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Das Frauenkomplott

Das Frauenkomplott

Titel: Das Frauenkomplott
Autoren: Ulrike Kroneck
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angefangen zu lachen. Und aufgehört zu weinen. Gerd hatte hilflos neben Ruth gestanden. »Wirklich, Karoline, ich wusste nicht, was ich machen sollte. Ich weiß nicht, Frauen sind manchmal so komisch! Ich weiß nicht, wenn sie weitergeweint hätte, aber dieses Lachen!«
    »Und wie ist das passiert?«
    »Ich weiß es nicht genau. Sie ist wahrscheinlich geschnitten worden, oder jemand ist ihr in der Kurve entgegengekommen. Jedenfalls ist sie wohl ausgewichen und an den Baum gefahren. Ich hab sie dann einfach am Arm genommen und auf meinem Trecker hierher gefahren. Sie hat nur die ganze Zeit ›Dieses verdammte Arschloch, dieses miese, verdammte Arschloch!‹ gesagt. Oh ja, und: ›Diese Ratte …‹!«
    »Genau – diese verschlagene, miese Ratte! Das habe ich auch noch gesagt.«
    Wir drehten uns beide um. Ruth lehnte in der kleinen Küchentür und schaute zu uns herüber. Sie sah echt verhauen aus. Ihre dunklen Haare standen widerborstig in die Höhe, das weiße T-Shirt war ihr über die eine Schulter gerutscht und hatte auf der linken Brust einen riesigen Rotweinfleck. Sie hatte dunkle Ringe um die Augen und machte den Eindruck eines derangierten Clowns. In langen schwarzen Linien lief ihr die aufgelöste Wimperntusche bis zum Kinn. Ich wollte sie aufmuntern und begrüßte sie.
    »Lass disch nisch so gähn!«, flüsterte ich ihr ins Ohr, während ich sie in die Arme nahm und ihr auf die französische Art die Wangen küsste. Dabei schaute ich sie an wie eine Mutter und hielt sie ein wenig von mir zurück. »Mit deiner schlampigen Frisur, gähst du mir gegen die Natur. Du lässt disch gähn, du lässt disch gähn!«
    Sie schob sich ihre dunklen Haare hinter die Ohren und lächelte mich an. »Schön, dass du da bist, Karoline!«
    Ich stellte meinen Rucksack ab und machte mich an der Kaffeemaschine zu schaffen. Ich wollte jetzt erst einmal in Ruhe frühstücken, draußen in der Sonne zwischen den Blumen, und eine halbe Stunde verschnaufen, bevor ich mich Arschlöchern und Ratten widmen konnte.
    Aber Gerd wollte es nun genau wissen: »Ruth, was ist denn gestern passiert? Hast du das Nummernschild von dem anderen? Hat dich jemand von der Straße gedrängt?« Dabei öffnete er das Marmeladenglas, das ich gerade aus dem Kühlschrank geholt hatte, steckte seinen großen Zeigefinger hinein und leckte ihn ab.
    »Ruths Erdbeermarmelade ist einfach die beste!«, meinte er und wollte zum zweiten Mal in das Glas.
    »Gerd!« Ich schlug ihm auf die Hand.
    »Von der Straße gedrängt?« Ruth schüttelte den Kopf und gab Gerd einen nassen Lappen, damit er sich seinen klebrigen Finger abwischen konnte. »Nein, nicht von der Straße gedrängt, regelrecht aus der Spur geschossen hat mich dieses Arschloch!« Ruth legte den nassen Lappen wieder in die Spüle, von der aus man direkt in das Kräuterbeet gucken konnte.
    »Hast du dir denn das Nummernschild merken können? Das geht doch nicht!« Gerd schüttelte seinen kahlen Kopf und legte seine riesige Hand zum zweiten Mal vor den kleinen Mund. »Das geht doch nicht. Das ist doch dann ein Versicherungsschaden. Das bekommst du doch dann ersetzt!«
    »Nichts kriege ich ersetzt, nichts, Gerd.« Ruth schnaubte durch die Nase. Sie zuckte mit ihrer rechten Augenbraue, holte Luft und stöhnte. »Nein, Gerd, ich bin einfach so vor den Baum gefahren. Ich habe einfach einen Moment nicht aufgepasst. Als ich das bekloppte Schild, über das ich mich ärgere, seit sie es da hingestellt haben, von Weitem sah, dachte ich: ›Baumunfälle!‹. Es gibt viel schlimmere Unfälle als ›Baumunfälle‹. Es gibt Menschenunfälle. Ich habe noch zu mir gesagt: ›Du armes Schwein‹ und mich bedauert – und dann habe ich wohl vor lauter Selbstmitleid die Augen geschlossen.«
    Gerd sah sie nun fast beleidigt an. Weil er das nicht verstand. Wie sollte er auch.
    Ruth legte ihm ihre Hand auf den Arm: »Gerd, vielen Dank, dass du dich noch um das Auto gekümmert hast. Was sagen die Jungs denn, ist da noch was zu machen?«
    Gerd hatte das Auto mit einem befreundeten Schrauber abgeholt, der wollte sich im Laufe des Tages bei Ruth melden. Wahrscheinlich sei es nicht nur der Kotflügel, wie er zunächst vermutet hatte, aber ob an der Spur irgendetwas verzogen sei, würden sie ihr telefonisch sagen.
    *
    Als Gerd endlich gegangen war, kümmerte ich mich weiter um das Frühstück, während Ruth duschte. Im Bademantel und mit feuchten Haaren setzte sie sich irgendwann auf das Sofa und schaute mir zu, während ich die Reste
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