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Das große Hörbe Buch

Das große Hörbe Buch

Titel: Das große Hörbe Buch
Autoren: Otfried Preußler
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einem Mal eine laute Polterstimme dazwischenrief: „Heda, ihr beiden! - Seid ihr verrückt geworden?"

    Der Nörgelseff! Zufällig war er mit einem Schlitten voll Brennholz vorbeigekommen.
    „Was treibt ihr da?", knurrte er tadelnd. „Wisst ihr nicht, werte Nachbarn, dass Ubermut selten guttut? Der Winter ist eine schwierige Jahreszeit. Das muss man sich immer vor Augen halten - besonders bei uns hier, im Siebengiebelwald!"

Zwottel hatte es sicherlich gut gemeint mit dem vielen Schnee, den er von der Fichte heruntergeschüttelt hatte -und doch war das eine überflüssige Arbeit gewesen. Es fing nämlich gegen Abend wieder zu schneien an und es schneite auch an den folgenden Tagen weiter, als wollte es ewig weiterschneien.
    „Herrlich!", rief Zwottel, der ja zum ersten Mal einen richtigen "Winter erlebte. „Von mir aus brauchte es überhaupt nicht mehr aufzuhören!"
    „Von mir aus schon", brummte Hörbe. „Allmählich reicht es nun."
    Morgen für Morgen mussten sich Zwottel und er einen Weg von der Haustür ins Freie wühlen, das blieb ihnen nicht erspart. Sie mussten auch mindestens einmal am Tag auf den Reisighaufen hinaufsteigen, um den Abzug über dem Schornstein freizuschaufeln.
    „Da hilft nun mal alles nichts", sagte Hörbe. „Der Rauch muss abziehn können, sonst brennt das Feuer im Ofen nicht."
    Werktags war Zwottel weiterhin jeden Mittag in einem anderen Hutzelmannshaus zu Gast - mochte es draußen auch stöbern und schneien, so viel es wollte.
    Schneereifen brauchte er nicht, wenn er ausging. Er flitzte auf nackten Sohlen so flink dahin, dass es aussah, als huschte da eine Waldmaus über den Schnee. Und die Spur  seiner Füße verwischte er hinter sich mit dem Zottelschwanz, dass es nur so staubte.

    Um diese Jahreszeit wurde es selbst bei Tageslicht in den Häusern der Hutzelmänner nicht richtig hell. Es war bloß ein matter Dämmerschein, den der Schnee bei den Fenstern hereinließ; und doch war es in den Stuben an solchen Wintertagen besonders heimelig.
    „Unsereins findet das ganz-ganz abscheulich schon", sagte Zwottel. „Ein Haus unterm Schnee ist wirklich das Bi-Ba-Beste, was man im Winter haben kann!"
    Hörbe war froh darüber, dass er nun endlich wieder Zeit fand Körbe zu flechten: große und kleine, Buckelkörbe und Henkelkörbe. Zwottel schaute ihm dabei zu und meinte: „Was man aus dünnen Zweigen nicht alles machen kann! Unsereins hätte das nie für möglich gehalten..."
    An den Abenden brach jetzt die Dunkelheit früh herein. Manchmal warteten Zwottel und Hörbe noch eine Weile, bevor sie Licht machten in der Stube.
    Das Feuer knisterte hinter der Ofentür. Der Flammenschein drang an den Rändern hervor, er tauchte die Stube in rotes Licht, bald stärker, bald schwächer. Dann konnten sie an der Wand ihre eigenen Schatten sehen: sehr groß und ein bisschen unheimlich. Dies war die Stunde, in der sie sich gegenseitig Geschichten erzählten.
    Von Abenteuern in fernen Wäldern war dann die Rede, von grässlichen Ungeheuern, mit denen sie's in der Fremde zu tun bekamen - und immer wieder vom Plampatsch. Vom Plampatsch, von dem sie ja beide wussten, dass es ihn gar nicht gab.
    Sie wussten auch, dass sie sich nicht zu fürchten brauchten vor ihm, nicht im Mindesten.
    Trotzdem erfanden sie immer neue und neue Plam-patschgeschichten: je schauriger, desto besser - und wenn ihnen dann beim Zuhören und Erzählen die Gänsehaut über den Rücken lief, war es doppelt schön, in der warmen Stube zu sitzen, beim flackernden Feuerschein.
    „Ist ja nicht schwer zu begreifen", versicherte eines solchen Abends der Zottelschratz. „Wenn unsereins nämlich weiß, dass sich unsereins eigentlich überhaupt nicht zu fürchten braucht, fürchtet sich unsereins manchmal schrecklich gern ..."

In diesem Jahr fiel der Weihnachtsabend auf einen Montag, es war noch drei Tage hin. Hörbe holte am Freitagabend das vorletzte Hutzelbrot aus dem Kasten und schnitt es an. Draußen klirrte der Frost, die Sterne funkelten über dem Reisighaufen in kalter Pracht. Nach Tisch rieb sich Zwottel, der Zottelschratz aus den Worlitzer Wäldern, die Nase und meinte: „Ich kann mir nicht helfen, Hörbe - sie juckt mich, als steckte sie mitten in einem Ameisenhaufen..."
    „Hast du sie dir womöglich erfroren?", fragte ihn Hörbe besorgt.
    „Nein, nein", sagte Zwottel. „Das muss wohl am Wi-Wa-Wetter liegen. Wenn wir nicht mitten im Winter wären, würde ich sagen: Es riecht nach Frühling ..."
    „Nach Frühling?" Der
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