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Das Gelobte Land

Das Gelobte Land

Titel: Das Gelobte Land
Autoren: Einar Kárason
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Bóbó sich uns angeschlossen hatte. Er sprach und erzählte, fiel uns rücksichtslos ins Wort, war witzig und wortgewandt, und Manni lachte;
trotzdem war mir nicht wohl dabei, Bóbó so zu hören, so fröhlich war er nie, auch jetzt nicht; irgendein anderer Ton schwang darunter mit. Manchmal lachte ich und sah ihm in die Augen, und dann fühlte ich ihr Stechen; besonders gelang es ihm, sich über Manni lustig zu machen, schnell und nur in Andeutungen Dinge zu sagen, die ihn in seinem Innersten trafen, aber Manni überhörte sie absichtlich, lachte nur mit rotem Gesicht und schüttelte den Kopf.
    Bóbó sprach für uns, wo wir hinkamen, der größte und bestangezogene von uns und derjenige, der die Sprache beherrschte wie ein eingeborener Ami. Und es waren seine Geschichten, die alles beherrschten. Er saß zwischen uns in der hintersten Reihe im Bus, machte sich breit und erzählte Geschichten von der Familie, diesem Pack, von dem er die Nase gestrichen voll hätte. – Oma Gógó, das ist vielleicht eine komische Alte, Mann. Weißt du noch, Mundi, wie komisch das war, eine Oma im Ausland zu haben? Oder:
    – Früher galt es mal als schrecklich fein, eine Oma im Ausland zu haben, im Himmelreich dort im Westen, wo die Kartons mit Kaugummi herkamen. Und ich kann mich noch erinnern, wie ich mit fünfzehn oder so mit der Snookermannschaft nach Dänemark fahren durfte, das war mehr oder weniger die Jugendnationalmannschaft …
    – Ich kann mich daran erinnern, warf ich ein, – Mama ließ mich auf dem Wechsel für die Fahrkarte unterschreiben, der dann später platzte …
    – Jaja, sagte Bóbó ungeduldig, scheißegal! Damals wohnte Oma in Kopenhagen, und das traf sich ganz toll, fand jeder, denn da konnte man sich Unterkunft und Verpflegung für mich sparen, indem man mich bei Oma unterbrachte. Mama rief an, und Oma meinte, das sei doch nun ganz selbstverständlich. Der Bóbó! Der kann hier bei mir bleiben, solange er will;
aber ja doch, meine Liebe! Trotzdem konnte sie mich nicht vom Flughafen abholen, sie müsse in die Arbeit; aber ich lass einfach offen, und dann kann der Junge einfach reinkommen und sich ganz wie zu Hause fühlen!
    Ich erinnere mich, dass es furchtbar sonnig und heiß war in Kastrup, aber windig. Das erste Mal im Ausland. – Du hast vielleicht ein Glück, hier eine Oma zu haben, sagten die Leute; die meisten anderen Jungen mussten bei Fremden im Haus übernachten, wo sie gegen einen Unkostenbeitrag wohnen durften, die Gruppenleiter waren in einem Hotel untergebracht. Vom Flughafen aus wurden wir mit Taxis über die Stadt verteilt. Ich war der erste aus meinem Auto, Oma wohnte draußen in Amager. Und da war auch die richtige Straße, die Holmbladsgade, verwahrlost und heruntergekommen: Kneipen überall und besoffene Männer auf der Straße, ein paar Kolonialwarenhändler der alten Schule, mit Konservendosen auf dem Regal hinter dem Tresen und vergammeltem Obst in Pappkartons auf dem Bürgersteig. – Mein lieber Bóbó, sagten die Betreuer, – bist du sicher, dass du allein zurechtkommst? – Das ist das Haus, sagte ich und zeigte unsicher auf einen großen, braunen Backsteinblock, und dann war das Auto verschwunden.
    Was für ein Treppenaufgang! Ich war in großem Zweifel, ob es nicht zu gefährlich wäre, diese alten, verrotteten Stufen hinaufzugehen. Die Wände tropfnass vor Feuchtigkeit.
    Dritter Stock, war mir gesagt worden. Schilder auf beiden Türen, aber nicht mit Omas Namen. Ich klopfe trotzdem an der einen, aber höre nichts außer Hundegebell. Versuche zu öffnen, und der Hund dreht fast durch. Abgeschlossen.
    Eine ängstliche alte Frau erscheint in der anderen Tür. Ich versuche zu fragen, in gebrochenem Dänisch, aber die Alte schüttelt nur den Kopf und antwortet irgendwas, das ich nicht verstehe. Am Ende zeigt sie nach oben. Die Treppe hinauf. Er
dette ikke tredje højde? – Ist das nicht der dritte Stock?, presse ich heraus. Und wieder schüttelt die Alte den Kopf, zeigt weiter nach oben. Ich steige mit meiner Reisetasche in den vierten Stock.
    Dort wohnte Oma. Herbor Gógó og Rasmus. Ich hatte keine Ahnung, was für Leute das waren, Herbor und Rasmus, aber selten habe ich mich mehr gefreut, den Namen meiner Oma zu lesen. Klopfe an und drücke die quietschende Tür auf und befinde mich in einem Vorraum mit drei Türen. Der Herr segne dieses Heim, mit der Giebelfront eines isländischen Bauernhauses auf der Wand mir gegenüber. Dem konnte ich nur zustimmen.
    Ein Mann von
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