Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht
Autoren: Dean Koontz
Vom Netzwerk:
ausrechnen.
    »Verpisst euch lieber rechtzeitig«, riet sie ihnen.
    »Wenn du darauf bestehst, dich mit uns anzulegen, ziehst du den Kürzeren.«
    Näher an der Kreuzung setzten sich vor ihrer Limousine die ersten Wagen in Bewegung. Ob sie in ihren Rückspiegeln sehen konnten, was sich tat, oder nicht – die Fahrer ahnten so oder so, dass die Erpressung ein Ende genommen hatte.
    Als die Wagen um sie herum anrollten, beschlossen die Jungunternehmer, es sei zwecklos, noch länger zu bleiben, wenn ihr Kundenstamm weitergezogen war. Sie stoben davon wie Pferde, die ihre Augen verdrehen und durchgehen, weil es donnert.
    Der Fensterputzer unter ihrem Fuß konnte sich nicht ganz dazu durchringen, seine Niederlage einzugestehen. »He, du Schlampe, auf deiner Dienstmarke steht Mordkommission . Du kannst mir kein Haar krümmen. Ich hab’ niemanden umgelegt.«
    »So ein Schwachkopf«, sagte sie und packte ihre Pistole weg.
    »Du kannst mich keinen Schwachkopf schimpfen. Ich hab’ studiert.«
    »Hast du nicht.«
    »Na ja, beinah .«

    Bevor dieser Wichser, wie vorherzusehen war, Anstoß an ihrer unhöflichen Beschreibung seiner geistigen Fähigkeiten nahm und drohte, sie wegen mangelnder Feinfühligkeit zu verklagen, läutete Carsons Handy.
    »Detective O’Connor«, meldete sie sich.
    Als sie hörte, wer anrief und warum, nahm sie ihren Fuß von dem Bandenführer.
    »Hau ab«, sagte sie zu ihm. »Sieh zu, dass du deinen jämmerlichen Arsch hochkriegst und abzischst.«
    »Sie buchten mich nicht ein?«
    »Du bist den Papierkram nicht wert.« Sie wandte sich ihrem Anrufer wieder zu.
    Stöhnend zog er sich auf die Füße und hielt mit einer Hand seinen Sack unter der Rapperhose umklammert wie ein Zweijähriger, der einen unbändigen Drang verspürt zu pinkeln.
    Er war einer von denen, die nichts aus ihren Erfahrungen lernen. Statt loszuhumpeln, um seine Freunde zu suchen und ihnen eine wüste Geschichte darüber aufzutischen, wie er es der Schnalle doch noch gezeigt und ihr die Zähne ausgeschlagen hatte, blieb er stehen, hielt seine Eier fest und meckerte, sie hätte ihn misshandelt, als könnte er ihr mit seinem Gejammer und seinen Drohungen Reue und Angstschweiß abringen.
    Als Carson den Anruf beendet hatte und ihr Handy wieder einsteckte, sagte der beleidigte Erpresser: »Die Sache ist nämlich die, dass ich jetzt deinen Namen weiß. Ich kann also rausfinden, wo du wohnst.«
    »Wir behindern den Verkehr«, sagte sie.
    »Demnächst komme ich nachts und mache dich so richtig schön fertig. Ich breche dir die Beine, die Arme, jeden einzelnen Finger. Hast du Gas in deiner Küche? Dann brate ich dein Gesicht auf einer Flamme.«
    »Klingt gut. Ich mach’ uns eine Flasche Wein auf und serviere
Tapas. Aber ich sage es dir gleich: Das Gesicht, das gebraten wird – in das gucke ich gerade.«
    Einschüchterung war sein liebstes Werkzeug, aber bei ihr zog das nicht.
    »Du magst doch hoffentlich Tapas?«, fragte sie.
    »Du bist so bekloppt wie eine rotäugige Ratte auf Methadon. «
    »Kann gut sein«, stimmte sie ihm zu.
    Er wich zurück.
    Sie zwinkerte ihm zu und sagte: »Ich kann rausfinden, wo du wohnst.«
    »Lass mich bloß in Ruhe.«
    »Hast du in deiner Küche Gas?«, fragte sie.
    »Komm mir bloß nicht zu nah, du durchgeknallte Votze.«
    »Ah, du schmeichelst mir ja nur, weil du mich rumkriegen willst«, sagte Carson.
    Der Idiot wagte es, ihr den Rücken zuzukehren. Er humpelte davon und musste etlichen Autos ausweichen.
    Carson fand schon etwas mehr Gefallen an dem Vormittag, als sie sich ans Steuer ihrer Limousine setzte, die Tür zuzog und losfuhr, um Michael Maddison abzuholen, ihren Partner.
    Eigentlich hätten ihnen heute den ganzen Tag lang Routineermittlungen bevorgestanden, aber all das hatte sich durch den Anruf schlagartig geändert. Im City Park war eine Tote in der Lagune gefunden worden, und nach der Leiche zu schließen, war sie nicht versehentlich bei einem Mondscheinbad ertrunken.

3
    Carson brauchte ihre Sirene und das transportable Warnlicht gar nicht anzuschalten, denn sie kam auch so gut voran, als sie auf dem Veterans Boulevard durch ein Kaleidoskop von Ladenzeilen, Tankstellen, Autohäusern, Bankfilialen und Ablegern von Fast-Food-Ketten fuhr. Später wechselten sich Reihenhaussiedlungen mit Fluchten von Wohnblocks und Eigentumswohnanlagen ab. Hier hatte Michael Maddison, dreißig und immer noch Single, eine nichts sagende Wohnung gefunden, die in jeder amerikanischen Großstadt hätte liegen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher