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Das giftige Herz

Das giftige Herz

Titel: Das giftige Herz
Autoren: Virginia Doyle
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Lebkuchenherz. Ehrenhoff aß gern Süßigkeiten. Und als er Wetzel einen überraschenden Besuch abstattete, nahm er sich einen Lebkuchen, der dort herumlag. Es war einer von den Lebkuchen, die Wetzel vergiftet hatte. Unvorsichtigerweise hatte er ihn nicht gleich vernichtet. Ehrenhoff biss ab und starb noch in Wetzeis Wohnung.«
    »Und dann hat Wetzel ihn aus dem eigenen Fenster gehängt?«, fragte Dunkel.
    »Nein, natürlich nicht. Er brachte die Leiche in den Stadtgraben. Jedenfalls behauptet er das. Wie sie wieder zurück an den Henkersteg kam, kann er sich auch nicht erklären.«
    Die Kinder waren jetzt sehr ruhig geworden und blickten den Inspektor schweigend an.
    »Also los, Kinder«, sagte Pistoux. »Jetzt müsst ihr reden.«
    »Es war nicht der Gewürzhändler allein«, sagte Keiner. »Der Fabrikbesitzer hat ihm geholfen.«
    Frau Dunkel hielt sich erschrocken die Hände vors Gesicht: »Der Schaller! Er hat all das Unheil zu verantworten!«
    »Sie haben die Leiche zu zweit in den Stadtgraben gebracht. Wir wussten ja, dass Wetzel unseren Freund umgebracht hat. Deshalb haben wir die zweite Leiche zu ihm zurückgebracht«, erklärte Keiner.
    »Wir mussten übers Dach klettern. Es war ganz schön schwierig«, sagte der Junge, der sich Schwarz nannte.
    »Aber woher habt ihr das Lebkuchenherz mit den Bissstellen gehabt?«, fragte Wanner verwirrt.
    »Es war das Herz, das Staub in der Bäckerei gestohlen hatte. Es lag ja noch in unserem Unterschlupf. Wir haben die Leiche davon abbeißen lassen … Damit wollten wir sagen, dass Wetzel beide umgebracht hat.«
    »Eine komplizierte Art, eine Spur zu legen«, murmelte Wanner.
    »Aber was haben denn der Ratsherr Ehrenhoff, der Gewürzhändler Wetzel und der Fabrikant Schaller miteinander zu tun, dass sie uns so viel Leid verursachen wollten?«, fragte Frau Dunkel.
    Pistoux erhob sich, setzte seine Kochmütze auf und sagte: »Das, Madame, werde ich Ihnen nach dem nächsten Gang erklären.«
    »Ach, Jacques, du weißt doch, wie sehr ich an dieser Ungewissheit leide.«
    »Die Kinder werden mir beim Servieren helfen. Es ist schon alles vorbereitet und geht sehr schnell.«
    Sie servierten knusprige Enten in Orangensauce, die von würzigem Rotkohl und karamellisierten Pommes Parisiennes begleitet wurden. Es sah so festlich aus und schmeckte so wunderbar, dass alle für einen Moment den schrecklichen Kriminalfall vergaßen. Doch kaum hatte jeder seinen letzten Bissen verzehrt, hielt es Frau Dunkel nicht mehr aus und sagte: »Ich will jetzt alles wissen. Ich ertrage es nicht länger.«
    Pistoux nickte: »Haben Sie sich nicht gewundert, dass es Wetzel war, der Ihnen vergiftete Lebkuchen unterschob?«
    »Dieser Schuft hat gemeinsame Sache mit dem Fabrikanten gemacht!«, rief der Bäcker.
    »Ganz recht. Schaller hat Wetzel angestiftet, die giftigen Herzen in der Bäckerei zu deponieren. Er hat Wetzel dafür bezahlt. Die Bäckerei Dunkel sollte in Verruf geraten, weil Schaller die geheimen Rezepte haben wollte. Aber Schaller und Wetzel waren auch noch in anderer Hinsicht auf das abscheulichste verbündet, nämlich bei der Ausbeutung von Ehrenhoff.«
    »Die Reliquien«, warf Wanner ein.
    »Ganz recht, Herr Inspektor«, sagte Pistoux. »Der Ratsherr litt an einer sehr merkwürdigen Krankheit. Er war in religiöser Hinsicht ein Fanatiker, nein, mehr als das, er war besessen. Ein rätselhafter Drang brachte ihn dazu, Schädel und Knochen von christlichen Heiligen zu sammeln. Da es davon nicht gerade viele gibt und die meisten sich in kirchlicher Obhut befinden, kam ihn diese Sammelwut sehr teuer. Und es war Wetzel, der ihm die Reliquien besorgte. Wahrscheinlich handelte es sich um Diebesgut. Womöglich stiftete Wetzel Diebe an, in Kirchen und Krypten einzubrechen und ihm die kostbaren Kochen zu besorgen. Jedenfalls war Ehrenhoff deswegen bei Wetzel hoch verschuldet. Außerdem hatte Schaller ihm schon eine Menge Geld geliehen, damit Ehrenhoff die hohen Verluste in seinem Privatvermögen ausgleichen konnte. Aber es hat alles nichts genutzt. Ehrenhoff war praktisch ruiniert. Vielleicht war er ja bei Wetzel und hat ihm gedroht, seine kriminellen Praktiken öffentlich zu machen. Vielleicht war es gar kein Unfall. Vielleicht hat Wetzel den Ratsherrn absichtlich vergiftet. Es scheint mir einiges für diese Theorie zu sprechen.«
    »Nicht ganz unlogisch, Herr Pistoux. Die Gerichtsverhandlung wird hier zweifellos Licht ins Dunkel bringen«, sagte Wanner. »Aber was ich gar nicht verstehe, ist, warum
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