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Das Gesicht

Das Gesicht

Titel: Das Gesicht
Autoren: Dean Koontz
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doch zu ihrer Verblüffung stellte Carson fest, dass er wieder hingefallen war. Er lag rücklings auf der Straße und wand sich wie eine Schlange mit gebrochenem Rückgrat.
    Wenn diese Wesen in Krisensituationen ihr Schmerzempfinden abstellen konnten, wie Deucalion es behauptete, dann hatte Harker diese Möglichkeit entweder vergessen,
oder es klappte diesmal nicht, weil bei ihm tatsächlich einiges im Argen lag.
    Als sie sich von der Mauer löste, sprang er wieder auf und wankte auf eine Kreuzung zu.
    Sie waren nicht mehr weit vom Wasser. Hier standen die Büros von Schiffsausrüstern und Schiffsmaklern und jede Menge Lagerhallen. Um diese Uhrzeit herrschte kein Verkehr, die Geschäfte lagen im Dunkeln, und auf den Straßen herrschte Ruhe.
    An der Kreuzung tauchte Michael in der Straße vor ihr auf.
    Als er sah, dass er zwischen Carson und Michael eingekeilt war, wandte sich Harker dem Fußweg auf der linken Seite zu, der zum Wasser führte, doch der wurde von einem dreieinhalb Meter hohen Zaun mit einem Tor versperrt, an dem ein Vorhängeschloss hing, und daher steuerte er auf den Vordereingang eines Lagerhauses zu.
    Als sich Michael mit der Schrotflinte an ihn heranarbeitete, hielt sich Carson im Hintergrund, damit er freie Schusslinie hatte.
    Vor der Tür des Lagerhauses legte Harker Tempo zu, als sähe er die Tür gar nicht.
    Michael hielt sich an die üblichen Vorschriften und rief Harker zu, er solle stehen bleiben, sich flach auf den Boden werfen und die Hände hinter den Kopf legen.
    Als Harker gegen die Tür rannte, hielt sie ihm stand, und er schrie laut auf, doch er prallte nicht von der Tür ab und fiel hin, wie es zu erwarten gewesen wäre. Er schien an der Tür zu kleben .
    Auf den Krach des Aufpralls folgten augenblicklich Harkers Wutgeheul und das Kreischen gemarterten Metalls.
    Michael rief ihn noch einmal, fünf Schritte von der Kernschussweite.
    Die Tür des Lagerhauses gab nach. Es klang wie Schüsse, als die Angeln barsten. Die Tür fiel zu Boden, und Harker
verschwand in dem Moment in der Halle, als Michael stehen blieb und die Pumpgun auf ihn anlegte.
    Carson schloss sich Michael vor dem Eingang an. »Er wird versuchen, auf der Rückseite wieder rauszukommen.«
    Wenn Harker erst einmal das Hafengebiet erreichte – die Anlegestege, die Schiffe, die Frachtabfertigung –, dann konnte er auf tausenderlei Weise untertauchen.
    Carson drückte Michael ihre Pistole in die Hand und sagte: »Du fängst ihn hinter der Halle mit beiden Pistolen ab, wenn er rauskommt. Gib mir die Flinte, und ich treibe ihn dir in die Arme.«
    Das war einleuchtend, da Michael größer und kräftiger war als sie und daher schneller über den dreieinhalb Meter hohen Zaun klettern konnte.
    Er nahm ihre Pistole und gab ihr die Schrotflinte. »Pass gut auf deinen Arsch auf. Ich fände es grässlich, wenn dem was passieren würde.«
    Die schwarze Wolkendecke barst. Es folgte der reinste Vulkanausbruch – ungestüm loderten Blitze, ertönte Donnergetöse. Endlich fiel der angestaute Regen in Mengen, die zum Archenbau inspirierten.

93
    Rechts neben der geborstenen Tür fand Carson mehrere Lichtschalter. Der Schein fiel auf einen Empfangsbereich. Graue Bodenfliesen, blassblaue Wände. Ein paar Stühle. Links und rechts niedrige Geländer, dahinter Schreibtische.
    Direkt vor ihr befand sich ein langer Empfangsschalter. Am linken Ende stand eine Pforte offen.

    Harker hätte auf der anderen Seite des Schalters kauern und sie dort erwarten können, doch sie bezweifelte, dass sie ihn dort finden würde. Sein oberstes Anliegen war nicht, sie abzuknallen, sondern zu entkommen.
    Sie lief schnell durch die Pforte und schwenkte die Pumpgun über den Bereich hinter dem Schalter. Kein Harker.
    Hinter dem Großraumbüro war eine Tür angelehnt. Carson stieß sie mit dem Lauf der Schrotflinte auf.
    Von hinten fiel genug Licht ein und ließ sie einen kurzen Korridor erkennen. Kein Harker. Menschenleer.
    Sie trat ein und schaltete das Flurlicht an. Sie lauschte, konnte aber nur den Donner und das beharrliche Prasseln des Regens auf dem Dach hören.
    Auf jeder Seite zweigte eine Tür ab. Piktogramme wiesen die Räumlichkeiten als Herren- und Damentoiletten aus.
    Harker hätte wohl jetzt kaum Halt gemacht, um zu pinkeln, sich die Hände zu waschen oder sich selbst in einem Spiegel zu bewundern.
    Carson überzeugte sich davon, dass er ganz bestimmt nicht den Wunsch hatte, sie vorzulassen, damit er sie von hinten überraschen konnte, sondern dass
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