Angst? Als er den Entschluss gefasst hatte, hier ranzufahren, war er noch ganz gelassen gewesen, nüchtern, entschlossen, bereit. Nun streikte sein Körper, verweigerte ihm die Kraft, den destruktiven Akt auch zu vollziehen.
    'Wrumms, wrumms' –
Vor allem die riesigen, tonnenschweren LKWs rüttelten an Nikos Auto, schüttelten es regelrecht durch. Nur
eine
Sekunde, nur ein kleiner Sprung, und er würde von so einem Blechungeheuer erfasst und in den ewigen Frieden katapultiert werden. Hoffentlich. Endlich. Zumindest, wenn er es endlich schaffen würde, diese verdammte Tür aufzustemmen, die weichen Knie aus dem Wagen zu wuchten und …
    ***
    Nikos Leben war eine einzige Verkettung ungünstiger Umstände. Falsch! Es war das Ergebnis von Faulheit, Angst Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Zumindest waren das in etwa die Worte gewesen, die Karin ihm gestern Abend an den Kopf geworfen hatte. Die Aussprache war eskaliert. Nein. Auch das stimmte nicht wirklich. Dass die Beziehung in eine Sackgasse geführt hatte und dort elendig verreckt war, hatte Niko insgeheim schon sehr lange gewusst. Er hätte sich schon vor Jahren von Karin trennen sollen! Warum er es nicht getan hatte? Bequemlichkeit und die Furcht vor Veränderung. Verdammt. Niko war erst dreißig, aber sein Leben war gelaufen.
    Wollte er sich
wirklich
wegen Karin umbringen? Der Gedanke, frei zu sein, war gar nicht mal so übel und einen großen Unterschied machte es ohnehin nicht mehr, ob er mit ihr zusammen war oder nicht. Der letzte gemeinsame Sex war bereits mehr als zwei Jahre her und auch davor war es schon lange mies gelaufen. Richtig gut waren nur die ersten paar Monaten gewesen, doch die Leidenschaft kühlte rasch ab. Die Abstände, in denen sie es trieben, wurden immer größer und bald machten sie es nur noch einmal monatlich, dann alle zwei Monate und irgendwann bemerkte Niko, dass sie nur noch zweimal im Jahr Sex hatten – zu ihrem und zu seinem Geburtstag – und irgendwann nicht einmal mehr an diesen Tagen.
    Den Gesprächen war es nicht besser widerfahren und Gemeinsamkeiten, das kristallisierte sich auch recht bald heraus, hatten sie keine. In den ersten Wochen konnten sie zwar noch ganze Nächte durch quatschen, aber dann war die Luft raus. Richtig verliebt war Niko nicht gewesen, eher fasziniert, wollte wissen, wie sich die Sache entwickelte und ob er in der Lage war, eine längerfristige Beziehung zu führen. Verflucht, Karin hatte recht! Sie war für ihn nichts weiter als ein Experiment gewesen. Eine Laborratte, an der er seine sozialen Kompetenzen und seine Beziehungstauglichkeit üben konnte.
    Warum bloß hatte er ihr gestern Abend gestanden, dass er nie in sie verliebt gewesen war? Ach richtig! Sie wollte es unbedingt wissen. In einem zermürbenden Gespräch – in dem sie seit vielen Jahren erstmals
wirklich
wieder miteinander gesprochen hatten, schonungslos und ehrlich – hatte Karin ihn mit tränennassen Augen angesehen und gefragt: „Hast du mich überhaupt jemals geliebt?“ Das wäre eine hervorragende Möglichkeit gewesen zu lügen. Niko sagte nichts und beantwortete damit ihre Frage. Das Tragische daran war, dass Karin ihn angeblich geliebt hatte. Zumindest hatte sie ihm noch kurz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher