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Das Gutachten

Das Gutachten

Titel: Das Gutachten
Autoren: Sina Cartier
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noch eine Flasche und wir lassen diesen
megageilen Abend feucht-fröhlich ausklingen. Wir alle halten uns mit den
Sprüchen zurück, da keiner weiß, wie Chris reagieren würde, wenn wir über seine
Freundin reden.
    Gegen 3 Uhr rufen wir dann
ein Taxi, denn inzwischen sind wir alle ziemlich dicht. Selbst im Auto trinken
wir noch ein paar Schlucke aus einer Wodkaflasche, die Flo mitgebracht hat. Ich
proste dabei jedes Mal innerlich Sandra zu und kann mein Grinsen nicht
unterdrücken.
    Ich bin froh, dass
Christin bereits schläft, als ich ankomme, denn in meinem Zustand bin ich kein
guter Gesprächspartner. Während sie da so friedlich liegt, bekomme ich wieder
einen Steifen. Allerdings nicht ihretwegen, sondern weil ich beim Anblick ihres
nackten Körpers unwillkürlich an Sandra denken muss.
    Glücklicherweise bin ich
dann doch breit genug, um schnell einzuschlafen, denn immerhin sehen wir uns ja
am nächsten Abend wieder und da möchte ich fit sein.«
    Sandra hatte einfach
drauflos geschrieben, ohne nachzudenken, ohne innezuhalten. Als sie fertig war,
schloss sie die Augen und lehnte sich an die Wand ihrer Zelle. Sie würde den
Text nicht noch einmal lesen, so viel Beachtung würde der blöde Thomas in ihrem
Leben nicht mehr bekommen.
    Sollten da doch noch
Fehler drin sein, es war ihr schlichtweg egal.
    Sie dachte an übermorgen.
Dann würde ihre letzte Therapiesitzung mit Dr. Renn stattfinden. Was würde er
in dem Gutachten schreiben? Konnte es wirklich sein, dass sie eine mildere
Strafe bekommt, wenn er seine Meinung zu ihrer Sexualität darstellt? Wollte sie
das überhaupt? Wollte sie überhaupt, dass sich irgendwelche gelackten Anzug-
oder Uniformträger, die wahrscheinlich schon beim Anschauen der DVD rote Ohren
bekommen haben, über ihre Sexualität unterhielten?
    Nein, das wollte sie auf
gar keinen Fall. Ihr Leben war doch eh schon verpfuscht. Den Spaß würde sie
niemandem gönnen. Und wenn sie für Jahre hinter Gittern verschwand, dann war es
halt so.
    Sie würde Dr. Renn nach
dem Gutachten fragen und gegebenenfalls ihre Einverständniserklärung
zurückziehen.

Kapitel 34
     
    Am nächsten Tag gab Sandra
wie vereinbart ihre Hausaufgaben an eine Justizbeamtin ab, denn Dr. Renn wollte
den Text vor dem letzten Termin gelesen haben. Sie hatte die Schilderung nicht
noch einmal kontrolliert. Sandra war sich nicht sicher gewesen, ob sie ihn
anschließend nicht doch vernichtet hätte. Sie war zu sehr hin- und hergerissen,
wenn sie an frühere Begebenheiten dachte, die sie mit Chris erlebt hatte.
    Es tat ihr gut, alles in
das Buch zu schreiben, was sie bewegte, woran sie dachte, was ihr wichtig war.
Manchmal waren es Kleinigkeiten, die ihr in den Sinn kamen, Dinge, die sie
schon vergessen geglaubt hatte. Doch immer wieder dachte sie auch über ganz
elementare, grundsätzliche Sachen nach und meistens fühlte sie da vor allem
eine große Leere.
    Zu sehr war sie bislang
von außen gesteuert worden. Sie musste sich Zeit geben, mit dieser Erkenntnis
ein neues, ein eigenes Leben zu starten.
    Noch hatte sie keine
Ideen, was aus ihr werden würde, wenn der Prozess, der in Kürze starten sollte,
vorbei wäre. Natürlich machte sie sich viele Gedanken darüber, was bei einer
Verurteilung passieren würde, doch alles war schlichtweg zu unkalkulierbar.
    In der Zwischenzeit hatte
ihre Anwältin Sandra noch zweimal getroffen und ihr die Strategie für den
Prozess erklärt. Sie würde weiterhin voll geständig bleiben und keinerlei
Tatbeteiligung leugnen. Allerdings wird die Verteidigung versuchen, die Schuld
vorwiegend bei Chris anzusiedeln und Sandra als einen Spielball von ihm darzustellen.
    In dem Punkt musste das
Gutachten von Dr. Renn passen. Wenn Sandra nun einen Rückzieher machte, könnte
die gesamte Verteidigung sinnlos werden. Trotzdem wollte sie nicht alle Details
über ihr Intimleben breitgetreten haben.
    Daher konnte sie den
kommenden Vormittag gar nicht mehr abwarten, bis sie zu ihrer letzten Stunde
bei dem Psychologen ging. Sie hatte so viele Fragen an ihn und wollte
Antworten.
    Als Sandra dann am
nächsten Tag in sein Büro geführt wurde, begrüßte sie ihn schon mit der Frage,
ob sie heute das Gespräch beginnen könne. Sie müsste ein paar ganz wichtige
Sachen klären, danach könnte er sie alles fragen, was er wollte.
    Dr. Renn wirkte leicht
belustigt über ihre Aufgeregtheit, er hatte seine Patientin noch nie so
plappernd erlebt.
    »Nun gut, dann fang du
heute mal an, Sandra. Ich bin gespannt, was du von
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