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Die Stunde Der Woelfe

Die Stunde Der Woelfe

Titel: Die Stunde Der Woelfe
Autoren: Carrie Vaughn
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Eins
    Ich warf meinen Rucksack in eine Ecke des Aufnahmestudios und klatschte Rodney ab, der auf dem Weg nach draußen war.
    Â»Hey, Kitty, noch mal danke, dass du die Schicht um Mitternacht übernommen hast«, sagte er. Er hatte gerade eben eine Grungeband der dritten Generation aufgelegt, bei der sich mir die Nackenhaare aufstellten, aber ich lächelte trotzdem.
    Â»Gern geschehen.«
    Â»Ist mir aufgefallen. Früher hast du die Spätschicht gar nicht gemocht.«
    Er hatte recht. In den letzten Monaten war ich zu einem regelrechten Nachtmenschen geworden. Ich zuckte mit den Schultern. »Die Dinge ändern sich eben.«
    Â»Na dann, mach’s gut.«
    Endlich hatte ich das Studio ganz für mich allein. Ich dämpfte das Licht, sodass das Mischpult leuchtete und die Regulierer und Schalter futuristisch und unheilvoll wirkten. Meine blonden Haare band ich zu einem Pferdeschwanz. Ich trug Jeans und ein viel zu großes Sweatshirt, das schon zu häufig in der Wäsche gewesen war. Einer der Vorteile an der Spätschicht im Radiosender war, dass ich für niemanden gut aussehen musste.

    Ich setzte mir den Kopfhörer auf und lehnte mich in dem Sessel mit den quietschenden Rollen und dem zerschlissenen Polster zurück. So schnell wie möglich spielte ich meine Musik. Bauhaus und dann gleich die Pogues. Das würde sie wach rütteln. Als DJ war man Gott. Ich beherrschte den Äther. Ein DJ bei einem alternativen nichtkommerziellen Radiosender zu sein? Das bedeutete, Gott mit einer Mission zu sein. Man glaubte, man habe The Clash als Erster entdeckt und müsse nun den Rest der Welt bekehren.
    Mittlerweile waren meine Illusionen, was die wahre Macht eines Radio-DJs s betraf, mehr oder weniger zerstört worden. Angefangen hatte ich beim Uni-Radiosender, hatte vor zwei Jahren meinen Abschluss gemacht und nach einem Praktikum hier bei KNOB die Moderatorenstelle bekommen.
    Ich mochte das Hirn voller philosophischer Lehren, hehrer Ideale und Meinungen haben, die ich unbedingt loswerden wollte. Aber jenseits des Campus kümmerte sich niemand darum. Die Welt war so viel größer, und ich trieb hilflos darin umher. Die Uni hätte dem eigentlich Abhilfe schaffen sollen, oder?
    Ich schaltete das Mikro ein.
    Â»Guten Abend, Denver. Hier spricht Kitty auf KNOB. Es ist kurz nach Mitternacht, und mir ist langweilig, was bedeutet, dass ich euch mit albernem Geschwätz erfreuen werde, bis jemand anruft und sich einen Song wünscht, der vor 1990 aufgenommen worden ist. Zum Beispiel habe ich hier die neueste Ausgabe der Wide World of News vor mir. Hab sie mir besorgt, als ich mir meinen tiefgefrorenen
Burrito zum Abendessen geholt habe. Die Schlagzeile lautet : ›Batboy greift Kloster an.‹ Tja, das ist nun ungefähr die zehnte Fledermausjungen-Geschichte, die sie dieses Jahr gebracht haben. Dieses Kerlchen kommt wirklich rum – obwohl es, wenn man bedenkt, wie lange sie schon über es schreiben, eigentlich wie alt sein müsste? Fünfzig? Wie dem auch sei, da dieser Kerl derart allgegenwärtig ist, jedenfalls laut der unerschrockenen Mitarbeiter der Wide World of News , muss ihn ja wohl jemand da draußen gesehen haben. Hat jemand von euch diesen Batboy zu Gesicht bekommen? Ich will was darüber hören. Unsere Telefone sind geschaltet. «
    Verblüffenderweise erhielt ich auf der Stelle einen Anruf. Ich würde nicht betteln müssen.
    Â»Hallo!«
    Â»Ã„hm, ja, hey, kannst du was von Pearl Jam spielen?«
    Â»Was habe ich gesagt? Hast du mir überhaupt zugehört? Nichts nach ’89. Und tschüss.«
    Ein anderer Anrufer war in der Leitung. Sehr cool. »Hi.«
    Â»Glaubst du an Vampire?«
    Ich zögerte. Jeder andere DJ hätte einfach eine schlagfertige Bemerkung von sich gegeben, ohne weiter darüber nachzudenken – wieder einmal ein komischer Mitternachtskauz, der Aufmerksamkeit erregen wollte. Aber ich wusste es besser.
    Â»Wenn ich Ja sage, erzählst du mir dann eine gute Geschichte?«
    Â»Tust du es also?« Der Anrufer war ein Mann. Seine Stimme klang klar und fest.
    Ich legte ein Lächeln in meine Antwort. »Ja.«

    Â»Diese Batboy-Geschichten … meiner Meinung nach wird da etwas vertuscht. All diese Geschichten in der Boulevardpresse, und die Fernsehsendungen wie Uncharted World …?«
    Â»Ja?«
    Â»Alle tun so, als sei es nur ein Witz. Zu weit hergeholt, zu verrückt. Bloß
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