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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht
Autoren: Dean Koontz
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eine Messerstecherei geraten war. Sein kümmerlicher Bart deutete auf Testosteronmangel hin.
    Nachdem er Carson ein zweites Mal gemustert hatte, diesmal genauer, lächelte das Narbengesicht. »He, meine Hübsche, was hast du denn in dieser schäbigen Karre verloren? Du gehörst eigentlich in einen Mercedes.« Er hob einen der Scheibenwischer und ließ ihn wieder auf die Windschutzscheibe schnellen. »Hallo, wo bist du in Gedanken? Nicht,
dass ein langbeiniges junges Ding wie du denken können muss.«
    Eine neutrale Limousine hatte bei verdeckter Polizeiarbeit durchaus ihre Vorteile, aber früher, als sie noch einen schwarz-weißen Streifenwagen fuhr, hatte sich Carson nie mit solchem Blödsinn abgeben müssen.
    »Du brichst das Gesetz«, sagte sie zu ihm.
    »Wir haben wohl schlechte Laune heute Morgen.«
    »Die Windschutzscheibe ist sauber. Das ist Erpressung.«
    »Ich nehme zwei Dollar dafür, dass ich sie putze.«
    »Ich rate dir, auf der Stelle von dem Wagen zurückzutreten. «
    Der Junge hob seinen Lappen, um die Windschutzscheibe zu verschmieren. »Zwei Dollar fürs Saubermachen, drei Dollar dafür, dass ich sie nicht sauber mache. Die meisten feinen Pinkel, die sich zieren, wählen die zweite Möglichkeit.«
    Carson schnallte ihren Sicherheitsgurt ab. »Ich habe dich aufgefordert, einen Schritt zurückzutreten.«
    Das Narbengesicht trat aber nicht den Rückzug an, sondern beugte sich durchs Fenster, bis es dicht vor ihr war. Sein Atem war von einem morgendlichen Joint versüßt und roch gleichzeitig säuerlich nach entzündetem Zahnfleisch. »Ich will drei Kröten, deine Telefonnummer und eine höfliche Entschuldigung – vielleicht mache ich mich dann nicht an deinem hübschen Gesicht zu schaffen.«
    Carson packte den Scherzkeks am linken Ohr, drehte es so fest um, dass der Knorpel knackte, und schmetterte seinen Kopf seitlich gegen den Türrahmen. Sein Aufheulen klang weniger nach einem Wolf, eher nach einem Säugling.
    Sie ließ sein Ohr los, und als sie aus ihrem Wagen stieg, öffnete sie die Tür mit solcher Kraft, dass es die Füße unter ihm wegriss.
    Er fiel der Länge nach auf den Rücken und schlug mit dem Kopf so fest auf dem Straßenpflaster auf, dass ihm ein inneres
Planetarium Sternbilder vorführte. Sowie er flach dalag, platzierte sie einen Fuß in seinem Schritt und übte gerade so kräftig Druck aus, dass er sich krümmte, sich aber aus Furcht, sie könnte seine Eier zu Brei zerstampfen, nicht von der Stelle rührte.
    Sie hielt ihm ihr Polizeiabzeichen unter die Nase und sagte: »Meine Telefonnummer ist neun-eins-eins.«
    Zwischen den Fahrzeugen, die hier gegen ihren Willen festgehalten wurden, ruckten die Köpfe der vier Wegelagerer in die Höhe und sahen erst das Narbengesicht an, dann sie, bestürzt und wütend, aber auch belustigt. Der Typ unter ihrer Fußsohle war einer aus ihrem Viertel, und wenn einer von ihnen gedemütigt wurde, dann stellte das eine Demütigung für sie alle dar, selbst dann, wenn er ein Angeber war.
    Carson wandte sich an den Freund des Narbengesichts, der ihr am nächsten stand, und sagte: »Rück mir bloß nicht auf die Pelle, Arschgesicht, es sei denn, du willst unbedingt ein Loch in deiner blöden Fresse.«
    Der Trottel unter ihrem Fuß versuchte, seitwärts wegzukrabbeln, und daher trat sie fester auf. Tränen sprangen in seine Augen, und die Aussicht, drei Tage mit einem Eisbeutel zwischen den Beinen zu verbringen, veranlasste ihn dazu, sich lieber zu ergeben.
    Trotz ihrer Warnung kamen zwei von den vier anderen Bandenmitgliedern langsam näher.
    Fast schon mit der Fingerfertigkeit eines Taschenspielers steckte Carson ihre Dienstmarke weg und zog die Pistole aus ihrem Halfter.
    »Denkt doch mal nach, diese Heulsuse unter meinem Fuß, die hat sich bereits blamiert, aber von euch noch keiner. Da ist doch nichts drin für euch, außer zwei Jahre im Bau, wo ihr vielleicht nicht mehr heil rauskommt.«
    Sie gingen nicht auseinander, aber sie kamen auch nicht mehr näher.

    Carson wusste, dass ihre Pistole ihnen weniger Sorgen machte als der Umstand, dass sie ihre Sprache sprach. Da sie den einschlägigen Jargon kannte, nahmen sie – übrigens zu Recht – an, dass sie schon früher in solchen Situationen gewesen war und trotzdem noch aussah wie neu und sich nicht fürchtete.
    Sogar das dümmste Bandenmitglied – und die wenigsten würden bei einem Fernsehquiz einen roten Heller einsacken – konnte ihre Empfehlungsschreiben lesen und sich seine Chancen
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