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Das goldene Meer

Das goldene Meer

Titel: Das goldene Meer
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sonne schien, brachte sie nur wenig Wärme, und ein Handtuch sieht besser aus als eine umgeschlungene Decke.
    Brunsbüttel zog backbord an ihnen vorbei, und sie bestaunten die großen Steinhäuser an den Ufern der Elbe, die vielen Schiffe, Barkassen und Schlepper, die ihnen entgegenkamen.
    In Glücksstadt bereits nahmen zwei kleine Schlepper die Liberty in ihre Mitte und dirigierten sie die Elbe hinauf. Sie passierten Wedel und wurden von der Schiffsbegrüßungsanlage in Deutschland willkommen geheißen, ein Lotse kam an Bord, begrüßte Larsson und Büchler und ging dann auf die Nock, wo Herbergh, Dr. Starke und Anneliese standen. Er sah hinunter auf die über fünfhundert Flüchtlinge und kratzte sich den Kopf, nachdem er die Schiffermütze in den Nacken geschoben hatte.
    »Die werden noch frieren«, sagte er, »kommt 'n Tief auf uns zu.«
    »Wenn das alles ist …« Dr. Starke stützte sich auf das Schanzkleid. Schulau, Neßland und Schweinsand, die Vogelschutzgebiete, Blankenese mit seinen wundervollen, abgekapselten Luxuswelten, Schiff voraus würden dann der Fischereihafen kommen, Altona mit seinen Landungsbrücken, der Werfthafen und die imposante Werftinsel, die St.-Pauli-Landungsbrücken, die Überseebrücke …
    »Wohin werden wir dirigiert?« fragte Dr. Herbergh den Lotsen. »Zum Niederhafen?«
    »Nee, zum Baakenhafen. Petersenkai.«
    »Das ist doch weit draußen.«
    »Wie man's nimmt. Zoll und Güterbahnhof sind nahebei. Außerdem kann man den Petersenkai gut absperren. Wenn die Versmann-Straße dicht ist, kommt da keiner rein.«
    »Warum absperren?« fragte Dr. Starke scharf. Der Lotse zuckte mit den Schultern.
    »Da fragen Sie man die Hafenbehörde, Herr Doktor. Ich habe nur meine Anweisung.«
    »Wir haben doch keine Wilden, Raubtiere oder Seuchenkranke an Bord!« rief Anneliese.
    »Dafür haben wir unsere Quarantänen«, sagte der Lotse gemütlich. »Mehr weiß ich nicht.«
    An Deck stand auch, mitten unter den Vietnamesen, untergehakt von Kim ein sehr bleicher, gewichtsreduzierter Stellinger und erklärte seiner Mai den riesigen Hafen von Hamburg. Zwei Wochen hatte er auf Leben und Tod gelegen. Die Fahrt nach Manila, das Bunkern, die Abfahrt zur endgültig letzten Reise, 16.000 Kilometer bis Deutschland, hatte er in einem Dämmerzustand erlebt. Erst kurz vor der Einfahrt in den Panamakanal hatte er richtig die Augen aufgeschlagen, den Kopf gehoben, Mai an seinem Bett sitzen gesehen und mit klarer Stimme gesagt: »Mai, mein Schätzchen, hol mir ein Bier. Hab' ich einen Durst.«
    Dr. Herbergh, den Kim sofort rief, eilte zu Stellinger. Seit Tagen hatte er schon gesehen, daß die Herzkurven auf dem Monitor sich stabilisierten, aber Stellinger war noch nicht ansprechbar gewesen. Jetzt hatte Kim das Kopfteil des Bettes etwas hochgeklappt, und Stellinger grinste Dr. Herbergh an.
    Bis auf sein abgemagertes, blasses Gesicht war nicht zu sehen, daß er dem Tod weggelaufen war.
    »Also ein Bier will der liebe Franz«, sagte Dr. Herbergh, »schön eiskalt.«
    »Sie sind ein Engel, Herr Doktor!« strahlte Stellinger.
    »Sie ändern gleich Ihre Meinung. Nicht mal dran riechen dürfen Sie!«
    »Herr Doktor …«
    »Wissen Sie überhaupt, daß Sie über zwei Wochen lang in einer Art Koma gelegen haben. Kroll hat sogar schon seinen Klappsarg aus dem Versteck geholt und ihn ausgemessen. ›Franz paßt rein!‹ hat er gesagt.«
    »Ich werde Fritz freihändig in der Luft verhungern lassen!« Stellinger sah Dr. Herbergh flehend an. »Ich muß wieder zu Kräften kommen, so schnell wie möglich … und da hilft ein Bier … garantiert.«
    Zwei Tage lang wurde Stellinger von Dr. Herbergh und Anneliese untersucht. Und als die Liberty in die Schleuse von Balboa einlief, kam Dr. Herbergh mit einem Tablett an Stellingers Bett und servierte ihm eigenhändig ein Glas Pils. Gerührt hielt Stellinger die Nase über das Glas und schnupperte den würzigen Hopfengeruch.
    »Wo kommt denn das noch her?« fragte er andächtig.
    »Winter hatte noch drei Flaschen versteckt. ›Für Franz, wenn er es überlebt‹, hat er damals gesagt. Hier ist die erste Flasche.«
    »Hans-Peter.« Stellinger nahm einen kleinen, ganz vorsichtigen Schluck. »Bestellen Sie bitte dem Krautwickler, er möchte mich mal besuchen. Ist doch ein Pfundsbursche … ich hab' das immer gewußt, nur nicht gesagt. Damit der nicht noch eingebildet wird.«
    Von da an – lag's an den drei Flaschen Pils? – ging es Stellinger von Tag zu Tag besser, am Arm von Kim machte er
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