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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers
Autoren: Marcia Muller
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Angst
erleichterte mich.
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die
Lippen. »Ich...«
    »Hören Sie«, sagte ich beruhigend, »ich
werde Ihnen bestimmt keine Schwierigkeiten machen. Ich will nur wissen, warum
Sie mir nachgefahren sind.«
    »Ich... Ich habe Sie gesehen, wie Sie
aus dem Haus von Abe Snelling gekommen sind.«
    »Und?«
    »Und da bin ich Ihnen nachgefahren.«
    »Fahren Sie allen seinen Besuchern
nach?«
    »Ich... Nein, natürlich nicht.« Sie
nahm die Hand aus der Tasche und legte sie über die andere, hielt damit den
Schultergurt noch fester.
    »Warum dann ausgerechnet mir?«
    »Ich dachte, Sie hätten Jane besucht.«
    »Jane Anthony?«
    Sie nickte.
    »Warum — was ist mit Jane?«
    »Sie ist meine Freundin. Ich konnte sie
nicht erreichen. Sie war mit mir in dieser Woche zum Essen verabredet, und ich
habe immer wieder angerufen, aber Snelling sagt nur, daß sie nicht da ist.«
    »Und warum beobachten Sie dann das
Haus?«
    »Das war heute das erste Mal, daß ich
so etwas getan habe. Ich wollte eigentlich mit Abe Snelling reden, als ich Sie
herauskommen sah.« Sie senkte den Blick. »Ich habe Angst.«
    »Wovor?«
    Sie schwieg.
    »Wie heißen Sie?« fragte ich.
    »Schaff. Liz Schaff.«
    Es war keiner der Namen auf der Liste
von Janes Freunden, die mir Snelling gegeben hatte. »Okay, Liz, ich bin Sharon
McCone. Wovor haben Sie Angst?«
    »Ich...« Sie blickte auf. »Können wir
irgendwo hingehen und miteinander reden?«
    »Klar.« Ich wollte sie nicht mit in
meine Wohnung nehmen, daher sagte ich: »Gehen wir doch zu Ellen T, das ist die
Bar an der Ecke. Trinken wir einen Schluck, und Sie können mir alles erzählen.«
    Sie nickte, und wir gingen die Treppe
hinunter und ein Stück die Guerrero Street entlang bis zu meiner Stammkneipe.
    Es war Montagabend, daher waren nur
wenige Stammkunden da, und die Bar war auch sonst recht schwach besucht. Ich
winkte einem Mann aus meinem Haus zu, der Holzskulpturen anfertigte, und
begrüßte den Besitzer der neuen Eisdiele auf der gegenüberliegenden
Straßenseite. Die Eisdiele war das jüngste einer regelrechten Flut von
Geschäften, die die einfache freundliche Atmosphäre dieser Arbeitergegend zu
verändern drohten. ›Ellen T‹ dagegen war eine Institution, die sich hoffentlich
nie wandeln würde — und ich war auch ziemlich sicher, daß die Kneipe so bleiben
würde, wie sie war, so lange Ellen und Stanley Totelli sie führten und die
Gäste mit gutem Essen, guten Drinks und gelegentlich auch mit guten Ratschlägen
versorgten.
    Ich fragte Liz Schaff, was sie trinken
wolle, und als Stanley endlich von seinem unvermeidlichen Kreuzworträtsel
aufschaute, bestellte ich zwei Glas Weißwein.
    »Jetzt, wo es Herbst wird, bekommt Ihnen
der Rote besser«, meinte Stanley. Sein guter Rat erfolgte manchmal auch
unerwünscht.
    »Weißwein«, wiederholte ich
entschlossen.
    Er zuckte mit den Schultern und
schenkte die zwei Gläser ein. Als ich bezahlte, wollte Liz mir einen Dollar
geben, aber ich schob ihn zur Seite. »Keine Sorge, ich habe ein Spesenkonto.«
    Stanley verdrehte die Augen in Richtung
Decke. Er glaubte mir kein Wort. Als ich Liz in das Nebenzimmer führte, wo die
alten Männer der Gegend Domino spielten, fragte ich mich, warum mir diejenigen,
die mich besser kannten, keine solchen extravaganten Dinge wie Spesenkonto,
Erster-Klasse-Flugticket und schicke Kleider zutrauten. Aber als ich mir meiner
Jeans und der alten Wildlederjacke bewußt wurde, hatte ich die Antwort.
    Auch im Nebenzimmer war es ruhig wie
fast immer am Montag. Vier Männer saßen an den Dominotischen, und zwei junge
Latinos stocherten gelangweilt die Kugeln auf dem grünen Filz des
Poolbillardtischs hin und her. Liz und ich setzten uns in die entlegenste Ecke,
und ich trank erst einen Schluck Wein, bevor ich zu sprechen begann.
    »Und nun erzählen Sie mir«, forderte
ich sie dann auf, »wovor haben Sie Angst und warum beobachten Sie das Haus von
Abe Snelling?«
    Liz strich sich mit der Hand über ihr
glattes blondes Haar und spielte dann unschlüssig mit einem ihrer goldenen
Ohrringe. »Ja, also - Jane ist verschwunden.«
    Doch das war mir ja nichts Neues.
»Und?«
    »Und...« Sie wartete, schaute mich an,
dann schien sie einen Entschluß gefaßt zu haben. »Und ich fürchte, Abe Snelling
hat ihr etwas angetan.«
    »Etwas angetan? Wie meinen Sie das?«
    »Er hat sie entweder verletzt oder sie
eingesperrt, oder...«
    »Ja?«
    »Oder er hat sie umgebracht.«
    »Sie umgebracht? Kennen Sie
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