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Das Grab des Ghouls

Das Grab des Ghouls

Titel: Das Grab des Ghouls
Autoren: Jason Dark
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hatte gereicht. Plötzlich war die gute Laune weg. Die meisten starrten etwas betreten vor sich hin. Nur der Mann, der die Runde gegeben hatte, nicht.
    »Ich werde mit den Geistern fertig, das schwöre ich euch. Sollen Sie kommen, ich freue mich darauf.« Dann hob er seinen Krug und trank einen großen Schluck.
    Rita McQueen hielt sich zurück. Sie lächelte auch nicht. Ihr Gesicht hatte einen neutralen Ausdruck bekommen. Es war besser, wenn sie jetzt noch nichts sagte, denn die Dinge würden sich von ganz allein entwickeln, davon war sie überzeugt.
    So kommunikativ sie im Bus gewesen war, so ruhig verhielt sie sich jetzt. Sie sah, dass die Gäste weiterhin dem Eintopf zusprachen und sie nicht mehr wichtig war.
    Keiner interessierte sich dafür, dass sie den Stuhl zurückschob und dann aufstand. Es schaute auch weiterhin keiner hin, wie sie den Essensraum verließ und in die kleine Halle ging, wo sich auch die Rezeption befand. Dort traf sie auf die Besitzerin des Gasthofs, die sie anlächelte.
    »Sind die Gäste zufrieden, Rita?«
    »Ich denke schon.«
    »Man hört es auch.«
    »Da sagst du was.«
    » Willst du noch einen kleinen Gang machen?«
    Rita lächelte. »Genau das hatte ich vor. Ich denke, dass mir die frische Luft gut tut.«
    »Okay. Und wie ist es mit einem kleinen Schlummertrunk? Soll ich dir den wieder aufs Zimmer stellen?«
    »Das wäre nett.«
    »Wie immer?«
    Rita lächelte. »Ja, dein Whisky ist ausgezeichnet. Man darf ihn nur nicht verdünnen.«
    »Das stimmt.«
    Ihre Lederjacke hatte Rita McQueen bereits übergestreift. Sie drückte die Glastür auf und trat hinaus in die frische Luft, die sie tief einatmete. Der Abend hatte den Tag längst abgelöst und auch die Dunkelheit mitgebracht. An diesem Wochenende würde Rita Glück haben, weil der Himmel sich doch recht wolkenfrei zeigte und so der Mond sein fahles Licht auf die Erde schicken konnte. Sie hatte die Gegend schon finsterer erlebt.
    Rita ging nur ein paar Meter weiter, dann blieb sie stehen und drehte sich so, dass sie dorthin schauen konnte, wo sich die alte Ruine befand.
    Bei Tageslicht hätte sie das Gemäuer sehen können. Jetzt allerdings stand ein seltsames Zwielicht über dem Hügelrücken.
    Der Hang sah leer aus. Aber er war nicht so dunkel, wie sie es sich vorgestellt hatte. Mond und Sterne sorgten dafür, dass das Firmament eher dunkelblau war. Sie wartete, bis sich ihre Augen an dieses ungewöhnliche Zwielicht gewöhnt hatten – und zuckte plötzlich leicht zusammen.
    Etwas hatte sich dort oben getan.
    Sie wusste noch nicht genau, was es war, aber wenn sie nicht alles täuschte, bewegte sich dort etwas.
    Aber was?
    Ungefähr zehn Sekunden verstrichen, bis sie es besser erkannte. Es war etwas Helles, das sich dort zusammenballte. Und es sah aus wie eine Wolke, die den Himmel verlassen hatte, um sich nahe der Ruine festzusetzen. Allerdings wusste sie, dass es keine Wolke war, und wenn sie daran dachte, was sich dort abspielte, überkam sie ein Gefühl der Kälte.
    Es war wieder so weit. Die Zeit war reif. Bei ihren letzten Touren war nichts geschehen, zum Glück, doch jetzt hatte sich das alte Grauen wieder manifestiert, und durch ihren Körper rann ein eiskalter Strom. Sie wusste, dass es nicht so sehr um sie persönlich ging, sondern um den Mann, der es gewagt hatte, allein den Weg zu gehen. Er hatte ihr zwar nicht das Ziel genannt, aber sie konnte sich vorstellen, was er wollte. Wer diese Richtung einschlug, der wollte zur Ruine.
    Sie dachte über den jungen Mann nach.
    Ja, er war jung. Jünger zumindest als die meisten ihrer Fahrgäste. Und er war auch während der Fahrt sehr schweigsam und in sich gekehrt gewesen. Wie jemand, der ausschließlich mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt gewesen war.
    Ansonsten war nichts Auffälliges an ihm festzustellen gewesen. Sein Gepäck hatte nur aus einer Reisetasche bestanden, und er hatte sich auch sonst nicht besonders auffällig gezeigt.
    Aber jetzt lagen die Dinge anders.
    Während sie noch nachdachte, hatte sie die Wolke nicht aus den Augen gelassen. Und so erkannte sie auch, dass sie sich bewegte, aber nicht mehr lange so blieb, denn sie löste sich auf und wehte in feinen Nebelstreifen davon.
    Die Frau schloss für einen Moment die Augen. Ein Beobachter hätte das Zittern ihrer Gestalt bemerkt, und dafür gab es auch einen Grund.
    »Nein!«, flüsterte sie. »Nein, verdammt, nicht schon wieder!«
    Ändern konnte sie es nicht. Plötzlich wollte sie nicht mehr im Freien bleiben.
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