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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman
Autoren: Polina Daschkowa
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mich prächtig mit meiner Schwiegermutter. Wir haben eine Haushälterin, eine Fünfzimmerwohnung und eine Datscha.«
    »Toll!« Er nickte. »Gratuliere. Du bist übrigens hübscher geworden. Du hast etwas Geheimnisvolles an dir, das hattest du früher nicht.«
    »Früher gehörte ich ganz dir, jetzt bin ich eine Fremde.«
    Jedesmal, wenn das Gespräch stockte, schickte Xenia sich an aufzubrechen und fürchtete nichts mehr, als dass er sagte: »Ja, geh nur.« Aber er ließ sie nicht fort; er schaute sie flehend an.
    »Ich habe keine Fünfzimmerwohnung«, sagte er zusammenhanglos. »Weißt du, was der allererste Verrat war?«
    Xenia schüttelte schweigend den Kopf. Ihr Magen krampfte sich zusammen. Sie wusste: Wenn er jetzt bereute und sie um Verzeihung bat, war sie verloren.
    »Adam hat Eva verraten«, sagte er mit einem dümmlichen Lächeln. »Sie hat ihn schließlich nicht gezwungen, in den Apfel zu beißen, sie hat ihn ihm nur hingehalten. Und als Gott sie erwischte, sagte Adam: ›Die Frau, die Du mir gabst, gab mir eine Frucht von dem Baum, und ich habe sie gegessen.‹ Mit anderen Worten: Du bist schlecht, Du hast mir die falsche Frau gegeben, sie ist schuld, das Miststück, und Du bist auch schuld, ich aber bin klein und schwach, sie hat mir die Frucht gegeben, und ich habe sie gegessen. Ein Denunziant war er, der erste Mensch. Und der Letzte wird genauso sein.«
    »Wie kommst du jetzt darauf?«, fragte Xenia erstaunt.
    »Ach, nur so. Hör mal, wie konntest du dich so schnell neu verlieben und gleich heiraten?«
    Mitja stand auf, nahm Mascha hoch und verließ wortlos die Küche. Mascha reagierte auf die unbekannten Arme vollkommen ruhig, lächelte, tippte mit einem Finger an Mitjas Schnurrbart und plapperte rasch und aufgeregt, als wollte sie ihm etwas Wichtiges mitteilen. Er setzte sich aufs Sofa und erzählte ihr flüsternd das Märchen vom Pfannkuchen, ohne Xenia zu beachten. Xenia setzte sich ihm gegenüber in einen Sessel. Ihr fielen die Augen zu. Sie gestand sich ein, dass sie sich nur hier bei Mitja geborgen und zu Hause fühlte. Sie wollte gehen. Sie hatte für halb zwölf ein Taxi bestellt, sie musste langsam aufbrechen. Mascha war auf Mitjas Arm eingeschlafen, und er wiegte sie schweigend.
    »Es ist schon nach elf, das Taxi kommt bald«, flüsterte sie, stand auf und bückte sich nach Mascha.
    »Das Taxi kann warten. Ich bezahle die Wartezeit, keine Angst«, flüsterte Mitja zurück.
    »Ich kann selber zahlen. Das ist nicht das Problem.«
    »Sondern?«
    »Meine Schwiegermutter kommt heute Nacht zurück, da muss ich zu Hause sein.«
    »Das hast du schon erwähnt«, erwiderte Mitja. »Sie landet um fünf Uhr fünfzehn, plus die Fahrt von Scheremetjewo nach Moskau, macht sechs Uhr fünfzehn. Plus Zoll und Passkontrolle. Keine Sorge, vor halb acht ist sie nicht zu Hause.« Er schaute Mascha an; sie schmatzte und lächelte im Schlaf. »Fütterst du schon irgendwas zu?«
    »Nein. Bis jetzt kriegt sie nur Muttermilch.«
    »Gut so. Du kannst ihr auch schon geriebenen Apfel geben, erstmal einen halben Teelöffel.«
    »Das weiß ich selber. Aber von Apfel kriegt sie Blähungen.«
    »Dann versuchs mal mit Aprikose. Sie ist zu früh geboren, sagst du?«
    »Ja, ein Achtmonatskind.«
    Sie schwiegen. Wieder wurden sie verlegen, wie vor drei Stunden, in den ersten Minuten.
    »Ich will mich auf Pädiatrie spezialisieren«, sagte Mitja ganz langsam, als denke er laut nach. »Kinderärzte haben immer zu tun. Erwachsene gehen heutzutage, wo die Medizin Geld kostet, nur im äußersten Notfall zum Arzt, aber mit ihrem Kind rennen sie beim kleinsten Niesen zum Doktor. Für Arbeit ist also gesorgt.«
    »Vernünftig.« Xenia nickte.
    »Aber jetzt kommen mir Zweifel, ob ich ein guter Kinderarzt werde.« Mitja seufzte traurig. »Du sagst, Mascha ist ein Achtmonatskind, aber ich erkenne keinerlei Anzeichen dafür, und wenn du mich totschlägst. Doch wenn du es sagst, muss es ja wohl stimmen. Armes Kind.« Mitja strich über Maschas dunkelblondes Haar.
    »Es ist überhaupt nicht arm. Im Gegenteil, es ist reich«, blaffte Xenia. »Oxford, Cambridge, Urlaub auf den Kanaren, Klamotten von Pierre Cardin. So, Mitja, wir müssen jetzt. Ich hab mich sehr gefreut, dich wiederzusehen.«
    Xenia ging zum Sofa und wollte Mitja ihr Kind aus dem Arm nehmen, doch er gab es nicht her.
    »Was soll das? Wir müssen wirklich los.«
    »Setz dich!«, befahl Mitja. Xenia setzte sich brav neben ihn aufs Sofa und murmelte hastig: »Na gut, das Taxi ist
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