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Das Geiseldrama

Das Geiseldrama

Titel: Das Geiseldrama
Autoren: Stefan Wolf
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seinen Schoko-Brei. „Daß die mit Terroristen unter
einer Decke steckt — nee, nie und nimmer.“
    „Unmöglich!“ bekräftigte Karl.
    Tarzan nickte. „Deshalb würde
ich gern mal mit ihr reden. Über diese belämmerte Schose (verdeutscht von
Chose = Sache) mit ihrem Bruder. Vielleicht ist ihr was aufgefallen. Ich
meine, ohne daß sie es bewußt bemerkt hat. Zum Beispiel, daß der Erwin den
Dikal traf, sie aber dem Treffen keine Bedeutung beigemessen hat. Weil sie ja
nicht weiß, daß der Molch Sympathisant ist. Für uns aber wäre es ein Mosaiksteinchen
mehr im Terroristen-Puzzle.“
    „Is ‘n Gedanke!“ Karl nickte
heftig. „Über Gaby kommen wir ran an die Roland. Gaby hat jetzt
Step-Tanz-Kurs.“
    „Das wäre auch was für mich“,
sagte Klößchen.
    Er stand auf und begann zu
steppen, führte jedenfalls Bewegungen aus, die er für Step-Tanz hielt.
    Entgeistert sah Tarzan ihm zu.
„Was ist los? Hast du Ameisen in der Unterhose?“
    „Er steppt“, unterdrücktes
Gelächter hätte Karl fast zerrissen. „Toll, Willi! Eines Tages wirst du
Solotänzer im Nilpferdgehege.“
    „Ihr habt ja keine Ahnung“,
erklärte Klößchen gekränkt.
    Er drehte noch eine Pirouette (wirbelnde
Drehung um die eigene Achse), wobei er fast aus dem Schuh kippte, und sank
dann erschöpft auf die Bank.
    Kies knirschte. Gaby näherte
sich. Sie hatte ein großes Kuvert in der Hand und machte ein besorgtes Gesicht.
    „Willi, wenn dich eine Wespe
verfolgt“, riet sie ernsthaft, „darfst du nicht um dich schlagen. Das macht sie
noch wilder. Ruhig mußt du dich verhalten.“
    „Ihn hat keine Wespe verfolgt“,
feixte Karl. „Ihn hat der Hafer gestochen. Das war Step-Tanz à la Willi
Sauerlich.“
    „Ach so!“ Gaby lächelte mit
weißen Zähnen. „Tröste dich, Willi? Jeder fängt mal an. Später geht das dann
so.“
    Sie zeigte es. Und das sah
hinreißend aus: elegant, geschmeidig, rhythmisch.
    Egal, was sie macht, dachte
Tarzan. Alles macht sie mit Anmut: schwimmen, tanzen, gehen, radfahren, das
Pausebrot essen, den Pony wegpusten, sich rekeln. Sogar wenn sie müde ist und
das Gesicht mit den Händen stützt — alles geschieht mit Grazie. Sowas ist eben
angeboren. Klößchen bleibt immer das Nilpferd.
    Als Gaby inne hielt, klatschten
die Jungen begeistert. Mit einem ironischen ( spöttischen) Knicks
bedankte sie sich. Dann schwenkte sie den Umschlag.
    „Das soll ich Elly Roland
bringen, hat Ute Hollmeier mich gebeten. Sind Manuskriptseiten. Die beiden
wollen nämlich gemeinsam ein Buch herausbringen, über spielerisches Turnen für
Kinder im Vorschulalter. Finde ich gut. Das wäre dann was für dich, Tarzan. Es
sei denn, die spielerischen Turnübungen überfordern dich.“
    „Tun sie bestimmt!“ krähte
Klößchen, damit auch Tarzan sein Fett kriegte.
    Der lächelte breit aus der Höhe
seiner sportlichen Begabung herab, war er doch als Judo-Künstler, Sprinter,
Volleyball-As und Rennrad-Champion (Gewinner einer Meisterschaft) nicht
nur an dieser Schule bekannt.
    „Wann gehst du zu Elly Roland?“
erkundigte er sich.
    „Gleich. Ich fahre los.“
    Er stand auf „Ich komme mit.
Und ihr?“
    Das galt Karl und Klößchen.
    „Bei dem Interview (Befragung) bin ich natürlich dabei“, sagte Karl.
    Klößchen sah auf die
Armbanduhr. „Wenn wir jetzt zur Stadt fahren, versäumen wir das Mittagessen“,
begann er zu jammern. „Himmel, A. und Wolkenbruch! Immer dieser Zwiespalt, in
den ihr mich stürzt. Klar, interessiert es mich, ob der Molch den Erwin Roland
kennt. Andererseits ist das Mittagessen für meinen leiblichen Wohlstand von
entscheidender Bedeutung. Ich brauche kräftige Nahrung, wo ich mich doch mit
dem Gedanken trage, Step-Tänzer zu werden. Na, gut! Ich komme mit. Aber erst
hole ich noch eine Tafel Schokolade.“
    Gaby pumpte die Backen auf, als
spiele sie Posaunenengel. Kräftig blies sie gegen ihren Pony, der aufwärts
flatterte wie Goldgespinnst.
    „Wovon redet ihr eigentlich?“
erkundigte sie sich. „Interview? Ob der Molch den Erwin kennt? Was heißt das?“
     
    *
     
    Als der Terrorist Heinz
Schorbach am Hauptbahnhof vorbeifuhr, standen dort drei Polizisten.
    Er gab Gas, überschritt aber 50
km/h nicht, zog den Kopf ein, klappte die Sonnenblende runter und ließ den
Bahnhof hinter sich.
    Der Anblick von Ordnungshütern
machte ihm Magenkrämpfe. Sicherlich: Perücke und Sonnenbrille tarnten ihn. Aber
eine Garantie, unbemerkt zu bleiben, war das nicht. Es gibt ja auch Polizisten
mit
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