Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Mondsänger

Das Geheimnis der Mondsänger

Titel: Das Geheimnis der Mondsänger
Autoren: Andre Norton
Vom Netzwerk:
drängte zu größerer Geschwindigkeit, damit wir das Lager noch rechtzeitig erreichten.
    Gegen Ende dieses Alptraum-Rittes trug ich sie in den Armen, da sie sich nicht mehr auf dem Kasi halten konnte. Mit letzter Kraft erreichten wir die abgeschiedene Schlucht zwischen zwei steilen Hängen, wo wir die anderen zurückgelassen hatten. Das Zelt war da, am Boden zerfetzt. Und unter den Leinwandfalten lag einer der Thassa.
    »Monstans!« Maelen machte sich aus meinem Griff frei und stolperte auf ihn zu. Neben ihm fiel sie zu Boden. Sie nahm sein stilles, blasses Gesicht in beide Hände und drückte ihre Lippen auf seine, um ihm Atem zu geben.
    Ich sah, wie seine Lider zuckten. Seine Jacke war an der Brust rot verfärbt, aber irgendwie hatte er durchgehalten, bis wir gekommen waren.
    »Merlay…« Seine Gedanken erreichten uns wie ein Hauch. »Sie haben sie – mitgenommen. Dachten – sie – wäre – du …«
    »Wohin?« fragten wir gleichzeitig.
    »Osten …« Das war sein letztes Wort. Er fiel mit einem Seufzer zurück.
    Maelen sah mich an. »Sie wollen mich töten. Wenn sie nun glauben, daß sie mich haben …«
    »Wir folgen ihnen.« Ich mußte ihr das versprechen. Und ich wußte auch, daß ich alles tun würde, um mein Wort zu halten.

 
19
     
    In den folgenden Stunden erlebte ich, was Willenskraft erreichen kann. Denn ich hatte Maelen zum Lager getragen, und nun wollte sie dennoch weiter. »Mathan?« Ich suchte nach dem anderen Thassa. Maelen saß auf ihrer Satteltasche, beide Hände vor das Gesicht gepreßt. Jetzt sprach sie unterdrückt.
    »Vor uns.«
    »Als Gefangener?«
    »Ich weiß nicht. Meine Energie ist verbraucht.« Ihre Augen wirkten glanzlos. Sie sah mich an. »Binde mich fest«, bat sie. »Ich weiß nicht, wie lange ich noch reiten kann.«
    Ich erfüllte ihren Wunsch, und dann folgten wir der Spur der Reiter, die sich gar keine Mühe gegeben hatten, sie zu verbergen. Es mußte ein gutes Dutzend Leute gewesen sein.
    Der Weg war uneben, aber ausgetreten, und er führte nach Westen zu Oskolds Land. Maelen achtete nicht auf den Weg, sondern hatte immer noch die Hände vor die Augen gelegt. Aber ihr Kasi folgte meiner Führung.
    Aus der Nacht wurde Tag, und wir fanden ein Lager, wo die Asche des Feuers noch warm war. Maelens Kopf war nach vorn gefallen. Ich flößte ihr Wasser ein, aber nach ein paar Schlucken schüttelte sie den Kopf.
    Danach war sie etwas kräftiger, und sie flüsterte mir zu: »Merlay – lebt noch – sie bringen sie – zu einem – höheren Lord.«
    »Mathan?«
    »Er ist – fort …«
    »Tot?«
    »Nein. Holt – Hilfe – bei…« Ihr Kopf fiel wieder nach vorn. Sie reagierte nicht mehr auf meine Worte. Und so stand ich im verlassenen Feindeslager und wußte nicht, was ich tun sollte. Maelen konnte nicht mehr weiter, aber es war sinnlos, wenn ich allein den Weg fortsetzte.
    »Ahhh – « Ein gurrender Laut. Ich eilte wieder zu Maelen. Sie summte vor sich hin, erwachte aber nicht aus ihrer Bewußtlosigkeit.
    Ich hörte ein Rascheln in den Büschen und wirbelte herum. Ein Tier kam zum Vorschein – nein, mehrere waren es. Borba und Vors und Tantacka und alle anderen.
    Das Tier, das sie anführte, war mir fremd. Es hatte einen katzenhaft geschmeidigen Körper, spitze, aufmerksam lauschende Ohren . – und Augen mit einem Funken menschlicher Intelligenz.
    »Wer?« Ich schickte dem Anführer meine Gedanken entgegen.
    »Mathan.«
    Waren die anderen auch Thassa? Oder einige der Tiere, die Maelen in die Wildnis freigelassen hatte?
    »Teils, teils«, erwiderte Mathan.
    Tieraugen sahen mich an. Mathan ging zu Maelen hinüber.
    »Sie kann nicht mehr reiten«, sagte ich.
    Der Pelzkopf wandte sich mir zu. Die runden Augen sahen mich an. »Sie muß.«
    Ich weiß nicht, ob er seiner Armee ein Zeichen gab. Jedenfalls setzten sich die Tiere in Bewegung und liefen lautlos nach Westen. Die Büsche verschluckten sie. Aber Mathan blieb bei uns und führte uns. Ich ritt neben Maelen und versuchte sie zu stützen.
    Hin und wieder tauchten Tiere auf, die Mathan ansahen. Ich bin sicher, daß Botschaften hin und her wanderten, aber ich konnte sie nicht aufnehmen. Wir befanden uns hoch in den Bergen, und manchmal stieg ich ab und führte die Kasi.
    Schließlich kamen wir an einen ebenen Platz. Schnee lag am Boden, und feine Flocken wirbelten durch die Luft. Hier regierte bereits der Winter. Ich zog den Umhang dichter um Maelen. Sie zitterte und schrie auf. Dann setzte sie sich auf und sah sich mit leeren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher