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Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger
Autoren: Andre Norton
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Augen um. Erst allmählich erkannte sie mich.
    »Maelen!« Ihre Stimme war schrill und laut. Mathan knurrte tief, und zu spät legte sie die Hand auf die Lippen, als wollte sie den Schrei ersticken.
    Sie, die so erschöpft und hilflos gewesen war, saß jetzt aufrecht da und hatte rosige Wangen, was ich noch nie an Maelen gesehen hatte.
    Maelen? Mir wurde klar, daß das nicht Maelen, sondern Merlay war. Bevor ich sie fragen konnte, nickte sie.
    »Ja, ich bin Merlay.« Die Zeit war abgelaufen, und der Austausch hatte wohl ohne jede Zeremonie stattgefunden.
    »Und Maelen?« Gleichzeitig mit meiner Frage kamen Mathans Gedanken.
    »Bei ihnen.« Sie zitterte, und ich wußte, daß es nicht von der Kälte kam. Sie sah sich um, als suchte sie nach einem Merkmal. Dann deutete sie ein Stück nach vorne. »Sie haben ihr Lager auf dem rechten Hang dort.«
    »Wie lange noch?« fragte Mathan.
    »Ich weiß nicht. Sie warten auf jemanden. Sie halten Maelen auf Befehl eines Anführers fest, den ich nie zu Gesicht bekam. Aber ich glaube nicht, daß wir viel Zeit haben.«
    Wieder kam ein Knurren von Mathan. Er war wie ein grauer, langgestreckter Blitz verschwunden, und ich wußte, daß sein Heer mit ihm lief. Merlay sah mich an.
    »Ich bin keine Sängerin. Ich kann keine Macht herbeiziehen, sondern dir höchstens als Führerin dienen.«
    Sie trieb das Kasi voran, und ich folgte ihr. In diesem Moment wünschte ich mir den schnellen, geschmeidigen Körper des Barsks, um hinter dem Thassa-Krieger herzulaufen.
    »Warum jagen sie Maelen? Und wie haben sie euch gefunden?«
    Sie beantwortete die zweite Frage zuerst. »Sie haben uns verfolgt. Aber wann sie zuerst auf unsere Spur stießen, weiß ich nicht. Und es ist schwer zu lesen, weshalb sie Maelen haben wollen. Soviel ich gehört habe, möchten sie ihr die eigenen Taten zuschreiben. Irgendwie, glaube ich, möchten sie Oskold für sich gewinnen. Er hat seinen Sohn sehr geliebt und kann nicht glauben, daß er gegen das Gesetz verstoßen hat. So wird sich sein ganzer Haß gegen die Frau richten, die ihn angeblich verhext hat.
    Doch das eine weiß ich: Die Männer, die sie gefangenhalten, haben nur den Befehl, zu warten. Der Lord, auf den sie warten, wird entscheiden.«
    Vor uns ragte der Hang auf, den sie vorher markiert hatte.
    Merlay stieg ab. »Die Kasi können hier nicht weiter. Wir müssen den Rest zu Fuß gehen.«
    Und es war ein gefährlicher Weg. Immer wieder rutschten wir am kalten Fels ab. Schließlich erreichten wir eine Nische, in der wir ausruhen konnten. Wir sahen auf Oskolds Land hinunter, das im rötlichen Abendschimmer dalag.
    Die Dunkelheit brach schnell herein. Merlay sagte: »Da!« und wies in die Richtung.
    Ich sah keine Zelte und Wagen, aber ein Feuer. Ein Schatten kroch näher – Borba.
    »Kommt!« Er lief auf einen Pfad zu, und wir folgten ihm. Es ging jetzt bergab. Nach einer Weile erreichten wir ein kleines Wäldchen mit dürftigen Bäumen. Ich spürte Mathans Armee in der Nähe. Und dann erreichten mich seine Gedanken:
    »Eine Gruppe geht auf das Lager zu. Schnell!«
    Wir duckten uns hinter einen dunklen Felsvorsprung. Das Feuer loderte plötzlich auf, als zwei Männer Holz in die Flammen warfen. Ich erkannte acht Leute. Sie trugen die Umhänge von Gefolgschaftsleuten.
    »Zu wem gehören sie?« fragte ich Mathan.
    »Drei zu Oskold – die anderen kenne ich nicht.«
    Der helle Ton eines Horns drang zum Lager hinüber. Die Männer begrüßten die Neuankömmlinge mit lauten Rufen.
    »Maelen?«
    »Dort!«
    Merlay beantwortete meine Frage. Ein unbewegliches Bündel lag neben dem Feuer.
    »Sie haben Angst, ihr in die Augen zu sehen«, flüsterte Merlay. »So haben sie sie mit Tüchern eingehüllt, um von ihren Blicken nicht in Tiere verwandelt zu werden.«
    In diesem Moment trat die andere Gruppe ans Feuer. Ich hörte Mathan knurren.
    Da gab Oskold das Zeichen zum Kampf. Aus der Dunkelheit jagten schattenhafte Gestalten auf das Lager zu. Ich hörte die Schreie der Männer und das Wutgeheul der Tiere, aber ich lief auf Maelen zu.
    Ich war kein Kämpfer, und das Schwert der Thassa war eine armselige Waffe, aber ich spürte plötzlich wieder Jorths Wut in mir. Genau wie damals, als ich Osokun verfolgt hatte.
    Sie lag still auf meinen Armen, das Gesicht von dem Metall gezeichnet. Und ich fauchte wie die Tiere in meiner Umgebung, wenn jemand näherkam.
    Der Kampf war schnell beendet. Denn auch diese Männer hier waren nicht darauf gefaßt, von Tieren angegriffen zu
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