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Das fuenfte Maedchen

Das fuenfte Maedchen

Titel: Das fuenfte Maedchen
Autoren: Gillian Philip
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hatten, sah ich, warum. Ich konnte nicht viel von seinem Gesicht sehen, doch mit fünfzehn wusste ich sofort, wann ich ein nettes Profil vor mir hatte.
    Â»Das Zeug ist Mist.«
    Â»Ja. Schrecklich. Möchtest du was?« Jinn schwenkte die Flasche.
    Sie und der Junge unterhielten sich, als sei ich mitten in eine Unterhaltung hineingeplatzt, also hatte ich vielleicht doch geschlafen. Als er sich in den Sand neben Jinn plumpsen ließ, drehte ich mich, um sein Gesicht besser sehen zu können. Nicht umwerfend schön und ein bisschen zu dünn, doch seine Augen funkelten auf diese Du-weißt-dass-du-willst-Art, und er hatte schöne Zähne und ein breites, gewinnendes Lächeln – das aber nur Jinn galt.
    Â»Hi, Jinn.«
    Â»Hi, Nathan. Lange nicht gesehen.«
    Oh. Okay. Doch nicht mitten in einer Unterhaltung. Oder vielleicht hatte die Unterhaltung ja ein paar Jahre lang auf Eis gelegen. Ich kniff die Augen zusammen, um mir den Jungen genauer anzusehen. Oh ja, tatsächlich. Nathan Baird, der Unverwechselbare. Ich dachte, er sei für immer weggegangen. Doch vermutlich tat Nathan Baird nichts für immer.
    Â»Ist das deine kleine Schwester?« Als hätte er mich gerade erst bemerkt.
    Â»Ja.« Jinn legte den Arm um mich.
    Â»Ruby Red. Deine Haare gefallen mir.«
    Ich hatte sein Lächeln erwidert, bevor ich merkte, was ich tat, und musste jetzt ganz schnell ein finsteres Gesicht aufsetzen, so als hätte ich in Vorbereitung auf einen tödlichen Blick eine Art Krampf gehabt. Ich konnte jedoch nicht verhindern, dass meine Hand unwillkürlich nach meinem Igelschnitt griff und daran herumzupfte. Ruby Red war die Farbe, die auf der Flasche stand; deswegen hatte ich sie gewählt – weil mein Name draufstand. Ich fragte mich, ob Nathan das wusste. Es würde mich nicht überraschen.
    Meine Haare waren von einem dunklen, lebhaften, unnatürlichen Rot, zu dramatisch für meine blasse Haut. Ich mochte sie so. Die ganze Sache hatte mir Spaß gemacht. Meine Haare waren verheddert und kurz, es gab also reichlich Farbe, und ich ging achtlos damit um und die Farbe war wie Blut über mein Gesicht getropft. Ich sah aus, als entstammte ich einem Stephen-King-Film, und das hielt ein paar Tage lang an, denn die dunklen, scharlachroten Spuren hatten Flecken hinterlassen, so als stecke eine unsichtbare Axt in meinem Schädel. Die Blutspuren waren natürlich längst verblasst, aber ich hatte mir die Haare vor Kurzem wieder gefärbt. Ich hatte all die seltsamen Blicke wirklich aufregend gefunden.
    Ich wollte nicht mit Nathan über meine Haare reden, also ignorierte ich ihn. Er verstand den Wink und ignorierte mich ebenfalls. Leider ging er nicht. Es war heiß und sandig, und ich wäre gern losgegangen und hätte mir die Füße im Wasser gekühlt, aber ich mochte Nathan Baird nicht, hatte ihn nie gemocht. Es war so offensichtlich, dass er mit Jinn allein sein wollte, da musste ich ihm einen Strich durch die Rechnung machen.
    Ich legte mich wieder auf den Rücken und schloss die Augen, doch vor lauter Ärger war mir noch wärmer. Und ich hatte Durst. Es war dumm von Jinn, warmen Cidre zu kaufen, den ich in meinem Alter eigentlich nicht trinken durfte. Dennoch griff ich nach der Flasche, die halb vergraben im Sand lag, und nahm einen Schluck. Wie erwartet verspürte ich sofort einen pochenden Schmerz im Hinterkopf.
    Scheiß drauf, ich musste los und im Wasser planschen.
    Keiner von beiden nahm Notiz davon, als ich aufstand und mir den Sand vom Rücken schüttelte. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, zu kichern und einander im Spaß zu boxen. Jungen machten aus Jinn zweifellos eine völlige Idiotin. Allen voran Nathan Baird: Er hatte schon immer diese Wirkung auf sie. Ich hätte gedacht, seine zweijährige Abwesenheit hätte ihr die Augen geöffnet. Ich rollte die Augen und stolzierte davon – nicht leicht in trockenem Sand – in Richtung Ufer.
    Das flache Wasser war nicht kalt, nur angenehm kühl. Ich stand da, ließ die Wellen über meine Füße und Knöchel rollen und sank Millimeter um Millimeter tiefer im Sand ein. Es machte einen Heidenspaß. Selbst das Pochen im Kopf war verschwunden. Ich warf einen Blick zurück auf Jinn und Nathan, aber sie beobachteten mich nicht. Ich sah noch mal hin und kniff die Augen zusammen.
    Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt, aber sie küssten sich nicht. Er hatte ihr
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