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Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman

Titel: Das Haus der blauen Schmetterlinge - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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nicht mehr endlos dauern würde. Hitoshis Kameraden mussten eine Niederlage nach der anderen einstecken, verteidigten sich jedoch mit furchteinflößender Verbissenheit. Fast täglich starteten blutjunge Kamikazeflieger von den Flugfeldern im Inselinneren und kehrten nicht wieder zurück. Nachdem die Okinawa-Inseln verloren waren, erwarteten alle eine großangelegte Invasion des japanischen Festlands, ähnlich wie die Landung der Alliierten in der Normandie ein Jahr zuvor, die das Ende des Dritten Reiches eingeleitet hatte.
    Elsa hoffte im Stillen darauf. Nichts ängstigte sie mehr, als dass alliierte Truppen versuchen könnten, Port Rabaul einzunehmen. Für diesen Fall hatte Hitoshi angekündigt, er werde bis zur letzten Patrone kämpfen.
    Paulettes Sohn saß noch immer im Gefängnis, doch immerhin durften seine Mutter und Schwester ihn besuchen und sich davon überzeugen, dass er gut behandelt wurde. Den anderen Häftlingen erging es schlechter, und Lucas beschwerte sich über die Sonderbehandlung. Als eine amerikanische Fliegerbombe das Gefängnis traf, gelang ihm mit einigen anderen Insassen die Flucht in die Wälder, und die Japaner waren viel zu sehr mit dem Ausbau der » Festung Rabaul « beschäftigt, als dass sie sonderlich viel Mühe auf die Ergreifung der jugendlichen Partisanen verwandt hätten.
    Damit entfiel für Elsa der letzte unmittelbare Grund, die Liaison mit Hitoshi fortzusetzen, von den gelegentlichen Medikamentengaben einmal abgesehen. Natürlich bestand noch immer eine abstrakte Gefahr. Gung und Paulette sowie Lucille gehörten Nationen an, die mit Japan verfeindet waren, und das Haus der blauen Schmetterlinge war durch seine einmalige Lage davon bedroht, zu einem Flakstandort zu werden. Elsa jedoch glaubte fest daran, vernünftig mit Hitoshi reden und mögliche Racheakte vermeiden zu können. Bisher hatte er sich jedenfalls nie aufbrausend oder unberechenbar verhalten, und sie meinte ihn gut genug zu kennen, um ein offenes Gespräch zu wagen.
    Als sie Hitoshi Anfang August 1945 aufsuchte – er war zuletzt fün f W ochen vorher bei ihr gewesen –, erschrak sie über seinen Zustand. Jemand, der ihn nicht so gut kannte wie sie, hätte die Veränderung vermutlich kaum wahrgenommen. Seine Wangen waren leicht eingefallen, die Augen etwas unruhig, die Gesten fahrig, ruckartig, die Stimme war belegt. Seine Haltung jedoch war dieselbe.
    Â» Lieb, dass du vorbeikommst. Du hast es also gehört? Gerüchte sind manchmal schneller als Telegramme. «
    Â» Gehört? Nein, was denn? «
    Er zog die Augenbrauen zusammen. » Wirklich nicht? «
    Â» Ich habe keine Ahnung. «
    Er übergab ihr ein militärisches Fernschreiben, das sie nicht verstand, weil es in japanischer Sprache verfasst war. Er bemerkte das Versehen und lieferte ihr in knappen Worten einen Bericht ab. Die japanische Hafenstadt Hiroshima war vollständig ausgelöscht worden, durch eine einzige Bombe. Es war die Rede von einhunderttausend Toten innerhalb einer Minute.
    Â» Schrecklich « , sagte Elsa und meinte es auch so. » Das alles tut mir sehr leid. «
    Â» Wir werden es ihnen doppelt und dreifach heimzahlen « , schwor er, und zum ersten Mal klangen die Worte aus seinem Mund hohl, wirkte seine Haltung irrwitzig. Es war, als hätte man ein festes Astholz durch rohe Gewalt angebrochen, doch noch hielten ein paar Fasern es zusammen, und der Bruch war kaum sichtbar.
    Vermutlich sah sie ihn ein wenig mitleidig an, was er sofort bemerkte. » Warum, wenn nicht wegen der Katastrophe, bist du hergekommen? « , fragte er mit fester Stimme.
    Sie war sich darüber im Klaren, dass sie den schlechtesten aller Momente gewählt hatte, um mit ihm das Ende ihrer Beziehung zu besprechen. Daher zögerte sie.
    Â» Ah « , sagte er. » Deswegen. «
    Â» Ich hatte immer schon ein furchtbares Talent, was den richtigen Zeitpunkt angeht. Aber Hitoshi, sieh mal, wir … «
    Â» Du bist mir keine Erklärung schuldig. «
    Â» Ich finde schon. Auch du hast sicher gespürt, dass es nicht mehr wie früher zwischen uns war. Als du damals zu mir gekommen bist, warst du irgendwie … gar kein Soldat, sondern ein geheimnisvoller Fremder, charmant, wortgewandt, verführerisch. Seit einem Jahr bist du fast ausschließlich Soldat. Wenn du ehrlich bist, bin ich für dich auch nicht mehr das, was ich vor drei Jahren war: die
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