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Anton und das Geheimnis im Finsterwald

Anton und das Geheimnis im Finsterwald

Titel: Anton und das Geheimnis im Finsterwald
Autoren: Patricia Schroeder
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Gnunome und wilde Krähen
    Anton hockte auf der Fensterbank. Er hielt seine Knie fest umschlungen und starrte in die Abenddämmerung hinaus. Vor einer guten Viertelstunde war die Sonne untergegangen. Mittlerweile erinnerte nur noch ein schmaler orangeroter Streifen am Horizont an den warmen Herbsttag, den Anton auf dem riesigen Grundstück von Tante Thea verlebt hatte.
    Vorvorgestern waren Mama und Papa ins Flugzeug nach Rom gestiegen. Sie liebten es, Kirchen, Museen, Ausstellungen und alte Gebäude zu besichtigen, und unternahmen in jedem Herbst eine solche Städtereise. Für Anton war das viel zu anstrengend. Und deshalb verbrachte er auch in diesem Jahr seine Oktoberferien bei Tante Thea.

    Eigentlich war Tante Thea Papas Tante.
    Sie lebte in einem windschiefen Haus,
    das auf einem Hügel stand.
    Drum herum lagen Wiesen,
    ein Gemüsegarten
    und ein kleiner Wald.
     
    Anton hatte sich hier immer sehr wohlgefühlt, doch diesmal war es anders. Es war schwer zu erklären, woran es lag, denn auf den ersten Blick schien alles so wie sonst zu sein. Tante Thea hatte das Haus fein herausgeputzt. Die alten Holzdielen glänzten von frischem Bohnerwachs, die Treppe in den ersten Stock knarrte wie eh und je, die Bettwäsche duftete nach Veilchen und fühlte sich kuschelig weich an. Außerdem hatte es wie gewohnt morgens, mittags und abends zum Nachtisch Antons geliebten Karamellpudding gegeben.

    Die Tage waren sonnig.
    Das bunte Herbstlaub raschelte im Wind.
    Tante Thea erntete Äpfel und Kartoffeln.
    Sie kochte Saft ein
    und spielte mit Anton Monopoly.
    Alles schien so friedlich zu sein.
    Aber war es das auch?
     
    Der orangerote Streifen am Horizont verschwand. Anton fröstelte. Er ließ sich vom Sims heruntergleiten und schlüpfte unter die duftende Bettdecke. Die Gardine stand einen Spaltbreit offen. Dahinter waren der dunkle Abendhimmel zu sehen, die funkelnden Sterne und ein paar dünne Wolken, die darüber hinweg zogen.
    Anton dachte an Janna,
das Mädchen aus der
Nachbarschaft.

    Janna war genauso alt wie er.
    Sie hatte wilde rote Haare,
    grasgrüne Augen
    und eine Million Sommersprossen
    auf der Nase.
     
    Zu Hause spielte Anton fast nie mit Mädchen. Aber hier gab es außer Tante Thea niemanden, mit dem er seine Zeit verbringen konnte. Außerdem fand er Janna sehr nett und irgendwie lustig, denn sie sagte seltsame Dinge, wie: „Die Gnunome haben heute Mamas Blumenbeet umgegraben.“ Oder: „Wenn du am Abend nicht rechtzeitig im Haus bist, holen dich die Krähen.“ Wenn sie lachte, schepperte es so laut, als ob eine Blechdose voller Murmeln Tante Theas Holztreppe herunterkollerte, und wenn die Sonnenstrahlen in ihre Augen trafen, funkelten sie wie die Laserlampen eines Ufos.
    Im Sommer war Janna mit ihrer Mutter und einem weißen Meerschweinchen namens Flecki in das große Haus mit dem Eisentor und den steinernen Löwen davor gezogen. Angeblich hatte es einmal Jannas Ururopa gehört, aber Tante Thea hielt das für einen Schwindel.

    Anton seufzte leise.
    Er zog sich die Decke bis zur Nasenspitze
    und schloss die Augen.
     
    Aber es wurde nicht dunkler, sondern heller. – Sehr viel heller! Erschrocken riss Anton die Augen wieder auf. Hinter dem Gardinenspalt war nun der Mond zu sehen. Er war beinahe kugelrund und blickte Anton grinsend ins Gesicht.
     
    „Hallo, Mond“, stammelte Anton.
    „Hallo, Anton“, sagte der Mond.
    Seine Stimme klang dunkel und samtig.
    „Wieso kannst du sprechen?“,
    fragte Anton.
    Der Mond blinzelte.
    „Wieso kannst du es?“, fragte er.
    Hastig zog Anton sich die Decke über den
Kopf. Das gibt es doch gar nicht, dachte er.
Das ist bestimmt bloß ein Traum.

    Vielleicht war er einge-
schlafen, ohne dass er
es gemerkt hatte. So
etwas war nicht
ungewöhnlich,
eigentlich passierte
es andauernd.
    Anton überlegte, ob er aus dem Zimmer schlüpfen und zu Tante Thea hinunterlaufen sollte. Wenn er das hinbekam, wäre das hier kein Traum. Nein, dann wäre er wach und der Mond hätte tatsächlich mit ihm geredet. Langsam rollte Anton sich auf die Seite. Er schob die Füße über die Bettkante, schlug die Decke zurück und sprintete los.

    Anton sah nicht zum Fenster hinüber. Er rannte geradewegs auf die Tür zu, riss sie auf und stürzte mit laut stampfenden Schritten die Treppe hinunter.
    Aus dem Wohnzimmer am anderen Ende des Flurs fiel ein langer schmaler Lichtstreifen auf die dunklen Holzdielen. Außerdem war das leise Murmeln des Fernsehers zu hören.
    „Was ist denn los?“, hörte
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