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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht
Autoren: Dean Koontz
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bist?«
    »Ja.«
    »Weißt du, wozu du da bist?«
    »Ja.«
    »Weißt du, wer ich bin?«
    Zum ersten Mal sah sie ihm in die Augen. »Ja.« Dann senkte sie ehrerbietig den Blick.
    »Bist du bereit zu dienen?«
    »Ja.«
    »Es wird mir Freude machen, dich zu benutzen.«
    Sie sah ihn wieder an und wandte gleich darauf demütig den Blick ab.
    »Erhebe dich«, sagte er.
    Der Tank beschrieb eine Vierteldrehung, damit sie die Beine ohne Probleme hinausschwingen und aufstehen konnte.

    »Ich habe dir dies Leben gegeben«, sagte er. »Merk dir das. Ich habe dir dies Leben gegeben, und ich entscheide, was ich damit anfangen werde.«

97
    Auf dem dunklen, vom Regen aufgeweichten Rasen stand, nicht weit von der hinteren Veranda, ein Einkaufswagen voller leerer Dosen und Glasflaschen neben dem Haus.
    Carson warf einen erstaunten Blick darauf, als sie, gefolgt von Michael, an dem Einkaufswagen vorbeilief und zu den Stufen eilte.
    Vicky Chou erwartete sie in Morgenmantel und Pantoffeln in der Küche. Sie hielt eine Fleischgabel umklammert, als hätte sie die Absicht, sie als Waffe zu benutzen.
    »Die Türen waren abgeschlossen. Das weiß ich ganz genau«, sagte sie.
    »Es ist alles in Ordnung, Vic. Ich habe dir doch schon am Telefon gesagt, dass ich ihn kenne. Er ist in Ordnung.«
    »Groß und tätowiert, wirklich riesig«, sagte Vicky zu Michael. »Ich weiß nicht, wie er ins Haus gekommen ist.«
    »Wahrscheinlich hat er das Dach abgehoben«, sagte Michael, »und sich über den Dachboden runtergeschlichen. «
    Deucalion stand in Arnies Zimmer und beobachtete den Jungen bei der Arbeit an seiner Burg. Er blickte auf, als Carson und Michael zur Tür hereinkamen.
    Arnie sprach mit sich selbst. »Befestigen. Befestigen. Befestigen und verteidigen.«
    »Ihr Bruder«, sagte Deucalion, »hat tiefe Einsichten in die wahre Natur der Wirklichkeit.«

    Carson, die verblüfft über diese Aussage war, sagte: »Er ist autistisch.«
    »Autistisch … weil er zu viel sieht, zu viel und doch nicht genug, um zu verstehen, was er sieht. Er verwechselt Vielschichtigkeit mit Chaos. Das Chaos ängstigt ihn. Er ringt darum, Ordnung in seiner Welt zu schaffen.«
    Michael nickte. »Ja. Nach allem, was ich heute Nacht gesehen habe, kostet mich das auch einige Anstrengung.«
    Carson sagte zu Deucalion: »Zweihundert Jahre … Sie und dieser Victor Frankenstein … Warum also jetzt? Warum ausgerechnet hier?«
    »In der Nacht, in der ich zum Leben erweckt worden bin … vielleicht ist mir in jener Nacht auch die Aufgabe übertragen worden, Victor zu zerstören, wenn der Moment gekommen ist.«
    »Wer hat Ihnen diesen Auftrag erteilt?«
    »Derjenige, wer auch immer es sein mag, der die natürliche Ordnung erschaffen hat, die Victor mit ungeheurem Zorn und übersteigertem Selbstwertgefühl herausfordert und in Frage stellt.«
    Deucalion nahm einen der Pennies, die er Arnie bei seinem früheren Besuch geschenkt hatte, von dem Stapel auf dem Tisch. Er schnippte ihn in die Luft, fing ihn im Flug auf, hielt ihn in seiner Faust und öffnete dann die Hand. Der Penny war verschwunden.
    »Ich besitze einen freien Willen«, sagte Deucalion. »Ich könnte mich meiner Bestimmung entziehen. Aber das werde ich nicht tun.«
    Er schnippte wieder eine Münze in die Luft.
    Carson beobachtete ihn gebannt.
    Wieder fing er sie und öffnete seine Hand. Kein Penny.
    Michael sagte: »Harker und diese … diese anderen Dinge, die Victor erschaffen hat – sie sind dämonisch. Aber was ist mit Ihnen? Haben Sie …«

    Als Michael zögerte, beendete Carson seine Frage: »Von Menschenhand geschaffen und doch … haben Sie eine Seele? Diese Blitze … haben sie Ihnen eine Seele gegeben? «
    Deucalion schloss die Hand und öffnete sie gleich darauf wieder. Die beiden verschwundenen Pennies lagen auf seiner Handfläche. »Ich weiß nur, dass ich … leide.«
    Arnie hatte die Arbeit an der Burg eingestellt. Er stand von seinem Stuhl auf, von den beiden Pennies auf Deucalions Handfläche unwiderstehlich angezogen.
    »Ich leide unter Schuldgefühlen, Gewissensbissen, Reue. Überall im Gewebe des Lebens sehe ich Geheimnisvolles … und ich glaube.«
    Er legte die Pennies in Arnies geöffnete Hand.
    »Victor war ein Mensch«, fuhr Deucalion fort, »aber er hat ein Monster aus sich gemacht. Ich war ein Monster … aber inzwischen fühle ich mich so menschlich.«
    Arnie schloss seine Hand um die Münzen und öffnete sie gleich darauf wieder.
    Carsons Atem stockte. Die Pennies waren von Arnies
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