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Das Feuer das am Nächsten liegt

Das Feuer das am Nächsten liegt

Titel: Das Feuer das am Nächsten liegt
Autoren: Cherry Wilder
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vergangen, und von allen, die auf dem Friedhof standen, bin ich als einzige noch am Leben.

 
2
     
    Die Aussprachekette löste sich rasch auf. Der Große Älteste entließ sie an dem Tag, an dem Tsorl-U-Tsorl, der ehemalige Abgesandte der Feuerstadt, sich bereit erklärt hatte, den Fluch von Sarunin aufzuheben, in das Tal zu gehen und die notwendigen Riten vorzunehmen. Keiner wunderte sich über diese Entscheidung. Nachdem Tiath seine Einwände zurückgezogen hatte, stimmten alle für den neuen Landungsplatz.
    Ammur Ningan, die schnell arbeitete, wie es der Schreiberin der Schreiber ziemte, hatte ein perfektes Netz der Regeln und Vorschriften für die Menschen vorbereitet, sobald sie sich in dem Tal niederließen. Verbindung mit Moruianern war nicht verboten, allerdings eingeschränkt: Freunde und Helfer des Bio-Forschungsteams mußten ein besonderes Ausweisband haben. Für andere Moruianer gab es Massenreisen und Vorführungen von Bildern über den Planeten Erde. Vasallen jedes Clans patroullierten wechselweise an den Grenzen des Tals und seines kleinen Hafens, damit die Menschenwerke nicht herausgebracht werden konnten.
    Die Menschen entrichteten Entgelt und gewöhnliche Dinge wie Bauholz und Fisch für jede Arbeit, die verrichtet, oder jede Ware, die erworben wurde. Scott Gate war reich durch seine Brinroyan-Familie und die Güter, die sie beim Wettflug des Vogel-Clans gewonnen hatte. Er kaufte die Gefangenen von Itsik frei, die am Mittjahr verwundet worden waren, und sie wurden seine Helfer in Sarunin.
    Das Luftschiff Silberreiher stieg mit gewaltiger Macht auf und verschwand von der roten Straße in Itsik; es landete in dem Tal, wo ein Platz für es vorbereitet worden war. Und das Tal hieß immer noch Sarunin oder manchmal Reiher-Schrei oder Reiher-Ruf – wegen des lauten Geräusches des Luftschiffs. Es gab keinen Ausbruch technischen Wissens oder der Feuer-Metall-Magie, wie manche befürchtet hatten; die Menschen verhielten sich beherrscht, und Tiath hatte seinen Willen doch durchgesetzt.

 
Die letzten Fäden
     
    Es brach nach Neujahr ein Frühlingstag an, an dem alles in Ordnung kam. Ich trat aus meinem Zelt im Tal Sarunin und betrachtete das Luftschiff und die neuen Gebäude und die Rotholzbäume. Mir fiel ein, daß ich eine Fracht Stroh zum Kai bringen mußte, also lud ich einen Karren voll. Ablo Binigan holte mich, als ich gerade ablud.
    „Geh zur Eßterrasse, Yolo Horn“, sagte er. „Da halten sie ein Frühstück für dich bereit.“
    Sam war da, Lisa kochte Eierpastete, Karin kam mit Scott Gale: sie hatten den Wetterbericht auf einer Plattform in einem neuen Baum abgelesen. Ich setzte mich zu ihnen, und wir sprachen von ganz gewöhnlichen Dingen und machten Witze, genauso wie wir es anfangs getan hatten. Tsorl-U-Tsorl war nicht bei uns; er ruhte sich in Tilje Paroyans Villa am Wollhirschsee in der Nähe von Tsagul aus. Es war ein besonderer Tag; Sam stand auf und begann eine Abschiedsrede zu halten. Dann brach er sie ab.
    „Ach, verdammt noch mal, Yolo … was können wir dir schon sagen?“
    Er umarmte mich, dann wandte er sich ab und putzte sich laut die Nase.
    „Auf Wiedersehn, Sam-Deg …“ sagte ich, so tapfer ich konnte. „Ich komme zurück.“
    Dann kamen alle zu mir und überreichten mir Geschenke: eine neue Decke, ein Wörterbuch, einen bestickten Tuchkittel von einem der Webstühle der Brinroyans, einen kostbaren Windfinder oder Kompaß in einer Lederschachtel. Karin-Ru und Scott Gale begleiteten mich den sanften Hang des Tals bis zur roten Straße hinauf. Ein paar verschlafene Vasallen kamen aus einem Haus heraus, das die Menschen Zollamt nannten, und winkten mich ohne Durchsuchung weiter.
    Ich warf einen Blick auf Karin an der einen Seite, zierlich und schlank, mit dem strähnigen Kinderhaar, wie ich es im Wald auf Tsabeggan gesehen hatte. Ich schaute zu Scott Gale auf, groß, schwarzhaarig, schwarzbärtig. Ihre zwei Menschenstimmen erklangen; einen Augenblick überfiel mich völlige Verwunderung. Wie war das nur möglich? Wieso konnten diese Wesen hier und ich ihre Freundin geworden sein, so daß uns die Trennung traurig machte? Wir drückten uns die Hände, dann wandte ich mich ab und schritt, ohne mich umzusehen, über die rote Straße nach Tsagul.
    Ich richtete meine Gedanken ganz auf die Feuerstadt. Ich hatte in meiner Jacke eine Schriftrolle und ein Runenband mit der Bitte, mir volle Gnade zu gewähren, und mit den Unterschriften zahlreicher Würdenträger, darunter Tilje
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