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Das Geheimnis des toten Fischers

Das Geheimnis des toten Fischers

Titel: Das Geheimnis des toten Fischers
Autoren: Marcia Muller
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Snelling
persönlich?«
    Sie schaute mich erschreckt an. »Nein.«
    »Er ist ein bekannter und geschätzter
Photograph.«
    »Jane hat mir nur seinen Namen genannt.
Und von Photographie weiß ich nichts.«
    »Glauben Sie mir, Ihr Verdacht paßt
einfach nicht zu seinem Ruf, seiner Stellung im öffentlichen Leben. Warum,
glauben Sie, hätte er Ihre Freundin umbringen sollen?«
    »Sie ist verschwunden. Etwas muß
passiert sein mit ihr.«
    »Es kann auch durchaus harmlos sein.
Vielleicht war ihr plötzlich alles zuwider, und sie ist irgendwo hingefahren,
um eine Weile allein zu sein. Vielleicht auch in Begleitung eines Freundes.
Oder sie hat sich entschlossen, einmal für eine Weile zu verschwinden; manche
Leute haben das Bedürfnis, von Zeit zu Zeit einfach unterzutauchen.«
    »Aber Jane nicht.«
    »Man weiß nie, wozu jemand fähig ist,
bis er es getan hat.«
    Liz schüttelte entschieden den Kopf.
    »Ich nehme an, Sie sind mit Jane gut
befreundet?« fragte ich.
    Liz ging nicht auf die Frage ein.
»Snelling hat Ihnen bestimmt etwas über Jane erzählt. Was?«
    Ich zögerte. Aber Snelling hatte mich
nicht gebeten, die Untersuchung geheimzuhalten. »Daß sie verschwunden ist.«
    »Sind Sie mit Snelling befreundet? Hat
er es Ihnen deshalb gesagt?«
    »Ich bin Privatdetektiv. Snelling hat
mich engagiert, damit ich Jane finde.«
    »Ach.« Liz griff nach ihrem Weinglas.
Ihre Hand zitterte leicht, als sie es an die Lippen führte. Sie stellte es
danach wieder sorgfältig in die Vertiefung, die das Glas auf der
Papierserviette hinterlassen hatte. Dabei mußte ich an Jane Anthonys pedantisch
ordentliches Zimmer denken. »Dann macht er sich also auch Sorgen um sie.«
    »Große Sorgen sogar. Sie sehen, Ihre
Befürchtung ist grundlos. Mörderpflegen in der Regel keine Privatdetektive zu
engagieren, damit diese ihre Opfer finden, oder?«
    Sie lächelte. »Nein, nicht im
wirklichen Leben.«
    »Das stimmt.« Ich trank einen Schluck
Wein. »Wenn Sie mir helfen wollen, Ihre Freundin zu finden, dann sollten Sie
mir sagen, was Sie über sie wissen.«
    »Was denn?«
    »Fangen wir ganz vorne an — wie haben
Sie Jane kennengelernt?«
    »Wir stammen aus demselben Ort, aus
Salmon Bay in der Nähe von Port San Marco. Ich bin vier Jahre älter als Jane,
aber wir kennen uns schon seit unserer Kindheit. In Salmon Bay kennt jeder
jeden. Und wir haben beide beim ›The Tidepools‹ gearbeitet.«
    »Was ist das?«
    »Ein Hospiz, eine Anstalt, in der man
sich um unheilbare Kranke kümmert. Ich bin staatlich geprüfte Krankenschwester
mit einem Diplom der Universität in Los Angeles. Jane ist Sozialarbeiterin.«
    »Wo ist das Heim?«
    »In Salmon Bay, etwas nördlich vom Ort
gelegen. Ein großes Gebäude hoch über dem Strand. Es ist sehr schön dort, mit
vielen Zypressen- und Eukalyptushainen. Man würde es nicht glauben, wenn man es
sieht, daß die Menschen dort hingehen, um zu sterben.«
    »Und Sie und Jane haben dort
gearbeitet.«
    »Über fünf Jahre.«
    »Das muß ziemlich deprimierend gewesen
sein.«
    Liz schaute mich überrascht an. »O
nein, das war es gar nicht. Die Philosophie des Hospizes besteht darin, die
Menschen ohne Angst und in Würde sterben zu lassen. Im ›The Tidepools‹ leben
die Patienten die Zeit, die ihnen noch zur Verfügung steht, voll aus, und es
gelingt ihnen sogar, glücklich zu sein. Das kann einem manche Anregung für das
eigene Leben geben.«
    »Wann sind Sie dort weggegangen?«
    »Vor einem Jahr. Es hat ein paar
Unstimmigkeiten gegeben, und dann habe ich ein gutes Angebot vom General
Hospital in San Francisco bekommen.«
    »Unstimmigkeiten?«
    Sie schüttelte den Kopf und hielt den
Blick gesenkt.
    Ich ging vorläufig nicht näher darauf
ein. »Und Jane? Hat sie zur gleichen Zeit das Hospiz verlassen?«
    »Nein, erst vor ungefähr acht Monaten.
Sie kam hierher, ohne eine neue Stellung zu haben, und hoffte, sie würde etwas
finden, aber mit Stellen für Sozialarbeiter sieht es hier ziemlich schlecht
aus. Es ist ihr gar nicht gut ergangen, bis Abe Snelling sie bei sich
aufgenommen hat. Ich hätte sie gern etwas unterstützt, aber Jane ist viel zu
stolz, um Geld anzunehmen.
    Aber nicht zu stolz, um kostenlos bei
Abe Snelling zu wohnen, dachte ich im stillen. »Können Sie sich vorstellen,
wohin Jane gegangen sein könnte?« fragte ich. »Zu einer Freundin? Zu einem
Freund?«
    »Nein.« Sie blickte auf und schaute
mich mit großen Augen an. »Deshalb mache ich mir ja solche Sorgen.«
    »Und nach Hause? Meines Wissens
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