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Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott
Autoren: Ulrike Kroneck
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ihres traurigen Besäufnisses zur Seite räumte und ihr ein Aspirin anrührte, meine Lieblingstabletten. Ich habe immer welche dabei, weil sie mir spontan und bei allem helfen, noch bevor es ausbricht. Außerdem reichte ich ihr einen Becher Vitamin C, das ich ebenfalls für wirkungsvoll halte. Sie ließ sich alles gefallen. Frisch gewaschen saß sie da, sie wirkte zerbrechlich und anlehnungsbedürftig. Ich war froh, dass ich mich mit dem Frühstück und dem schmutzigen Geschirr vom gestrigen Abend beschäftigen konnte.
    Ich klapperte und wartete darauf, dass sie erzählen würde. Die Scheidung war schon seit einiger Zeit abgeschlossen, aber in diesem Prozess ging es noch um den Verkauf und die Auseinandersetzung um die kleine Fabrik, die Friedbert geführt hatte. Erst anderthalb Jahre nach der Scheidung hatte er sie aufgelöst und wollte nun das Betriebsvermögen und die Summe aus den Verkäufen allein kassieren.
    »Ich bekomme nichts davon, Karoline, gar nichts!« Sie war ganz leise, schüttelte verwundert ihren Kopf und stockte. »Weißt du, das Schlimmste ist, dass ich mir so hilflos vorkomme, machtlos.« Sie strich sich eine feuchte Strähne aus dem Gesicht. »Es geht mir gar nicht um das Geld. Natürlich ist das nicht unwichtig. Aber du verstehst schon, wie ich das meine.« Sie legte ihre Hand vor den Mund und starrte auf den Tisch.
    Natürlich verstand ich das. Sie konnte nicht beweisen, dass dieser Stuhl, mit dem Friedbert vor über 20 Jahren sein Geschäft aufgebaut hatte, ihr Entwurf war. Sie konnte nicht beweisen, dass sie auch die Methode der Fertigung gemeinsam mit einem Freund entwickelt hatte. Sie konnte nicht beweisen, dass sie es gewesen war, die die Ideen hatte und die Lust und die Tatkraft, damals alles auch umzusetzen. Sie hatte nichts, und sie konnte nicht einmal mehr behaupten, dass sie aus Liebe gehandelt hatte, denn an die konnte sie sich nicht mehr erinnern. Sie war in der Geschichte dieses Unternehmens, das nun in knappen Zahlen zur Beurteilung und Aufteilung anstand, gar nicht vorhanden. Sie kam nicht vor.
    »Weißt du«, Ruth zog die Beine unter ihren Bademantel, »ich bin voller Hass und Wut. Und es hat nichts mit Geld zu tun.« Sie stöhnte auf, weinte, schlug die Hände vors Gesicht.
    Ich setzte mich neben sie und nahm sie in den Arm. »Ruth, ich weiß das. Ich verstehe dich gut.«
    »Nein, das kannst du nicht, das kannst du nicht verstehen. Es ist so demütigend, ich stehe da und kämpfe um das Geld. Ich komme mir vor wie eine keifende Alte, die sich voll Zorn an ihrem Mann rächen will. Als wollte ich ihm das wegnehmen, was ihm gehört.« Sie schüttelte mich ab, stand auf und begann auf und ab zu laufen. »Der Richter wollte mich wahrscheinlich besänftigen, aber als er mir so ungefähr sagte, ich solle das nicht so schwer nehmen, das Geld sei ja letztlich doch für Tobias und Rosa, ›Ihre gemeinsamen Kinder‹, war das noch entwürdigender für mich.«
    Sie nahm wieder neben mir auf dem Sofa Platz und starrte vor sich hin. Ich blieb einfach neben ihr sitzen. Friedbert, diese miese Ratte, dachte ich im Kreis, Friedbert, diese miese Ratte. Mir stiegen vor Mitleid und Zorn die Tränen auf. Ich konnte Ruths Empörung nachvollziehen, wer, wenn nicht ich. Sie hatte 20 Jahre mit einem Mann zusammengelebt, der sie überhaupt nicht gesehen hat. Denn ich war sicher, dass Friedbert selbst davon überzeugt war, dass er derjenige war, der das alles auf die Beine gestellt hatte. Er hatte keine Skrupel, eine Idee von jemandem, nur weil er sie verstanden hatte, als seine auszugeben. Er war keiner, der irgendetwas zitierte, wenn er mal etwas aufgeschnappt hatte und es weitererzählte. Er eignete sich sofort alles an, nicht weil er anderen etwas wegnehmen wollte, sondern weil er das für selbstverständlich hielt.
    »Form follows function!«, hatte er mich einmal aufklären wollen, als ich den beiden in der Zeit, als sie noch zusammenwohnten, einen kurzen Besuch abstattete. »So habe ich das mal auf den Punkt gebracht!«
    Ich sah ihn an. Von ihm sollte das also sein? Alle Achtung! Ich tat verblüfft, belehrte ihn aber in der nächsten Sekunde, dass ein berühmter amerikanischer Architekt diesen Satz formuliert habe, der später in Deutschland als Gestaltungsgrundsatz des Bauhauses bekannt geworden sei. Auf jeden Fall könne der Spruch überall herkommen, nur wäre er bestimmt nicht auf seinem Mist gewachsen.
    Friedbert wischte meinen Einwand mit einer Handbewegung vom Tisch und entkräftete kurz und
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