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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume
Autoren: Iris Johansen
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Prolog
    »ICH HAB DIR ja gesagt, das hier ist eine erstklassige Stelle.« Corbin Dunston strahlte vor Stolz, als er die Forelle hochhielt, die er gerade geangelt hatte. »Sieh dir dieses Prachtexemplar an. Die wiegt bestimmt mehr als ein Kilo.«
    »Super.« Sophie stand lächelnd auf. »Können wir jetzt zum Restaurant gehen und was essen, Dad? Michael und Mom warten schon auf uns.«
    »Michael hätte lieber mit uns kommen sollen, anstatt in dem Restaurant rumzusitzen. Ein Junge muss an die frische Luft. Außerdem hätte ich gern ein bisschen vor ihm angegeben. Das machen Großväter nun mal gern.«
    »Nächstes Mal. Ich hab dir doch gesagt, dass er Schnupfen hat. Ich wollte nicht, dass er sich hier draußen auf dem Pier noch mehr erkältet.«
    »Es hätte ihm jedenfalls nicht geschadet. Michael ist kein Muttersöhnchen, sondern ein zäher kleiner Bengel.«
    »Er ist erst acht, Dad. Lass mich ihn noch ein bisschen verwöhnen. Und Mom freut sich auch, wenn sie mal mit ihm allein sein kann. Ihr beide werdet noch genug Gelegenheit haben, etwas ›unter Männern‹ zu unternehmen.«
    »Vielleicht hast du recht. Wenn sie sich um Michael kümmert, macht sie jedenfalls nicht den ganzen Tag Hausbesuche oder hockt in ihrer Praxis.« Er warf den Fisch in den Korb, stand auf und streckte sich. »Ja, es ist bestimmt besser so. Und zwischendurch kann sie ein bisschen mit den Kellnerinnen im Restaurant plaudern oder ein paar Anrufe erledigen, damit sie kein schlechtes Gewissen kriegt.« Er zuckte die Achseln. »Ich sag ihr immer wieder, sie soll in Rente gehen, so wie ich, aber sie meint, dann wird sie verrückt.« Er schüttelte den Kopf. »Du musst ihren Charakter geerbt haben. Es täte euch beiden gut, wenn ihr euch öfter mal entspannen und das Leben genießen würdet.«
    »Ich genieße mein Leben, Dad, aber ich hab einfach keinen Spaß am Angeln. Ich wünschte, du würdest endlich aufhören, mich dafür begeistern zu wollen. Seit ich sechs bin, schleppst du mich immer wieder zum Angeln mit.«
    »Bisher hast du dich noch nie dagegen gesträubt.« Ihr Vater klopfte ihr auf die Schulter. »Und meistens beklagst du dich noch nicht mal. Ich weiß, dass du glaubst, ich hätte mir einen Sohn gewünscht, und vielleicht hast du sogar recht damit. Aber niemand hätte mir all die Jahre ein besserer Kamerad sein können als du. Danke, Sophie.«
    Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. »Diesmal beklage ich mich. Du hast mich mitten in einem Riesenprojekt erwischt.« Sie lächelte. »Gerade du müsstest das verstehen. Wenn ich mich recht erinnere, bist du früher auch hin und wieder ziemlich im Stress gewesen.«
    »Das war einmal.« Corbin schaute auf den See hinaus. »Gott, sieh dir diesen Sonnenuntergang an. Ist der nicht herrlich?«
    »Herrlich«, stimmte Sophie zu.
    »Und, ist er es wert, dein wichtiges Projekt zu unterbrechen?«
    »Nein.« Sie lächelte. »Aber du bist es wert.«
    »Das ist ja schon mal ein Anfang.« Corbin lachte in sich hinein. »Und du hast recht. Ich bin es wert. Ich bin geistreich und klug, und ich hab das Geheimnis des Lebens entdeckt. Was könnte also dagegen sprechen, dass du deine Zeit mit mir verbringst?«
    »Überhaupt nichts«, erwiderte Sophie, während sie ihn anschaute. Seine Wangen waren von der frischen Luft gerötet, und so groß und kräftig, wie er war, hätte man ihn für wesentlich jünger als achtundsechzig halten können. Und wie glücklich und zufrieden er wirkte, dachte Sophie. Keine Spur von Anspannung oder Erschöpfung. »Deswegen hab ich ja auch alles stehen und liegen lassen und bin sofort gekommen.« Sie lächelte. »Du hast mir gefehlt. Ich wollte eigentlich letzten Monat herkommen, aber dann ist mir die Zeit davongelaufen.«
    »Das tut sie doch immer. Deswegen bin ich vor fünf Jahren aus der Tretmühle ausgestiegen. Menschen sind wichtiger als Projekte. Jeder neue Tag sollte ein neues Abenteuer sein, man darf sich nicht vom Alltagstrott auffressen lassen.« Mit einem Seufzer riss er seinen Blick von dem Sonnenuntergang los. »Deine Mutter und ich machen nächsten Monat eine Kreuzfahrt zu den Bahamas. Ich würde dich und Michael gern mitnehmen.«
    »Ich kann doch nicht –« Sie unterbrach sich, als ihre Blicke sich begegneten. Warum eigentlich nicht? Sie konnte sich ins Zeug legen und bis dahin ihren Schreibtisch leer arbeiten. Ihre Eltern wurden schließlich nicht jünger, und Corbin hatte recht. Menschen waren wichtiger als Projekte, vor allem die Menschen, die einem am
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