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Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Das Gegenteil von Schokolade - Roman

Titel: Das Gegenteil von Schokolade - Roman
Autoren: Mirijam Muentefering
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ja irgendwie echt aufregend. Da bekomme ich richtig Lust, mich auch mal wieder …«
    »Also bitte!«, unterbreche ich sie rüde. »So kurz nach meiner Trennung kann ich es gar nicht vertragen, wenn eine, die in einer noch recht frischen und glücklichen Beziehung steckt, solche Andeutungen macht! Wenn du Lust hast, dich auch mal wieder zu verlieben, dann verlieb dich doch noch mal in Angela. So was geht schließlich auch. Hab ich jedenfalls gehört.«
    Michelins Blick nimmt den verschlagenen Ausdruck an, den ich von Lothars Katze Gwynhyfer kenne, wenn sie im Innenhof eine Meise am Vogelhäuschen sitzen sieht.
    »Wer sagt denn was von Verlieben?«, säuselt Michelin dazu und klimpert mit den Wimpern. »Wenn du mich hättest ausreden lassen, hätte ich meinen Satz zu Ende sprechen können. Und der hätte gelautet: Ich bekomme richtig Lust, mich auch mal wieder in die Cyberwelt zu werfen.«
    Verdattert starre ich in meine Kaffeetasse. So.
    »Sie hat dich also auch schon oft gesehen«, murmelt sie schließlich, als klar ist, dass ich nichts mehr von mir geben werde, weil alles gesagt ist. Und viel ist es ja nun wirklich nicht, was da zu sagen war, stelle ich mit einem Anflug von leisem Bedauern fest.
    Jetzt lausche ich ihren Worten nach. Sie reizen mich zum Widerspruch.
    »Sie hat mich nicht schon oft gesehen. Sie hat mich ja noch nie gesehen! Sie hat nur einen Namen gesehen, Loulous Namen. Sie hat den Namen eines albernen, verzogenen Hundes gesehen und sich gewundert, wieso die Besitzerin dieses Namens sich nicht am Gespräch beteiligt. Vielleicht hat sie gedacht, dass wir uns ähnlich sind, sie und ich. Ähnlich insofern, weil wir lieber dabeistehen und mitlesen, als uns rege zu beteiligen. Natürlich weiß sie nicht, dass ich schweige, weil ich im Grunde ja gar nicht dazugehöre.«
    Hier zuckt Michelins Kopf hoch, und sie zischt einmal kurz wie eine gereizte Klapperschlange.
    »Was meinst du damit?«
    »Das weißt du doch genau.«
    »Ja, ich denke, ich weiß es. Aber ich möchte gern, dass du es selbst aussprichst.«
    Ich wedele ein bisschen mit der Hand, wie sie es auch manchmal macht, wenn sie glaubt, ihr Gegenüber stelle sich absichtlich dumm. Das haben wir uns alle von ihrer manchmal ein wenig distinguierten Angela abgeschaut. »Komm schon. Ich chatte mit lauter Lesben, die mich wahrscheinlich rauswerfen würden, wenn sie wüssten, dass ich gerade meiner Langzeitbeziehung mit einem Mann hinterhertrauere und sowieso noch nie eine Frau geküsst habe.«
    Dieses fette Grinsen hab ich sonst richtig lieb an ihr. Aber es kann auch gewaltig an den Nerven zerren, stelle ich gerade fest.
    »Was?«, sage ich deshalb gereizt, ohne jedoch meine Mundwinkel so weit unter Kontrolle behalten zu können, dass ich ihr verräterisches Zucken im Zaum halten könnte.
    »Was?«, fragt Michelin zurück. »Ja, was? Was denkst du denn, mit wem du es da zu tun hast, in diesem Lesbenchat? Denkst du, das sind alles Frauen, die seit ihrem siebzehnten Lebensjahr keinen Umgang mehr mit Jungs hatten, die nur mit Frauen ins Bett gehen … werd jetzt bloß nicht wieder rot! … und die verächtlich auf alle hinabschauen, die diesem hehren Weg nicht folgen?«
    Ich bin etwas irritiert. Aber das kenne ich. Und Michelin kennt es auch. Ich war schon immer etwas irritiert, wenn es darum geht, wie Lesben eigentlich so sind und wie Lesben eigentlich lesbisch werden und wann und vor allem warum. Das Ganze ist jetzt also wirklich kein Grund, um verdammt noch mal schon wieder anzulaufen wie ein Thanksgiving-Truthahn.
    »Das denk ich ja gar nicht«, brumme ich deswegen verhalten. »Ich denke, es werden wohl so Frauen wie du sein.«
    »Wie ich?«
    »Ja. Eben Frauen, die vielleicht schon mal Beziehungen mit Männern hatten oder auch nur Abenteuer, die halt ihre Erfahrungen gesammelt haben … guck nicht so scheel von unten rauf! … die jedenfalls eine klare Definition von sich haben: lesbisch!«
    Michelin trommelt tonlos mit ihren Fingern. Das hat sie sich angewöhnt, weil ich es nicht leiden kann, wenn sie diese Trommelgeräusche dazu macht. Mittlerweile würde ich ihr geräuschvolles Trommeln wohl vorziehen. Ihr tonloses Gefingere auf den Unterlagen für den neuen Auftrag bringt mich nämlich noch mehr in Rage. Es hat so etwas von ner vöser Rücksichtnahme, was meinen Puls beschleunigt. Denn meistens folgt unmittelbar auf dieses geräuschlose Trommeln eine Bemerkung, die mir nicht immer angenehm ist. Und da kommt es schon: »Und was ist mit den
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