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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman
Autoren: Mirijam Muentefering
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nahm das nicht ernst, packte das Tier am Halsband und grinste mich beim Vorbeizerren viel sagend an. Jetzt laufen neben ihr zwei kleine Jack-Russell-Terrier.
    Zu ihr gehören außerdem ein Paar Augen, deren Blick mich schon bei unserer ersten Begegnung irgendwie sonderbar berührt hat.
    »Ja, das ist meine. Wieso?«
    Sie streckt die Hand aus und tippelt Loulou mit flinken Fingern einmal über den gefleckten Rücken. Mein kleiner Charmebolzen hebt den Kopf und lacht die Fremde ungeniert an. Und die lacht zurück. Wie kann eine bloß schon so früh am Morgen die Atmosphäre eines Tischfeuerwerkes verbreiten? Ich bin um halb neun einfach nur froh, dass ich lebe.
    »Ich dachte, ich kenn sie irgendwoher«, erklärt sie mir jetzt mit lebendiger Stimme. »Vielleicht aus der Praxis. Bist du mit ihr bei Dr. Greve?«
    »Doktor … äh … wie?«
    »Greve. Der Tierarzt. Unten auf der Ruhrstraße.«
    »Nein.«
    Sie schaut nur. Ihre kurz geschnittenen blonden Haare fallen ihr am Pony wirr in die Stirn. Darunter sehen ihre Augen aus wie das morgendliche Rätsel in der Tageszeitung. Ich habs noch nie lösen können.
    »Noch nicht«, fahre ich fort, weil sie offenbar nichts weiter zu sagen gedenkt. »Aber ich such noch einen Tierarzt hier in der Gegend. Wohne noch nicht so lange hier. Und bald steht die Impfung an.«
    »Ruhrstraße vierundsechzig, gegenüber von der Videothek.« Sie sieht sich nach den beiden kleinen Hunden um, klatscht ein paarmal aufmunternd in die Hände und geht an mir vorbei. »Ich arbeite da.«
    Loulou hat bereits unseren Heimweg fortgesetzt und steht ungeduldig an der Treppe hinunter zur Straße. Sie kriegt ihr Frühstück immer nach unserem Morgenspaziergang.
    Ich folge ihr rasch und nehme sie an die Leine.
    Als ich mich noch einmal umschaue, ist von der blonden Frau mit den beiden kleinen Hunden nichts mehr zu sehen.
    Meine Gedanken zum Trennungs-Herbst oder gar verschneiten Lebenswegen hat sie jedenfalls gründlich ver-scheucht. Eine einfache Begegnung. Mit profansten The men. Ist das dein Hund. Ich dachte, ich kenn sie irgendwoher. Tierarzt Dr. Greve. Ich arbeite da.
    Bei so was bleibt ja wohl niemandem die Herbstverstimmung erhalten.
    Loulou und ich eilen nach Hause und schlingen beide unser Frühstück hinunter. Lothar hat sich sechs Jahre lang bemüht, mich von den Vorzügen eines ruhigen Frühstücks zu überzeugen. Mit allem, was der Kühlschrank hergibt, auf dem Tisch: Käse, Wurst, Quark, zusätzlich dazu noch eine Frühlingszwiebel, ein bisschen Obst, Tee oder Kaffee und Orangensaft.
    Sitzen, auswählen, genießen.
    Ich hab das mit ihm zusammen gemacht. Nicht nur, weil er es als dringend notwendig betrachtet, den Tag mit so einem Mahl zu beginnen, sondern auch, weil ich es selbst mag. Ja, ich finde es auch gemütlich und nett, sich diese Ruhe zu nehmen. Aber es liegt mir nun einmal nicht im Blut.
    Solange Lothar und ich schon getrennt waren, aber noch zusammen in seiner Wohnung wohnten, hatten wir dieses Ritual des gemeinsamen ausführlichen Frühstücks beibehalten. Aber jetzt, da ich mit Loulou allein bin, verfalle ich nach und nach in meine alten Gewohnheiten. Das heißt, morgens greife ich in den Kühlschrank und ziehe Frischkäse und Erdbeermarmelade hervor. Das verstreiche ich übereinander auf einer Scheibe Brot und esse die, während ich auf der Kante eines Küchenstuhls balanciere und nebenbei die Tageszeitung überfliege.
    Genauso mache ich es heute Morgen auch.
    Danach durchwühle ich noch schnell meinen Schreibtisch und finde, was ich suche: Loulous Impfpass weist aus, dass spätestens Anfang November die gängigen Schutzimpfungen fällig sind. Ich stecke den Ausweis schon mal in die Tasche. Vielleicht komm ich ja demnächst mal zufällig beim Tierarzt vorbei und kann mit Loulou schnell reinspringen.
    Neunuhrfünfzehn.
    Im Laufschritt zum Auto. Loulou schafft es gerade noch, auf die ihr typische, etwas wichtigtuerische Art ein paar Tropfen Pipi in den Vorgarten der Nachbarn fallen zu lassen. Und schon sind wir unterwegs zur Arbeit.
    Das bedeutet: unterwegs in Michelins schöne große Wohnung, in der das Arbeitszimmer unserer kleinen Journalistinnen-GbR untergebracht ist.
    Als ich den Schlüssel ins Schloss stecke, höre ich von drinnen leise Stimmen, deswegen klopfe ich vorsichtshalber noch einmal laut, bevor ich die Wohnung betrete.
    Neunuhrdreißig.
    Michelin steht mit ihrer Freundin Angela in der Küchentür. Angela mit einer unglaublich wichtig aussehenden Aktentasche unter dem
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