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Das Glück ist eine Katze

Titel: Das Glück ist eine Katze
Autoren: Eva Berberich
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schlängelt, sah ich eine Katze, die katzenschönste,
     allerschönste, |266| weltschönste. Sie rannte einem Ahornblatt nach, das der Wind für sie vom Baum geweht hatte, doch bevor sie es erwischte, fesselte
     etwas anderes ihre Aufmerksamkeit, sie stupste mit der Pfote an ein rundes helles Ding, das da am Straßenrand lag, ein Schneckenhaus,
     oder ein Stein. Fand es aber weiter nicht interessant, interessant hingegen das rote Auto von Herrn Bastian, sprang auf die
     Motorhaube und von dort aufs Dach, wo sie kurze Zeit, die Aussicht genießend, verweilte, um dann ohne Eile, aber unter Hinterlassung
     dreckiger Pfotenabdrücke, wieder herunterzusteigen. Es folgte ein kleiner Schlenker über die Wiese mit Besichtigung und Beschnüffelung
     der Maulwurfshügel, deren Besitzer sich jedoch in weiser Voraussicht lieber nicht zeigten, doch zeigte sich Seppi, dem sie
     unmißverständlich klarmachte, wem hier die Wiese gehörte. Seppi rief ihr vom heimischen Garagendach aus ein paar unfreundliche
     Wörter zu, die sie ignorierte, versuchte sie doch gerade, einem Schmetterling nachzufliegen, der aber war schneller, weshalb
     sie die Fliegerei aufgab, zum Vogelbad unter der Weide tänzelte, es leersoff, dann auf die Weide kletterte und von einem Ast
     aus aufs Balkongeländer sprang, wobei die Satellitenschüssel ins Wanken geriet, was nun Konrad zu einigen unfreundlichen Wörtern
     veranlaßte. Auf dem Geländer schritt sie anmutig und |267| schwindelfrei in Richtung Balkontür, ließ sich auf dem kleinen runden Tisch, auf dem wir gern frühstücken, im Brotkörbchen
     nieder, nickte uns zu und schleckte sich die Pfote. Fuhr sich mit diesem Waschlappen übers Gesicht. Was bitter nötig war.
     Sie sah aus –
    »Wie aus dem Dreck gezogen«, sagte Konrad. »Wo hast du bloß gesteckt, du Schmuddelkatz? Du Mistviech? Du Rabenaas? Du Lumpenstück?«
    »Überall«, sagte Schlumpel. »Bin ein bißchen rumgeschlumpelt. Schlumgerumpelt. Oben und unten. Vorne und hinten. Und zwischendrin.
     Hab mich gesielt, im Dreck. War ziemlich wild. Und kein bißchen dezent. Hab euch ganz vergessen. Riecht toll, das Leben.«
     Ihre grünen Augen leuchteten. »Aber jetzt bin ich wieder da. Wegen Hunger und so.« Bei dem »und so« rieb sie ihre Backe an
     meiner Schulter. Sie roch nach Misthaufen, Kuhstall, dem Komposthaufen, Katzenminze, roch muffig, mausig, erdig, pelzig, katzig.
    Ich legte den Arm um meine Katze. Sie schmiegte sich in die Ellbogenbeuge. »Hast du mich –?«
    »Weißt du doch!«
    »Sag’s!«
    »Ich hab dich. Sehr!«
    Schlumpel gurrte wie eine Taube. »Das ist mein allerlebensschönster Tag!«
    |268| Was ich auch fand. Jeder Tag mit einer Katze drin ist ein lebensschönster. »Aber deshalb brauchst du nicht zu sabbern.«
    »Am besten steckst du alle beide in die Waschmaschine«, meinte Konrad, »deine Bluse und Schlumpel.«
    »Danke, Franz!« sagte ich laut. »Eine rote Kerze. Wie versprochen. Schlumpelrot.«
    »Ich heiß nicht Franz«, sagte Konrad, »ich heiß Konrad. Was soll ich mit einer schlumpelroten Kerze?«
    »Die kriegst nicht du, die kriegt Franz.«
    »Wer ist Franz?« Konrad guckte mißtrauisch.
    »Ein alter Freund. Italiener.«
    »Von dem hast du mir noch nie was erzählt. Wo in Italien?«
    »Assisi.«
    »Ach der.« Er lächelte nachsichtig. »Nach neuesten Erkenntnissen hat’s den nie gegeben. Ist einer längst fälligen Heiligenentrümpelungsaktion
     des Vatikans zum Opfer gefallen.«
    »Der Entrümpelte, mein Lieber, war Christophorus.«
    »Von mir aus. Trotzdem. Wir sind Menschen des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Schlumpel ist von allein zurückgekommen. Weil
     sie Hunger hatte, und ganz ohne Franz.«
    »Ich hab eine Stimme gehört«, sagte ich.
    |269| »Das«, erklärte Konrad milde, »war die Stimme deines Unbewußten. Freud nennt das übrigens   –«
    »Freud«, sagte ich, »soll den Mund halten.«
    »Nun komm schon. Werd wieder vernünftig.«
    »Hol sie der Teufel«, sagte ich.
    »Wen?« fragte Konrad.
    »Die Vernunft.«
    Konrad sagte nichts mehr. Er legte eine CD auf. Pastorale, letzter Satz:
Frohe und dankbare Gefühle nach dem Sturm.
Schlumpel auf dem Fensterbrett drehte den Kopf und sah mich an. Eine kleine rote Löwin mit Tigerstreifen, Schmuddelsocken
     und unbeschreiblichen grünen Glühbirnenaugenlämpchen.
    Das Glück hat viele Gesichter. Eins der schönsten ist das einer Katze.

Informationen zum Buch
    »Eine anständige Katze ignoriert grundsätzlich alles, was auch nur entfernt nach einem
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