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Das Gegenkreuz

Das Gegenkreuz

Titel: Das Gegenkreuz
Autoren: Jason Dark
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geölten Schiene glitt das Gestell nach außen. Der Tote war bereits vorbereitet worden. Man hatte die Gummidecke bis zu den Hüften nach unten gestreift. So lag die Hälfte des Oberkörpers frei, und der Tote bot einen Anblick, der mir schon auf den Magen schlug, denn das Feuer hatte ganze Arbeit geleistet.
    Ich ging unwillkürlich ein kleines Stück zurück. Trotz der Kälte geriet ich ins Schwitzen, denn was ich da zu sehen bekam, war alles andere als angenehm.
    Für Dr. Lester nicht. Brandopfer zu untersuchen gehörte zu seinen normalen Aufgaben. Er hatte sich mittlerweile Gummihandschuhe übergestreift und wies auf die abgefallene rechte Hand, die neben dem Toten lag.
    »Hier sehen Sie den Grund, weshalb ich Sie gerufen habe. Schauen Sie hin, lassen Sie sich Zeit und ziehen Sie dann Ihre Schlüsse.«
    Ich schaute auf die Hand des Toten und beugte mich dabei ein wenig nach vorn, damit mir kein Detail entging.
    Die Haut war verbrannt, sie hatte eine andere Farbe bekommen, sie hatte sich auch zusammengezogen, aber das Zeichen auf der Hand war einfach nicht zu übersehen.
    Es war der Abdruck eines Kreuzes. Eines Gegenstands, der von seiner Größe her auf den Handteller passte. Und der Umriss war deshalb so gut zu sehen, weil er sich vom dunklen Untergrund sehr konträr abhob, denn er war hell.
    »Achten Sie besonders auf die Enden«, riet mir Dr. Lester.
    »Danke.«
    Sehr genau schaute ich hin, und ich sah auch die vier Zeichen, die sich in die Haut gebrannt hatten. Zwei an den langen Enden und zwei an den waagerechten.
    »Sehen Sie es?«
    Ich nickte.
    »Auch das ist ein Grund, weshalb ich Ihren Chef angerufen habe. Alles andere muss ich Ihnen überlassen.«
    »Haben Sie eine Lupe?«
    »Sicher.« Er griff in die Tasche seines Kittels. »Ich bin auf alles vorbereitet.«
    Ich nahm die Lupe von ihm entgegen. Zwar hatte ich erkannt, dass sich in der Haut etwas abzeichnete, aber ich hatte diese Zeichen noch nicht identifizieren können.
    Wenig später klappte es besser. Sie waren natürlich nicht perfekt in die dunkle Haut hineingebrannt. Ich erkannte aber, dass es sich dabei um Buchstaben handelte oder handeln konnte.
    Buchstaben an den Enden eines Kreuzes. Da kam mir sofort ein bestimmter Verdacht. Denn ich trug ein Kreuz bei mir, dessen Enden durch Buchstaben geprägt waren.
    Das M auf dem oberen Ende, das U auf dem unteren, das R rechts, das G links.
    War das auch hier der Fall? Gab es auf diesem Abdruck identische Buchstaben?
    Es war nicht so genau zu erkennen, auch mit der Lupe nicht, aber man konnte es annehmen.
    Das U, wenn es denn eines war, sah ich noch am besten. Es stand für den Erzengel Uriel, aber ich wollte es nicht so recht glauben. Mein Kreuz war mit seinen Zeichen so gut wie einmalig, daran gab es nichts zu rütteln. Diesen Talisman gab es nicht ein zweites Mal, und deshalb hatte ich meine Zweifel.
    Außerdem waren die Enden bei meinem Kreuz abgerundet. Auf diesem Abdruck war das nicht der Fall.
    Der Arzt sagte nichts. Er ließ mich in Ruhe. Hin und wieder hörte ich nur seinen schnaufenden Atem.
    Nach einer Weile richtete ich mich auf, und dann traf mich der Blick des Arztes.
    »Nun?«, fragte er.
    Ich gab ihm eine ehrliche Antwort. »Es tut mir Leid, aber ich weiß es nicht genau.«
    »Aber Sie haben doch auch ein Kreuz, nicht wahr?«
    »Das stimmt.«
    »Und in der Handfläche ist...«
    Ich schüttelte den Kopf. »Beide Kreuze sind zu verschieden von der Form her. Bei mir sind die Enden abgerundet.« Zum Beweis holte ich es hervor und zeigte es ihm.
    Dr. Lester schaute genau hin. Er lächelte und nickte. »Ja, da haben Sie Recht. Trotzdem, das muss doch etwas zu bedeuten haben. Wie kann ein Mensch verbrennen, wobei ein Abdruck eines Kreuzes so deutlich zurückbleibt. Das ist mir ein Rätsel.«
    »Mir auch.«
    »Werden Sie denn versuchen, es zu lösen?«
    Ich strich über mein Haar und gab Lester die Lupe zurück. »Das werde ich. Die Sache ist wirklich rätselhaft.«
    »Genau, Mr. Sinclair.« Er lächelte. »Und deshalb habe ich Ihren Chef angerufen. Er und Sie sind schließlich für solche mysteriösen Rätsel zuständig. Ich jedenfalls habe so etwas noch nie gesehen.«
    »Und das zweite Brandopfer war normal?«
    »Völlig. Falls man hier überhaupt von einer Normalität sprechen kann. Mehr kann ich nicht sagen.«
    »Es war jedenfalls gut, dass Sie angerufen haben.« Ich deutete auf die Hand. »Es ist ein Rätsel, was hier geschah, und wir müssen es lösen.«
    »Damit würden Sie einen alten Mann
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