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Das Geheimnis des Viscounts

Titel: Das Geheimnis des Viscounts
Autoren: Elizabeth Hoyt
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schüttelte einen Wassertropfen vom großen Zeh.
    „Haben Sie meinen Brief an Miss Fleming schicken lassen?" Er hatte ihr eine höfliche Nachricht geschrieben, in der er sie wissen ließ, dass er in drei Tagen ihren Bruder aufsuchen werde, so sie bis dahin keinen Gesinnungswandel erkennen lasse.
    „Jawohl, Mylord."
    „Gut. Sehr gut. Ich glaube, aus dieser Verlobung könnte etwas werden. Das sagt mir mein Gefühl."
    „Ihr Gefühl, Mylord?"
    „Ja, Pynch", erwiderte Jasper und griff nach einer langstieligen Bürste, mit der er sich müßig am Zeh kitzelte. „So wie vor zwei Wochen, als ich eine halbe Guinee auf diese langhalsige Fuchsstute gesetzt habe."
    Pynch räusperte sich. „Wenn ich mich recht erinnere, hat sie gelahmt."
    „Hat sie?" Jasper winkte ab. „Und wenn schon. Man sollte Frauen ohnehin nicht mit Pferden vergleichen. Was ich damit sagen wollte, war, dass wir bereits drei Stunden verlobt sind und Miss Fleming mich bislang noch nicht versetzt hat. Geben Sie zu, dass Sie beeindruckt sind."
    „Ein gutes Zeichen, Mylord, gewiss. Aber dürfte ich darauf hinweisen, dass Miss Templeton bis zum Tag ihrer Hochzeit gewartet hat, um das Verlöbnis zu lösen?"
    „Schon, aber in diesem Fall war es Miss Fleming selbst, die den Vorschlag gemacht hat, mich zu heiraten.”
    „Was Sie nicht sagen, Mylord."
    Jasper ließ davon ab, seinen Fuß zu schrubben. „Aber das bleibt unter uns, verstanden?"
    „Gewiss, Mylord", kam es tonlos zurück.
    Verdammt, dachte Jasper und ließ die Bürste sinken. Er hatte Pynch gekränkt. „Wir wollen die Gefühle der guten Dame doch nicht mit Füßen treten — selbst wenn sie sich mir heute praktisch zu Füßen geworfen hat."
    „Sie hat sich Ihnen zu Füßen geworfen, Mylord?"
    „Bildlich gesprochen." Jasper gestikulierte mit der Bürste und bespritzte einen nahen Stuhl mit Badewasser. „Sie schien zu glauben, dass ich unbedingt heiraten wolle und ihr Angebot mit Handkuss annähme."
    Pynch gestattete sich, eine Braue zu heben. „Und Sie haben die Dame keines Besseren belehrt?"
    „Pynch, Pynch", tadelte Jasper, „habe ich Ihnen denn nicht schon hundertmal gesagt, dass man einer Dame niemals widersprechen sollte? Das schickt sich nicht für einen Gentleman und Zeitverschwendung ist es zudem. Frauen glauben sowieso nur das, was sie glauben wollen." Jasper rieb sich die Nase am Bürstenstiel. „Außerdem — irgendwann werde ich heiraten müssen. Mich dem Joch der Ehe beugen und Nachkommen zeugen, wie meine werten Ahnen es getan haben. Wozu die leidige Pflicht noch länger aufschieben? Ein Sohn oder auch zwei — vorzugsweise mit zumindest ein bisschen Verstand — müssen in die Welt gesetzt werden, um den alten, angestaubten Namen der Vales weiterzutragen. Miss Flemings Angebot spart mir Zeit und Mühen, abermals irgendein junges Ding zu umwerben."
    „Ah ja. Verstehe ich recht, dass Ihrer Ansicht nach die eine junge Dame ihren Zweck ebenso erfüllt wie die andere, Mylord?"
    „Genau", erwiderte Jasper und besann sich sogleich. „Nein, natürlich nicht. Verdammt, Pynch, verschonen Sie mich mit Ihren Spitzfindigkeiten. Tatsächlich hat sie etwas an sich ... Ich kann es schlecht beschreiben. Sie ist nicht unbedingt die Dame, auf die meine Wahl gefallen wäre, aber als sie so mutig und entschlossen dastand und mich mit so unerbittlicher Miene angeschaut hat, als hätte ich mich vor ihr vergessen ... Nun, ich muss gestehen, dass ich recht bezaubert von ihr war. Glaube ich zumindest. Oder aber der Whiskey von letzter Nacht hat mir noch die Sinne umnebelt."
    „Gewiss, Mylord", murmelte Pynch.
    „Wie auch immer. Was ich eigentlich sagen wollte, war, dass ich hoffe, mit dieser Verlobung endlich sicher in den Hafen der Ehe einzulaufen. Sonst dürfte mir bald der Ruch eines faulen Eies vorauseilen."
    „Allerdings, Mylord."
    Jasper hob den Blick zur Decke. „Pynch, Sie sollten mir nicht auch noch zustimmen, wenn ich mich mit einem faulen Ei vergleiche."
    „Natürlich nicht, Mylord."
    „Danke."
    „Keine Ursache, Mylord."
    „Bleibt nur zu hoffen, dass Miss Fleming in den kommenden Wochen nicht die Bekanntschaft armer Landpfarrer macht, insbesondere solcher mit buttergelbem Haar."
    „Ganz recht, Mylord."
    „Wissen Sie was, Pynch? Ich glaube, ich bin in meinem ganzen Leben noch keinem Pfarrer begegnet, der mir sympathisch gewesen wäre."
    „Nein, Mylord?"
    „Wenn ich es mir recht überlege, hatten sie alle ein fliehendes Kinn", sann Jasper nach und strich sich über sein
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