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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers
Autoren: Marcia Muller
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lebt
ihre Mutter noch in Salmon Bay.«
    »Sie kommen nicht gut miteinander aus.
Ich glaube kaum, daß sie nach Hause zurückgekehrt ist.«
    Ich dachte drüber nach, ob Jane
Snelling nicht vielleicht aus irgendeinem Grunde loswerden wollte und ihre
Mutter gebeten hatte, sie am Telephon zu verleugnen. Aber wenn Mutter und
Tochter nicht gut miteinander auskamen... »Sind Sie sicher, daß die zwei kein
gutes Verhältnis miteinander haben?«
    Liz zögerte. »Ganz sicher. Mrs. Anthony
ist nie einverstanden mit dem, was Jane tut.«
    »Und warum nicht?«
    »Sie ist eben so.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Salmon Bay ist ein reichlich
provinzielles Nest. Eigentlich ein Fischernest, aber dann wurde die
Fischindustrie automatisiert, und daran sind die meisten Fischereibetriebe
kaputtgegangen. Die Menschen in Salmon Bay kommen gerade noch so über die
Runden. Sie sitzen auf ihrem Fleckchen Land, flicken ihre Netze und träumen von
der guten alten Zeit. Und jeder, der in die wirkliche Welt geht, ist suspekt.«
Die Bitterkeit in ihrer Stimme nahm von Wort zu Wort zu.
    »Mit ›jeder‹ meinen Sie Jane?«
    »Ja.« Sie trank ihr Glas aus. »Jane und
mich.«
    Liz Schaff hatte mir nicht mehr
konkrete Fakten vermittelt als Snelling, aber ihre kurze, vorwurfsvolle
Beschreibung der Menschen von Salmon Bay hatte das Photo, das in meiner Tasche
steckte, irgendwie mit Leben erfüllt. Ich trank ebenfalls mein Glas aus und zog
meine Jacke an.
    »Habe ich Ihnen helfen können?« fragte
Liz.
    »Ja. Danke.«
    »Und — sagen Sie es mir, wenn Sie etwas
herausgefunden haben?«
    »Sicher.« Ich gab ihr eine meiner
Geschäftskarten. »Die erste Nummer ist die der Firma, für die ich arbeite — All-Souls-Rechtshilfe
— , die zweite ist die meines telephonischen Auftragsdienstes. Rufen Sie mich
an, wenn Ihnen noch etwas dazu einfällt.«
    Liz kritzelte eine Nummer auf die
Rückseite eines Zettels, der wie eine Einkaufsliste aussah. »Und Sie können
mich unter dieser Nummer erreichen. Bitte, rufen Sie mich an, wenn Sie etwas
über Jane erfahren haben.«
    Ich sagte ihr, sie solle sich keine
Sorgen machen, und wir verließen gemeinsam die Kneipe. Liz ging zu ihrem Wagen,
und ich ging nach Hause, um für die Fahrt nach Salmon Bay zu packen.
     
     
     

Kapitel
3
     
    Ich war mit mir nicht im reinen, ob
mein Apartment tatsächlich unordentlich war, oder ob es mir nur so vorkam im
Kontrast zu Jane Anthonys peinlich aufgeräumtem Zimmer. Sicher, bei mir stand
ungespültes Geschirr in der Spüle, und die Tagesdecke lag achtlos hingeworfen
auf dem Bett, aber deshalb war ich doch noch lange keine Schlampe, oder? Als
ich das Wohn-Schlafzimmer betrat, strich Watney, mein Kater, an meinen Beinen
entlang und schnurrte, als wolle er mich besänftigen. Ich bückte mich, kraulte ihn,
hockte mich dann im Schneidersitz auf das Bett und warf einen Blick auf die
Zeitung, deren Anzeigenteil noch vom Vortag aufgeschlagen war.
    Die Wohnungsangebote standen unter der
Rubrik Wohnungen zu vermieten — San
Francisco, und ich hatte einige der Annoncen mit einem Rotstift
angekreuzt. Bedauerlicherweise mußte ich die meisten als vergeben oder aus
anderen Gründen streichen. Als ich mich entschlossen hatte, eine neue Wohnung
zu suchen, hatte ich noch nicht geahnt, wie wenig erschwingliche und angemessene
Wohnungen in dieser Stadt angeboten wurden.
    Aber ich hatte dennoch den Entschluß
gefaßt, früher oder später hier auszuziehen. Im vergangenen Jahr hatten sich in
diesem Haus zwei Mordfälle ereignet — und ich war in beide verwickelt worden — ,
dazu die gesamte Atmosphäre in der Nachbarschaft wegen der ansteigenden
Kriminalität in dem Viertel. Wenn ich ehrlich zu mir war, mußte ich mir
eingestehen, daß mich in diesen Tagen das Nachhausekommen deprimierte. Und
außerdem war die Wohnung einfach zu klein; die Farbe von Wänden und Decke
blätterte ab, die veraltete Klimaanlage, die vom Kompressor im Keller aus
betrieben wurde, war zu schwach und kühlte nicht ausreichend, und auch der ›kleine
Garten‹ aus Plastikblumen in der Eingangshalle amüsierte mich nicht mehr. Es
war Zeit, wegzuziehen.
    Oder doch nicht?
    Denn ich lebte seit Jahren hier. Ich
hatte mich eingewöhnt.
    Hatte ich mich wirklich eingewöhnt?
    Und war ich in der Tat bereit, in einer
anderen Gegend sechshundert Dollar für ein Ein-Zimmer-Apartment zu bezahlen?
    Ich brach die Überlegungen ab. Es eilte
ja nicht; ich konnte mir Zeit lassen und suchen, bis ich das Richtige gefunden
hatte. Die Wohnungen,
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