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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn
Autoren: Unbekannter Autor
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MARTHA GRIMES - Inspektor Jury 14 - Gewagtes Spiel
    Wenig tut sich in der stillen Marschlandschaft von Lincolnshire am Rande der Nordsee, zwischen kleinen Farmen, abgelegenen Pubs und ein paar Herrenhäusern. Doch dann ereignen sich gleich zwei mysteriöse Morde. Verna Dunn, eine egozentrische Schauspielerin mit Starallüren, wird tot am Strand aufgefunden. Und wenig später treibt die Leiche eines erdrosselten Dienstmädchens in den Kanälen. Die Spuren beider Fälle führen nach Fengate, dem Landsitz eines reichen Kunstsammlers, und schnell fällt der Verdacht der Ortspolizei auf Lady Kenning-ton, die auf einer Party dort zu Gast war. Schließlich wurde sie an dem fraglichen Abend bei einem heftigen Streit mit Verna beobachtet und war die letzte, die das Opfer lebend gesehen hat. Verzweifelt wendet sich die mutmaßliche Täterin an ihren alten Freund Inspektor Jury. Doch während dieser seine heimliche Liebe zu verteidigen sucht, wird die Last der Gegenbeweise immer erdrückender. Und die Angeklagte selbst schweigt eisern über den wahren Verlauf des Abends. Gegen seinen Willen beschleichen auch Jury quälende Zweifel ...
    Mit »Gewagtes Spiel« beweist Martha Grimes erneut ihre Meisterklasse: Raffiniert und spannungsreich führt sie die Fäden im Labyrinth von Schein und Wirklichkeit, brillant ist das Szenario von skurrilen Gestalten und unvergeßlichen Schauplätzen, hinreißend die Ironie der Dialoge. Ein Inspektor-Jury Roman ersten Ranges.
Teil I
Dorcas will
1
    Dorcas haßte die Fens.
    Ein Niemandsland, wenn man einmal am Pub vorbei war, dessen Fensterscheiben kalt hinter ihr glänzten wie eine Reihe goldener Fingerabdrücke. Ansonsten kam nur Licht von den Autos, die ab und zu über die A17 fuhren. Die endlose Monotonie der Fens war schon bei Tage schlimm, aber bei Nacht wurde es richtig gespenstisch. Immer wieder blickte Dorcas sich um, sah aber nichts als eine ungeheuer weite schwarze Ebene und die winzigen Lichter des Pub.
    Es war kurz nach elf Uhr an einem kühlen Februarabend. Mitte Februar, um genau zu sein. Dorcas wanderte über das Wyndham Fen, dessen klitschiger Boden von dem unaufhörlichen Regen noch matschiger war. Sie hätte die Pumps nicht anziehen sollen. Die Absätze waren vier Zentimeter hoch! Doch ihre Beine sahen einfach besser damit aus. Sie war überzeugt, daß es hier Treibsand gab, obwohl die Leute immer behaupteten, die Fens seien Marschland und man müsse nicht befürchten, verschlungen zu werden, selbst wenn der Untergrund morastig und weich sei. Aber man weiß ja nie, dachte sie.
    Das Pub lag nun ein ganzes Stück hinter ihr, gewiß achthundert Meter, die Lichter sah man immer noch.
    Sie wirkten so weit weg wie Sterne, und zwischen ihr und dem Rand des schwarzen, leeren Horizonts lag das Nichts. Dorcas haßte das Wyndham Fen vor allem wegen der Touristen, die ins Pub kamen und dumme Fragen stellten. Manchmal machte sie sich einen Spaß daraus, ihnen dumme Antworten zu geben und zu beobachten, wie sich auf ihren Gesichtern Verwirrung ausbreitete. Lächerlich, wie die Leute geradezu begierig Geld ausgaben, um ein Fen zu erleben, wie es vor Hunderten von Jahren ausgesehen hatte. Herr im Himmel, war der Anblick nicht jetzt schon gräßlich genug? Mußte man auch noch dem nachtrauern, was früher war? Ihre Mutter, die hockte ja auch ständig über alten Fotos von Skegness und solchen Käffern, wo sie immer Urlaub machten.
    Die dunkle Silhouette des Besucherzentrums trieb auf dem unsteten Boden wie ein Schiff. Die Fens verliehen allem ringsum etwas seltsam Lebendiges - die Dinge wirkten größer, die Bäume wuchsen höher, auch der spitze Turm einer Kirche bohrte sich höher hinauf, und die Baumstümpfe schwollen an. Wenn es hell wurde, gewannen die Dinge ihre natürliche Gestalt zurück, aber selbst im Tageslicht konnte die überwältigende Fläche der Fens das, was in der Ferne auftauchte, noch ferner erscheinen lassen und gleichzeitig das Nahe noch näher. Als könne man sich zu keiner Zeit, weder tags noch nachts, auf das verlassen, was man mit eigenen Augen sah.
    Ihre Schuhe versanken in dem schwammigen Boden. Unter dem Gras war Torf. Aus irgendeinem Grund hatte sie immer das Gefühl, daß der Boden nicht trug. Als treibe sie auf einem schwankenden Floß durch den Nebel.
    Das Besucherzentrum war das einzige Gebäude hier, also auch die einzige Zufluchtsmöglichkeit. Trotzdem, was für ein komischer Treffpunkt, dachte sie. Sie hätten sich doch genausogut irgendwo anders treffen
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