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Das Geloebnis

Titel: Das Geloebnis
Autoren: Pearl S. Buck
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daß deine Mutter am Leben geblieben wäre!« jammerte Liu Ma. »Dann hätte sie dich mit einem Bambusstock geschlagen und ein anständiges Mädchen aus dir gemacht! Aber dein Vater war immer so weich wie Rauch. Nein, niemals trat er wie ein rechter Mann auf. Aber sie hätte dich geschlagen.«
    Inzwischen hatte Mayli die Schüssel auf den Tisch getragen, und sie tauchte nun ihre Eßstäbchen hinein. Die besten Bissen des Schweinebratens brachte sie zum Vorschein, mit brauner Fettkruste und butterweichem Fleisch.
    »Wie gut du Schweinebraten zu bereiten verstehst, wenn man bedenkt, daß es eine Speise ist, die du sonst nie machst«, sagte sie zu der Alten.
    Sie blickte Liu Ma an, und plötzlich zuckte es im Gesicht der Frau. »Du gottloses junges Ding!« rief sie lachend. »Wenn du nicht so viel größer wärst als ich, würde ich dir den Hintern versohlen. Ich bin froh, daß dieser Drachensohn, den du deinen Pflegebruder nennst, noch größer ist als du. Wenn er nach eurer Hochzeit die Geduld mit dir verliert, werde ich ihn nicht bitten, seine Hand festzuhalten. Ich werde ihm zurufen: ›Gib ihr noch einen Schlag, gib ihr noch einen Schlag für mich!‹«
    »Du alter Knochen«, entgegnete Mayli fröhlich, »woher weißt du, daß ich ihn heiraten will, wenn ich doch selber nicht weiß, ob ich will oder nicht?«
    In diesem Augenblick stand Sheng in Achtungstellung vor seinem General. Dieser General war ein Mann aus dem Südwesten, ein noch junger, kräftiger Mann, der die Truppen dieses Gebiets befehligte. Seine Geschichte war bemerkenswert: Früher war er manchmal ein Rebell gewesen, aber jetzt kämpfte er als gesetzestreuer Soldat gegen den gemeinsamen Feind. Denn in Friedenszeiten müssen die Männer für diese oder jene kleine Sache kämpfen, aber wenn, wie in diesem Fall, ein Feind von außen das Land bedrängt, dann mag kein Mann mehr für seine eigene Sache kämpfen; und so hatte dieser General alle seine Soldaten um sich versammelt, war zum Allerhöchsten gegangen und hatte sich und seine Mannen ihm für den allgemeinen Krieg zur Verfügung gestellt.
    Als er Sheng strammstehen sah, machte er eine Bewegung und sagte: »Nehmt Platz. Ich habe mit Euch zu sprechen, nicht als Euer Vorgesetzter, sondern von Mann zu Mann. Ich habe vom Allerhöchsten Befehl erhalten, daß unsere zwei besten Divisionen in Burma einmarschieren sollen. Das ist gegen meinen Willen, und ich kann dem Allerhöchsten nicht gehorchen und Euch meinen Befehl nicht geben, ohne Euch wissen zu lassen, daß ich mißbillige, was ich Euch gezwungenermaßen befehlen muß. Setzt Euch, setzt Euch!«
    Hierauf ließ Sheng sich nieder, aber er nahm seine Mütze ab, und er setzte sich nur auf die Stuhlkante, um es sich vor seinem Vorgesetzten nicht zu bequem zu machen. Auch verhielt er sich schweigend und wartete ab, um seine Hochachtung zu beweisen. Im Raum waren zwei Wachtleute, die wie Götzenbilder an der Wand standen. Zu ihnen hob der General die Augen, und sie gingen hinaus. Nun waren die beiden allein. Der General lehnte sich in seinem Holzstuhl zurück und spielte mit einem kleinen Tonbüffel, der sich auf seinem Schreibtisch befand.
    »Euer Vater ist Bauer, sagtet Ihr mir einmal«, bemerkte er zu Sheng.
    »Ich bin der Sohn von Bauernsöhnen seit tausend Jahren«, erwiderte Sheng.
    »Seid Ihr Eures Vaters einziger Sohn?« fragte der General.
    »Ich bin der Jüngste von dreien. Und alle drei leben.«
    Der General seufzte. »Dann kann ich Euch in einen verhängnisvollen Krieg senden, ohne Eures Vaters Leben abzuschneiden.«
    »Meines Vates Leben ist nicht in mir«, versetzte Sheng. »Er hat meine beiden Brüder, und sie haben Söhne.«
    »Und Ihr, seid Ihr verheiratet?«
    »Nein, und ich werde wohl schwerlich heiraten.«
    Darüber lächelte der General. »Ihr seid noch zu jung, um so zu sprechen.«
    Sheng antwortete nicht sogleich. Erst nach einer kleinen Weile sagte er: »Es ist für einen Mann, der in die Schlacht gesandt wird, eigentlich nur gut, keine Frau zu haben. Wenigstens gehe ich allein und frei.«
    »Ihr habt recht«, stimmte der General zu. Er stellte den Tonbüffel hin und nahm einen Pinsel zur Hand. »Wo steht das Haus Eures Vaters, und wie ist sein Name? Ich werde ihm selber schreiben, wenn Ihr aus dieser Schlacht nicht zurückkehrt.«
    »Ling Tan im Dorf Ling südlich der Stadt Nanking in der Provinz Kiangsu«, antwortete Sheng.
    Der General ließ den Pinsel sinken. »Aber diese Gegend hat ja der Feind besetzt«, sagte er.
    »Weiß ich
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