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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman
Autoren: Polina Daschkowa
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Jewgenija.
    »Xenia Solodkina. Sie ist nicht zu Hause, und ich mache mir Sorgen. Was meinen Sie, wo kann sich eine junge Mutter mit einem drei Monate alten Baby um diese Zeit rumtreiben?«
     
    Xenia schlief im Taxi ein. Sie schlief so fest, dass der Fahrer ganz besorgt war, als er sie weckte.
    »Soll ich Sie zu Ihrer Wohnung bringen?«, schlug er vor, während er den Kinderwagen aus dem Kofferraum nahm.
    »Ja, danke.«
    An der Hausecke entdeckte sie ein Milizauto. Auf der Bank vor ihrem Eingang saßen rauchend zwei Männer in Zivil.
    In der Wohnung angelangt, verriegelte sie sämtliche Schlösser, schaltete das Licht ein und sah sich mit einem Abschiedsblick im Flur um. Dann brachte sie die schlafende Mascha ins Bett und ging duschen.
    Durch das Wasserrauschen hindurch hörte sie das Telefon hartnäckig klingeln und erinnerte sich, dass sie Borodin versprochen hatte anzurufen, wenn sie wieder zu Hause war. Das war bestimmt er – aber nun stand sie unter der Dusche. Sie streckte die Hand nach dem Duschbad aus und stellte fest, dass das Regal leer war. Sie schaute hinter dem Vorhang hervor. Im Bad hatte sich etwas verändert. Bevor sie begriff, was es war, wurde sie von Entsetzen gepackt.
    Das französische Deo war verschwunden, ebenso alle anderen Flaschen und Spraydosen – Shampoo, Balsam, Parfüm, Lotions.
    Das Telefon im Flur klingelte noch immer. Xenia konnte plötzlich nicht mehr richtig atmen, als befinde sie sich in einem Vakuum. Lautlos ging die Tür auf.
    Hätte der weißblonde Psychopath vor ihr gestanden, wäre sie womöglich in Ohnmacht gefallen. Doch es war ein Geschöpf mit kahlem schwarzem Kopf, riesigen roten Augen, kurzen dicken Hörnern, Hakennase und gelben Hauern, das langsam ins Bad kam.
    Noch ehe sie wusste, was sie tat, langte ihre Hand schon nach den Wasserhähnen. Sie drehte das kalte Wasser ab, öffnete den Heißwasserhahn bis zum Anschlag und richtete die Dusche auf das abscheuliche Gesicht. Der Mann wich zurück und prallte mit dem Hinterkopf gegen das Marmorregal. Das Bad füllte sich mit heißem Wasserdampf. Ohne etwas zu sehen und zu begreifen, rannte Xenia zu ihrem Kind, schlug die Tür zu, verriegelte sie, überzeugte sich, dass mit Mascha alles in Ordnung war, und hörte näher kommendeschwere Schritte und wütendes Fluchen. Jemand rüttelte an der Tür.
    Xenia sah sich im Zimmer um und versuchte vergebens, eine antike Eichenkommode von der Stelle zu rücken. Auf dem dicken weichen Teppich ließ sich kein schweres Möbelstück vor die Tür schieben. Mascha erwachte und fing an zu weinen. Xenia nahm das erstbeste T-Shirt aus einer Schublade, zog es sich über den nackten Körper, riss das Fenster auf und schrie, so laut sie konnte: »Hilfe!« Doch sie brachte nur ein heiseres Krächzen zustande. Auf dem Bett lag die Babytrage. Mühsam gegen ihr Zittern ankämpfend, legte Xenia sie an, setzte Mascha hinein und zog die Riemen fest. So hatte sie wenigstens die Hände frei.
    Die Tür bebte unter heftigen Fußtritten. Ein Schuss krachte, und wenige Zentimeter neben dem Türgriff splitterte ein Stück Holz ab.
     
    »Er hat also das Mädchen ganz offen verfolgt und verschwand erst, als sie Krach schlug?«, resümierte Jewgenija. »Er wollte das Mädchen, dann erst sein Messer?« Sie sprang auf und rannte in der Küche auf und ab. »Sie müssen sofort hin! Rufen Sie einen Einsatzwagen, unternehmen Sie etwas, schnell!«
    »Da sind fünf Männer im Einsatz, sie haben alles unter Kontrolle. Sie ist gerade mit dem Taxi gekommen und in ihre Wohnung gegangen. Wahrscheinlich geht sie nicht ans Telefon, weil sie unter der Dusche war und sich dann schlafen gelegt und das Klingeln leise gestellt hat.«
    »Setzen Sie sich mit den Männern in Verbindung, sie sollen hochgehen und bei ihr klingeln.«
    »Aber das ist doch Unsinn. Die Wohnung wurde durchsucht. Er hat sich das Messer geholt und ist wieder gegangen.«
    »Das Mädchen hat ihn gedemütigt, das erträgt er nicht. Er ist ein Psychopath, er wird sich erst beruhigen, wenn er dasMädchen getötet hat! Was sitzen wir hier noch herum? Wir haben keine Zeit für Erklärungen, ich bitte Sie, setzen Sie sich mit Ihren Leuten in Verbindung, schnell!«
    Borodin griff zum Telefon. Kurz darauf wurde ihm mitgeteilt, dass in der Wohnung alles ruhig sei.
    »Sie sollen klingeln!«, rief Jewgenija.
    Im Hörer ertönte das dumpfe, entfernte Zwitschern einer Türklingel.
    »Sie schläft längst«, sagte Borodin. »Nach all der Aufregung.«
    »Sagen Sie ihnen, sie
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