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Hutch 01 - Gottes Maschinen

Hutch 01 - Gottes Maschinen

Titel: Hutch 01 - Gottes Maschinen
Autoren: Jack McDevitt
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Prolog
     
     
    Iapetus. Sonntag, 12. Februar 2197; 0845 GMT.
     
    Das Ding war aus Eis und Felsen gehauen. Es stand reglos auf der öden, schneebedeckten Ebene, ein Alptraum mit gebogenen Klauen und surrealistischen Augen, von hagerer, fließender Gestalt. Der Mund war leicht geöffnet, die Lippen gerundet, und ein eigenartiger, verlangender Ausdruck stand in seinem Gesicht. Priscilla Hutchins hatte keine Ahnung, warum das Ding sie so beunruhigte. Es war nicht, weil es in ihr den Eindruck eines Fleischfressers erweckte. Es waren nicht die langen, bedrohlich wirkenden Krallen oder die dunklen Schatten des Mondlichtes auf den Gliedmaßen. Es war noch nicht einmal die schwache Aggressivität, die seine Haltung andeutete, oder der Standort: genau im Zentrum einer ansonsten vollkommen leblosen Einöde, im Licht der fahlen Oktobersonne, das die Saturnringe herabsandten.
    Ihr Unbehagen schien vielmehr aus seinem offensichtlichen Interesse an der beringten Welt herzurühren, die am Horizont im Westen über einem Zug kleiner Hügel und Kämme für die Ewigkeit eingefroren festhing. Auf den eisigen Gesichtszügen war ein Ausdruck eingemeißelt, den Priscilla nur als ungezügelte Wildheit beschreiben konnte.
    »Es zieht mich immer wieder hierher zurück.« Richards Stimme hallte voller Ergriffenheit in ihren Ohrhörern. »Dieses hier ist das erste von allen Monumenten. Es ist der Schlüssel.«
    Sie befanden sich auf einem Laufsteg, den man für Besucher errichtet hatte, um die Spuren der ersten Expedition zu erhalten. Hier hatte Terri Case gestanden und dort Cathie Chung. Die Abdrücke der schweren Stiefel, die die Statue ganz nah umkreisten, stammten von Steinitz persönlich. (Sie wußte dies, weil sie die alten Videoaufzeichnungen unzählige Male studiert und weil sie mit eigenen Augen gesehen hatte, wie die Astronauten unbeholfen in ihren Druckanzügen herumgestapft waren.)
    Hutchins lächelte bei der Erinnerung daran und schob ihre Hände in die Hosentaschen. Sie beobachtete Richard Wald. Er trug zerknitterte Jeans und ein weißes Sweatshirt, und sein irischer Bauernhut war fest auf den Kopf gepreßt. (Er paßte nicht so richtig in die lebensspendende Energieblase, welche Richard umgab und ihn mit Atemluft versorgte.) Richards Anblick wirkte leicht verschwommen. Es war schwierig, ihn in seinem Flickingerfeld deutlich zu sehen.
    Richard war eine Berühmtheit, eine der anerkannten Größen auf dem Gebiet der Archäologie. Man würde sich seiner erinnern, solange es Menschen gab, die Interesse an ihrer Herkunft hatten. Er würde unvergessen bleiben, solange man Forschungsexpeditionen aussandte – und doch stand er jetzt genauso von Ehrfurcht ergriffen hier wie sie selbst. Im Angesicht dieses Dings, inmitten des Schweigens und der Einsamkeit um sie herum, waren sie beide wie Kinder.
    Der erste Eindruck von Hutchins konnte täuschen. Sie war eine winzige Frau mit edlen Gesichtszügen und einem verführerischen Lächeln, und sie schien eher in einen Salon als auf die bleiche Landschaft eines Mondes zu gehören. Ihre Augen waren dunkel und warm, und sie suggerierten im ersten Augenblick eine leere Fröhlichkeit. Aber sie waren auch imstande, Blitze zu schleudern.
    Ihr schwarzes Haar war kurzgeschoren und lugte unter einem breitkrempigen Safarihut hervor. Jeder, der sie näher kannte, war davon überzeugt, daß ihr Ehrgeiz in ihrer Kleinwüchsigkeit begründet lag. Sie hatte Männer gejagt, beruflichen Erfolg gesucht, und schließlich war sie zu den Sternen aufgebrochen. Und alles aus dem Bestreben, ihre geringe Körpergröße zu kompensieren.
    Sie wußte, daß das nicht stimmte. Oder wenigstens glaubte sie, es zu wissen. Die Wirklichkeit war viel einfacher, aber es war nicht die Art von Geschichte, die man anderen erzählte: Ihr Vater hatte sie mit nach Luna genommen, als sie acht gewesen war, und sie hatte die geheimnisvolle Macht des unglaublichen Alters dieses Ortes gespürt. Später hatte es sie bis in ihre Träume verfolgt, und selbst in ihren wachen Stunden hatte sie fortwährend daran denken müssen. Das Erlebnis hatte ihrer Seele ein Gefühl der eigenen Vergänglichkeit vermittelt. Lebe, solange du kannst. Gib dich deinen Leidenschaften hin. Laß jede Stunde zählen. Der alte Sturm in ihr erwachte zum Leben, während sie in die erstarrten Gesichtszüge der Eiskreatur blickte und darin einen Teil von sich selbst erkannte.
    Richard Wald verschränkte die Arme vor der Brust, als würde er innerhalb seines energetischen
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