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Das Gegenkreuz

Das Gegenkreuz

Titel: Das Gegenkreuz
Autoren: Jason Dark
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drei und vier Uhr morgens wollte der Auftraggeber erscheinen, um sich das Beutestück abzuholen.
    Schiefnase konnte keinen Blick von dem goldenen Kreuz werfen. »Ungewöhnlich ist es schon«, sagte er.
    »Wieso?«
    »Es ist nicht nur glatt. An den Enden sind Zeichen eingeritzt.«
    »Kannst du sie erkennen?«
    Schiefnase bewegte den Kopf nach unten. »Nein, nicht genau. Ist zu dunkel. Aber ich spüre sie, wenn ich mit den Fingerkuppen darüber hinwegstreiche.«
    »Und was fühlst du da?«
    »Buchstaben, glaube ich. An den vier verschiedenen Enden. Komisch, aber wahr.«
    »Welche denn?«
    Schiefnase hob die Schultern. »So genau habe ich das nicht getestet.«
    »Ist es denn wichtig?«
    »Für uns eher nicht.«
    »Eben.«
    Die beiden warteten weiter. Ab und zu schauten sie auf die Uhr. Es war eine stille und auch eine recht kalte Nacht. Nach der Wärme im Januar war der Winter wieder zurückgekehrt. Besonders in den Nächsten war es kalt, da hatte der Frost wieder zugeschlagen und auf dem Wasser einen Eisfilm gebildet.
    Das Kreuz lag auch weiterhin auf der Hand des Mannes. Er konnte seinen Blick einfach nicht davon wenden. Hin und wieder schüttelte er den Kopf. »Das muss wirklich ein Vermögen wert sein, was ich mir aber nicht vorstellen kann.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es so klein ist.«
    »Es kann an der Legierung liegen. Du hast gesagt, dass es für seine Größe recht schwer ist.«
    »Genau.«
    »Dann brauchst du erst gar nicht weiter nachzudenken.«
    »Muss ich aber«, erklärte Schiefnase mit leicht veränderter Stimme.
    »Warum?«
    Der Gefragte musste schlucken, dann schüttelte er den Kopf. »Es ist der reine Wahnsinn, aber ich habe das Gefühl, dass sich die Farbe verändert. Und blind bin ich nicht.«
    »Zeig her!«
    Schiefnase streckte seine Hand weiter nach rechts. So konnte sein Kumpan schauen.
    Es dauerte nicht lange, bis der nickte. »Scheiße, du hast Recht.«
    »Sag ich doch.«
    »Und jetzt?«
    »Sollten wir uns etwas überlegen, Karel.«
    »Was denn?«
    »Das weiß ich nicht. Ehrlich nicht. Ich habe wirklich keine Ahnung, was wir da machen sollen.«
    Beide schwiegen. Karel starrte das Kreuz auf dem Handteller seines Kumpans an. Er konnte den Blick einfach nicht davon lösen, und so schaute er zu, wie sich das Phänomen fortsetzte. Enden, wo sich die Gravuren befanden, blieb es in seiner ursprünglichen Farbe.
    Beide Männer sahen, dass es tatsächlich Buchstaben waren, die ihnen entgegenleuchteten.
    Karel sprach nun flüsternd. »Ein M, ein G, ein R und ganz unten ein U.« Er zwinkerte irritiert. »Ob das das Geheimnis des Kreuzes ist?«
    »Nun, ich finde keinen richtigen Zugang«, gab Schiefnase zu.
    Karel musste sich räuspern. »Spürst du denn was?«
    »Wie meinst du das?«
    »Eine Veränderung.«
    »Nein.«
    Karel schaute nicht mehr, er starrte oder stierte bereits auf das Kreuz, bei dem die goldene Farbe immer mehr zurückging, sodass es allmählich einen grauen und irgendwie schmutzigen Ton annahm.
    »Da stimmt was nicht.« Karel war kein ängstlicher Mensch. Er hatte sich in der menschenunwürdigen Hölle des Balkankriegs behauptet, und auch in den Provinzen weiter östlich hatte er gekämpft. Aber ein gewisser Aberglaube steckte in seinem Innern. Er war als Kind in die Kirche gegangen und erinnerte sich noch an die prächtigen orthodoxen Kreuze, aber so etwas war ihm noch nie widerfahren. Das ging gegen jede Regel.
    »Verdammt, verdammt!«, raunte er. »Das kriege ich nicht in die Reihe. Ehrlich nicht. Ich hoffe nur, dass der Typ bald kommt und uns das Ding abnimmt.«
    »Klar, er wird kommen.«
    Die beiden schwiegen. Sie schauten zu, wie das Kreuz immer mehr eindunkelte. Dafür strahlten die Buchstaben umso heller in einem herrlichen Goldton.
    Beiden war kalt geworden. Jedenfalls deutete die Gänsehaut in ihren Gesichtern darauf hin. Sie wussten auch nichts mehr zu sagen. Eine Aura des Unheimlichen hatte sich innerhalb des Fahrzeugs ausgebreitet.
    Karel zog die Nase hoch.
    »Was ist los?«
    »Hier riecht es komisch.«
    »Wie denn?«
    »Verbrannt.«
    »Ach. Unsinn, ich...« Im gleichen Augenblick schrie Schiefnase auf. Wahnsinnige Schmerzen zuckten auf einmal durch seine Hand, und Karel wusste zunächst nicht, was los war.
    Bis er auf die Hand seines Kumpans schaute. Es brannte kein Licht im Wagen, und trotzdem sah er, was mit Schiefnases Hand passiert war. Die Fläche war so schwarz wie das Kreuz geworden.
    Eine Haut, die sich aufribbelte und so aussah, als hätte man sie mit dunkler Farbe
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