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Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Das Geheimnis der versteinerten Traeume

Titel: Das Geheimnis der versteinerten Traeume
Autoren: Ralf Isau
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spürte weder, wie er in den Sand einschlug, noch ahnte er, dass sein Sturz beobachtet wurde. Die Insulaner würden ihn Te Pito o te Henua nennen – den Nabel der Welt.

S ein Bewusstsein stieg aus unergründlichen dunklen Tiefen auf. Es kam ihm so vor, als habe er tausend Jahre geschlafen. Homers Worte flatterten wie ein Schmetterling durch seinen Sinn: Der Schlaf ist der kleine Bruder des Todes. Und ein anderer, dessen Name ihm entfallen war, sagte einmal: Der Traum ist der kleine Bruder des Lebens. Hatte er denn geträumt? Leo erinnerte sich nicht genau.
    Er reckte sich. Bevor er die Augen öffnete, wollte er noch eine Weile das wohlig kuschelige Bett genießen. Vielleicht fiel ihm wieder ein, ob und was er geträumt hatte. Seine Fingerspitzen berührten etwas Samtiges, Warmes. Er stutzte. Es fühlte sich an wie … Haut?
    Vorsichtig tastete er weiter. Wie ein Wanderer erkundete seine Hand das unbekannte Terrain. Sie durchquerte einen Wald, wanderte durch ein sanft geschwungenes Tal, erklomm einen Hügel und marschierte erneut hinab. Nach Überquerung eines schmalen Grats ging es steil zu einem Gipfel hinauf. Dort rastete der Entdecker am Ufer eines Sees …
    Dem plötzlich ein wohliger Seufzer entstieg.
    Leo riss die Augen auf.
    Neben ihm lag Orla.
    Erschrocken rückte er von ihr ab und starrte sie an. Sie war älter.
Anfang, höchstens Mitte zwanzig schätzte er. Ihrer geheimnisvollen Schönheit hatte das keinen Abbruch getan. Eher im Gegenteil.
    Mit einem Mal öffneten sich die Pforten seiner Erinnerung. Alles war wieder da, angefangen vom Tag, an dem er in seinem Bett einen Wetterhahn gefunden hatte, bis zu dem Kampf mit Refi Zul und dem Sturz…
    Orla lächelte. Ohne ihn anzusehen, fragte sie mit schlaftrunkener Stimme: »Wieso starrst du mich so an, Schatz?« Sie streckte die Hand aus und legte sie auf seinen Bauch. »Und weshalb bist du so weit weg?«
    Durch die Berührung wurde ihm bewusst, dass er ebenfalls nackt war. In seinem Körper explodierten die Hormone. Er war zu keiner Antwort fähig.
    Orlas lange Wimpern begannen zu flimmern. Langsam öffnete sie die Augen, diese unergründlichen, grünen Lagunen, die voller Mysterien waren. »Warum die erschrockene Miene, Schatz? Hast du dir das erste Erwachen nach der Hochzeitsnacht anders vorgestellt?«
    »Hoch-zeits-nacht?« , stammelte Leo entgeistert.
    Sie drehte sich auf die Seite, stützte sich auf den Ellbogen und musterte ihn gedankenvoll. »Irgendetwas stimmt doch nicht mit dir.«
    Er sah sich irritiert um. Sie lagen in einem großen Bett, das in einem weitläufigen Schlafzimmer stand. Nicht ganz sein Geschmack, aber nobel, dachte er. Der Raum schwelgte in Marmor, kostbaren Teppichen und duftigen Vorhängen, in denen sich das Sonnenlicht verfing.
    »Bedauerst du, dass wir die Sonnenfinsternis verschlafen haben?« , fragte Orla. Sie kuschelte sich an ihn und begann seine Brust zu streicheln, was er nicht sonderlich hilfreich fand.

    »Sonnenfinsternis?«, erklang es wie ein Echo aus seinem Mund.
    »Ist das jetzt ein neues Spiel?«, fragte sie belustigt.
    »Ich weiß nicht, ob man es so nennen kann«, antwortete er vage. »Angenommen, ich hätte mein Gedächtnis verloren, würdest du mich dann immer noch lieben?«
    »Natürlich! Was ist das überhaupt für eine Frage? Wir sind füreinander bestimmt. Du und ich, wir gehören zusammen. Das wird sich niemals ändern, ob in dieser oder einer anderen Welt.«
    Er blinzelte verwirrt. »Das sind meine Worte!«
    Sie lächelte. »Ich weiß.«
    »Wann habe ich das zu dir gesagt?«
    »Wir waren fast noch Kinder, erst fünfzehn, wenn ich mich recht entsinne. Davor hattest du mich gerade Mark Schröder ausgespannt und Benno in seine Schranken verwiesen.«
    Sein Herz machte einen Sprung. »Benno Kowalski lebt?«
    »Wieso sollte er nicht? Er ist zwar etwas übergewichtig, aber der tägliche Morgenlauf hält ihn fit – alte Gewohnheiten legt man so schnell nicht ab.«
    Leo atmete befreit auf. »Dann ist er also nicht in Inférnia?«
    »Würde mich nicht wundern, wenn er sich im Moment so fühlt. Er und Mark haben bei der Feier gestern eindeutig zu viel getrunken.«
    »Und die anderen? Theresa, Lena, Scott, Levin, Alex, Finn … ?«
    »Die wirst du bei der Zeremonie heute alle wiedersehen. Die Hochzeit war ein großes Klassentreffen. Halb Salem ist nach Rapa Nui angereist.«
    »Wir sind also auf der Traumakademie gewesen?«
    »Was für eine Traumakademie? Schloss Salem ist ein ganz normales Internat. Na ja,
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