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Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Das Haus der bösen Mädchen: Roman

Titel: Das Haus der bösen Mädchen: Roman
Autoren: Polina Daschkowa
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war tatsächlich kein Mensch zu sehen.
    »Kapieren Sie denn nicht? Das war das FSB! Die sind womöglich ganz in der Nähe und warten nur auf die Geldübergabe.«
    Er blieb abrupt stehen und drehte sich zu ihr um.
    »FSB-Leute laufen nicht in kurzen Hosen rum und gehen schon gar nicht so in eine Kirche. Also verarschen Sie mich nicht länger und nehmen Sie das Geld.« Er langte in seine Tasche, aber Warja packte ihn am Ärmel und sagte fest: »Werden Sie nicht hysterisch. Ich kann das Geld nicht nehmen, klar? Entweder Sie kommen jetzt mit, oder die Arbeit gilt als nicht bezahlt. Und Sie wissen, was einem Schuldner blüht.«
    Plötzlich vernahm sie hinter sich eine hohe Stimme, die sie sofort erkannte.
    »Stehenbleiben! Was machst du da, Miststück?«
    »Ah, hallo Gulliver.« Warja wandte sich um und sah einen kurzbeinigen, kahlgeschorenen Mann in bunten Shorts vor sich. In der Hand hielt er eine Pistole. »Was ist das für ein Benehmen, he? Rennst in Unterhosen in ein Gotteshaus, bist frech und unverschämt und verfolgst einen Klienten. Was soll das?«
    Sie langte unauffällig in ihre Tasche und schaltete das Diktiergerät ein.
    Gulliver runzelte angestrengt die niedrige Stirn. Er war ein schwerfälliger Denker. Noch einmal sah sich Warja schadenfroh bestätigt: Pjotrs größte Schwäche war in der Tat das Geld, deshalb engagierte er selbst für anspruchsvolle Aufgaben billige Idioten. Gulliver hatte keine Ahnung, welche Position Warja in Pnyrjas Gefolge einnahm und in welchem Verhältnis sie zu Pjotr stand. Er wusste nur, dass sie ständig in Pnyrjas Nähe war, und das schien ihm genug, um sich ihrem Befehlston zu fügen.
    »Aber … echt mal … Ich muss doch das Geld von ihm kriegen, das hat mir der Chef befohlen.«
    »Was habt ihr mit den Vollstreckern angestellt?«
    »Alles in Ordnung, echt, wir haben sie am Bahnhof abgefangen.«
    »Steck die Kanone weg, du siehst doch, der Klient ist nervös. Ihr habt sie also auf dem Bahnhof abgefangen, und dann?«
    »Alles wie befohlen, du weißt doch Bescheid, echt.« Gulliver zwinkerte nervös. »Auf dem Bahnhof abfangen, zum Chef bringen und bis zu seiner Rückkehr im Keller festhalten. Die waren sowieso nur für den einmaligen Gebrauch, auch wenns hübsche Weiber sind, echt.« Er verstummte und schielte erschrocken zu dem still gewordenen Radtschenko.
    »Du bist eine Quatschbacke, Gulliver, überleg dir, was du sagst und wo.« Warja schüttelte den Kopf. »He, steh nicht da wie angewurzelt! Wir müssen. Wir haben keine Zeit.«
    »Wohin?«, fragte Gulliver düster.
    »Mir nach.«
    Kurz darauf standen sie vor der Steinmauer von Pnyrjas Grundstück. Das hintere Tor stand ein Stück offen, der Wachmann ließ Warja ein, durchsuchte wortlos ihre Begleiter und nahm Gulliver die Pistole weg. Dann schlug das Tor zu.
    Pnyrja saß im Wohnzimmer, im selben Sessel und in derselben Haltung wie vorhin.
    »Ich hab hier einen Klienten, der will zahlen«, sagte Warja. »Ein ehrlicher Mann, er bringt das Geld für die Bombe in der Einkaufsgalerie. Das kriegt eigentlich Pjotr, aber der ist ja noch nicht da.«
    Radtschenko und Gulliver standen mitten im Raum und starrten auf das Krokodil im Aquarium. Pnyrja öffnete langsam die Augen.
    »Wo ist das Geld? R-rache, du Aas!«, rief der Papagei fröhlich.
    »Na dann, Jungs«, sagte Warja, »packt mal aus, geniert euch nicht, wir sind hier unter uns. Ich komme gleich wieder.«
    In der geräumigen Toilette zog sie ihr Telefon hervor, wählte Borodins Nummer und sprach rund fünf Minuten mit ihm.
    Als sie ins Zimmer zurückkehrte, waren Radtschenko und Gulliver weg. Pnyrja saß noch immer im Sessel.
    »Was verlangst du dafür?«, fragte er leise.
    »Sag bloß, sie haben beide gleich ausgepackt?« Warja staunte. »So schnell?«
    »Nicht alles. Aber einen Teil. Und ich sehe bei Verhören nicht gern zu.« Er verzog das Gesicht. »Pjotr ist gelandet, er hat vom Flughafen aus angerufen, er ist auf dem Weg hierher. Also, was verlangst du dafür, Mädchen?«
    »Nichts.« Sie lächelte. »Das ist nicht mein Verdienst, reine Glückssache. Ich habe manchmal in der Boutique ›Virginia‹ eingekauft und zufällig mitgekriegt, dass der Geschäftsführer Geld sparen wollte und die gesamte Sommerkollektion auf dem chinesischen Klamottenmarkt gekauft und sich die Differenz in die eigene Tasche gesteckt hat. Dann hat er plötzlich Schiss vor den Folgen gekriegt und Pjotr um Hilfe gebeten. Du schuldest mir dafür also nichts, Pnyrja.«
    Pnyrja streckte die Hand aus,
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