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Das Glück ist eine Katze

Titel: Das Glück ist eine Katze
Autoren: Eva Berberich
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anderen. Da kratz
     ich nicht. Was glaubt der denn!«
    »Sie mag nun mal keinen Secondhandkratzbaum«, sagte ich. »Da ist Schlumpel eigen. Zu Recht. Ich benutze auch keine Haarbürste
     mit den Schuppen von jemand anderem drin.«
    »Gut«, sagte Konrad, »dann werde ich selbst einen anfertigen.«
    »Hast du Erfahrung im Herstellen von Kratzbäumen?«
    |246| »Ich habe einen gesunden Menschenverstand und als Mann sowieso gewisse handwerkliche Fähigkeiten. Das reicht. Es muß auch
     nicht unbedingt ein Kratzbaum sein. Irgendein Kratzmöbel halt.«
    Konrad schritt also zur Anfertigung eines Kratzmöbels und ward mehrere Stunden nicht gesehen.
     
    »Na, was sagst du dazu? Nichts Künstliches. Natur pur.«
    Der naturpure Klotz, etwa einsfünfzig hoch, stand mitten im Raum. Es war der Rest der Fichte, die Lothar vor einigen Jahren
     umgeworfen hatte.
    »Er lag hinterm Gartenhäuschen«, sagte Konrad, und zu Schlumpel: »Hier kannst du den Ausstreck- und Einzugsmechanismus deiner
     Krallen trainieren. Ich mach’s dir vor.«
    Nachdem ich ein paar Spreißel aus seiner Hand gezogen hatte, zitierte er wieder sein Leib- und Magenbuch: »Das ist nämlich
     lebenswichtig für sie beim Beutefang, beim Kampf gegen Rivalen und beim Klettern.«
    »Ich hab den Klotz aufgehoben fürs Kaminfeuer im Winter, aber leider vergessen, ihn, als es neulich regnete, ins Gartenhäuschen
     zu schaffen. Der ist zu naß. Wenn sie daran kratzt – wie gerade eben   –, löst er sich in seine Bestandteile auf, und |247| ich hab den Dreck im Zimmer. Außerdem hat er vorne Pilze und hinten Schimmel. Ich bin gegen diesen Kratzklotz. Und du, Schlumpel?«
    Die leckte sich die Pfoten sauber, sagte mit Blick auf den Musiksessel, sie kratze lieber an ihrem Sessel, das mache viel
     mehr Spaß, oder gleich draußen. Und würdigte das Ding keines Blickes mehr.
    »Denk dir was anderes aus«, sagte ich.
     
    Konrad hatte Feuer gefangen, Blut geleckt, das Kratzmöbel beherrschte sein Denken. Am nächsten Abend stand Nummer drei in
     der Kaminecke, ein schlichter Pfahl, dünner als Nummer zwei, und dafür länger. Konrad hielt ihn mit der rechten Hand.
    »Sehr schön«, sagte ich, »aber findest du es nicht etwas anstrengend, ihn stundenlang zu halten?«
    »Brauch ich nicht. Da kommt er hinein.« Er stellte den Pfahl in einen Eimer voll Sand, es war ein sehr hoher Eimer mit sehr
     viel Sand drin. »Steht wie eine Eins. Sehr stabil.«
    Dann kam Schlumpel.
    »Kratz mal!« sagte Konrad, und Schlumpel kratzte so temperamentvoll, daß der Kratzpfahl vor Schreck umkippte, der Eimer auch,
     worauf Schlumpel in den Sand pinkelte und begeistert darin herumscharrte.
    |248| »Ich glaube, wir brauchen eine bessere Halterung«, meinte Konrad, nachdem ich saubergemacht hatte. »Ich werde ihn mit zwei
     Winkeleisen am Boden befestigen oder an der Wand oder der Decke.«
    »Kommt nicht in Frage. Schau mal auf dem Speicher, da liegt irgendwo noch mein alter Christbaumständer herum.«
    »Ich geh mit«, sagte Schlumpel, die, wie ihr Großvater, eine Vorliebe für Dachböden voller Gerümpel hat. Nach einer halben
     Stunde erschienen sie wieder, spinnwebumhuddelt, jeder schleppte etwas an: Schlumpel das Kamel von einem der Heiligendreikönige,
     Konrad den ausrangierten gußeisernen Christbaumständer. Dann spitzte er mit einem Hackebeil den Kratzpfahl unten so zu, daß
     er in die Haltevorrichtung hineinpaßte. Wenn Konrad früher aufgehört hätte. Er paßte aber nicht hinein, weil Konrad fürsorglich
     zu viel weggehauen hatte. Und ein anderer Pfahl fand sich nicht.
     
    Wohl aber ein Brett. »Ein Brett geht genausogut«, erklärte Konrad.
    »Das ist mein Schneckenfangbrett«, protestierte ich. »Wenn’s heiß ist, verkriechen sie sich darunter, und ich kann sie absammeln.
     Siehst du nicht die Schleimspuren überall?«
    |249| »Gut«, sagte Konrad, »damit es gefälliger aussieht, werde ich es verkleiden.«
    Und er verkleidete das Brett mit einem alten Kartoffelsack, den er mit der dicken Hanfschnur umwickelte, mit der ich im Herbst
     meine Johannisbeerbüsche zusammenzubinden pflege. Einer Mumie gleich stand das Ding da. Dunkel, stumm und bedrohlich.
    »Na?« sagte Konrad stolz.
    »Es muffelt«, sagte ich. Schlumpel beschnüffelte das Ding mit einem Gesichtsausdruck, den Konrad unmöglich als Lob interpretieren
     konnte, und beäugte sehnsüchtig den Musiksessel.
    Doch Konrad wußte Rat. »Die Katze«, sagte er, »markiert einen Kratzbaum mit ihrem Geruch. An der Unterseite
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