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Das große Buch der Lebenskunst

Titel: Das große Buch der Lebenskunst
Autoren: Anselm Grün
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genug, sich nicht entscheiden zu müssen. Manchmal meine ich, die Aggressionen seien Ausdruck meiner Ungeduld. Ich suche dann die Schuld bei mir. Da
     tat es mir gut, auf das Wort von Franz Kafka zu stoßen: »Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis: Vielleicht ist keines da.« Von ihm
     fühle ich mich verstanden. So werde ich weiterhin mutig auf Entscheidungen drängen. Und bei allen Hindernissen, die im Gespräch angeführt werden, werde
     ich genau hinschauen, ob sie eher im Kopf der Gesprächspartner als in der äußeren Wirklichkeit vorhanden sind.
Durchblick
    E infachheit ist das Resultat der Reife«, sagt Friedrich von Schiller. Wir sagen manchmal eher abschätzig
     von einem Menschen, dass er sehr einfach sei, »einfach gestrickt«, schlicht im Denken, fast etwas einfältig. Schiller sieht die Einfachheit als Zeichen
     eines reifen Menschen. Wer reif geworden ist, der ist auch in sich und mit sich eins geworden. Seine innere Einheit wird sich auch auf die Beziehung zu
     den anderen Menschen auswirken. Er wird ihnen gegenüber klar sein. Er muss sich nicht darstellen. Er kann es sich erlauben, einfach da zu sein. Seine
     Einfachheit im Denken und in seiner Ausstrahlung wirkt befreiend und einend. In seiner Nähe wird einem etwas klar, da klärt sich das Trübe in uns und wir
     blicken durch.
Der kleine Schlüssel
    A uch eine schwere Tür hat nur einen kleinen Schlüssel nötig.« Charles Dickens hat das gesagt. Worte sind
     wie Schlüssel, die etwas in unserer Seele aufschließen. Manche Theologen und Philosophen schreiben so komplizierte Worte und Sätze, dass sie uns die Tür
     zum Leben und die Tür zu unserem eigenen Innern eher verschließen. Es braucht nur einen kleinen Schlüssel, um eine große Tür aufzusperren. Wir müssen nur
     das Schlüsselloch finden. Das ist für mich die Aufgabe des Schreibens, dass ich mit einfachen Worten die Tür aufschließe zum wahren Leben. Natürlich habe
     ich immer wieder das Gefühl, dass ich den passenden Schlüssel noch nicht gefunden habe. Aber ich weiß, dass dieser Schlüssel ganz klein sein kann, ganz
     unscheinbar. Und doch geht auf einmal die Tür auf und ich betrete neue Räume, den Raum der Wahrheit und der Liebe, den Raum meines eigenen Innern, in dem
     zugleich Gott selber wohnt.
Solidarisch leben
    M ahatma Gandhi hat sich ausgezeichnet durch Bedürfnislosigkeit und Einfachheit. Er hat eine einfache
     Lebensweise vorgemacht. Das war für ihn nicht nur Ausdruck seiner persönlichen Askese. Er tat es vielmehr in Solidarität mit den Menschen. »Lebe einfach,
     damit alle einfach leben können.« Sein Wort hat zwei Bedeutungen. Ich soll eine einfache Lebensweise praktizieren, damit auch die anderen überhaupt leben
     können und das Lebensnotwendige für sich finden. Die einfache Lebensweise ist dann Ausdruck meiner Solidarität mit allen Menschen. Ich kann das Wort aber
     auch so verstehen: Ich soll einfach leben , damit das Leben, das von mir ausgeht, auch die anderen lebendig macht. Wenn ich einfach lebe, dann ist das eine Einladung für die Menschen in meiner Umgebung, es auch zu wagen, einfach zu leben.
In Wahrheit
    L eo Tolstoi, der russische Dichter, der für sich selbst aus dem Luxus ausgestiegen ist und sich für eine
     einfache Lebensweise entschieden hat, schreibt in seinen Tagebüchern: »Einfachheit ist unabdingbare Voraussetzung und Merkmal der Wahrheit.« Damit meint
     er nicht nur seine einfache Lebensweise, sondern auch die Einfachheit des Denkens. Die Wahrheit ist einfach. Das haben schon die griechischen Philosophen
     gewusst, die das Eine und das Gute und das Wahre zusammensahen. Das Sein ist einfach. Die Wahrheit ist die Unverhülltheit des Seins. Für die Griechen
     bedeutet Wahrheit, dass der Schleier weggezogen wird, der uns das wahre Sein verhüllt. Hinter dem Schleier begegnet uns das Sein als etwas Einfaches, in
     sich Klares. Und es bringt uns in die Wahrheit und in die Einheit mit unserem wahren Wesen.
Nichts komplizieren
    E rich Kästner zeigt in seinen Schriften sehr viel Menschenkenntnis. Er hat oft mit Humor die
     verschiedenen Charaktere beschrieben. So erkennt er im Hinblick auf die Menschen, die er beobachtet hat: »Manche Menschen benützen ihre Intelligenz zum
     Vereinfachen, manche zum Komplizieren.« Das Vereinfachen ist für ihn Zeichen der Intelligenz. Wir sagen von einem Menschen, der in einer Diskussion die
     verschiedenen Meinungen auf einen Punkt bringt. Da wird auf einmal etwas einfach mitten
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