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Das Fenster zum Hof

Das Fenster zum Hof

Titel: Das Fenster zum Hof
Autoren: Cornell Woolrich
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die die
potentiellen Begegnungen mit anderen auslösen, eingeschüchtert durch die
Mächte, die die Welt verwalten und die sich ungefragt einmischen, wenn es zu
»Unregelmäßigkeiten« kommt, flüchten sie - statt in die Freiheit - in die
Zwangsjacken von Gewohnheiten. Aber auch die nützen oft nichts, bieten keinen
Schutz, wie »Rear Window« beweist: Ein Voyeur mischt sich ein.
    1940 kehrte Woolrich den Pulp-Magazinen
(wie viele Kollegen) den Rücken und konzentrierte sich auf Hardcover. Er begann
mit seiner großen schwarzen Reihe, die schließlich einer ganzen
Hollywood-Ästhetik den Namen gab: Die »Schwarze Serie«.
    Die Romane heißen: »The Bride Wore
Black« (1940), »The Black Curtain« (1941), »Black Alibi« (1942), »The Black
Angel« (1943), »The Black Path of Fear« (1944), und »Rendezvous in Black«
(1948); dazwischen freilich entstanden auch noch andere Bücher wie »Phantom Lady«
(1942) oder »Deadline at Dawn« (1944). Die aber erschienen unter dem Pseudonym
William Irish. Er produzierte in diesen Jahren so viel, daß er noch zu einem
dritten Pseudonym griff: George Hopley (»Night has a thousand Eyes«, 1945).
    Woolrich hatte erstmals Erfolg, auch
bei der Kritik ; doch die anhaltende Krankheit seiner
Mutter lähmte seine Schreibwut. Zwar wurden noch eine Reihe von
Kurzgeschichten-Sammlungen veröffentlicht, und 1950/51 schrieb er auch noch
zwei Romane, die als völlig unbedeutend gelten, aber dann wurde es still um
ihn. Als 1957 seine Mutter starb, brach er zusammen, wurde schwerer
Alkoholiker, bekam Diabetes und ignorierte eine Wunde am Bein. Als er sich
endlich entschloß, einen Arzt zu konsultieren, war es zu spät: Das Bein mußte amputiert
werden. Auf makabre Weise widerfuhr ihm das gleiche Schicksal wie seinem
Ich-Erzähler aus »Rear Window«. Die letzten Jahre verdämmerte er im Rollstuhl,
kaputt und verbittert.
    Er starb am 25. September 1968 und
hinterließ eine Million Dollar, die er der Columbia-Universität vermachte, als
Stiftung zur Förderung von jungen Schriftstellern. Als er beerdigt wurde, war
sein Name schon wieder in Vergessenheit geraten.
    Cornell Woolrichs Verbitterung
resultierte sicherlich nicht nur aus seiner verqueren Beziehung zur Mutter und
seiner Homosexualität, sondern auch aus dem Verhalten der Medien. Kein Autor
hat die Filmindustrie derart massiv mit Ideen bedient wie er. Kaum ein Roman
oder eine Kurzgeschichte, die nicht verfilmt, fürs Radio dramatisiert (es existiert
noch eine frühe Aufnahme mit Cary Grant) oder später vom Fernsehen (in
Hitchcocks Thriller-Reihe) aufgegriffen worden wäre.
    Woolrich hat die »Schwarze Serie« nicht mitbeeinflußt, sondern sie hauptsächlich eingeleitet und gestaltet. Für
die Verfilmungsrechte eines Buches bekam er nie mehr als 2000 oder 3000 Dollar.
Als François Truffauts Verfilmung von »The Bride Wore Black« in New York
Premiere hatte, weigerte er sich zu erscheinen.
    Sein literarischer Stil mag vielleicht
weniger bedeutend sein als der von Raymond Chandler, aber er war einer der
ersten Meister von coolen Bildentwürfen und grandioser Stimmungsmalerei. Ihm
ging es nie um Glaubwürdigkeit oder Realismus, sondern um die exakte
Beschreibung von Ängsten, Alpträumen und Obsessionen. Seine Romane sind Psychotope.
Wie kein anderer schildert er atmosphärische Befindlichkeiten, die sich wie
Anweisungen für die Kameraleute lesen:
    »›Anselmo’s‹ stand in geranienroten
Leuchtbuchstaben über dem Eingang zu lesen, und der Schein davon fiel über den
Gehsteig, als ob jemand einen Kübel Ketchup darauf ausgegossen hätte« (»Phantom
Lady«); »Der dünne Lichtstrahl verfolgte mich, erreichte mich aber nie. Der
Strahl konnte nur geradeaus, ich aber bog am Ende jeder Treppe um die Ecke. Sie
versuchten, mich in diesem Lichtkegel zu fangen, um auf mich schießen zu
können« (Der schwarze Pfad, detebe 21627); »Es war ein Gesicht in der
Menge, und Townsend kannte es nicht, hatte es noch nie im Leben gesehen. Doch
das Gesicht ging nicht weiter, blieb zurück wie ein weißer Felsen, der
beständig durch wogendes, strömendes Wasser schaut« (Der schwarze Vorhang, detebe 21625).
    Selbst die Fachleute für
Krimi-Literatur, ob hier oder in den USA, haben Woolrichs großen Einfluß
übergangen, heruntergespielt, für nebensächlich erklärt. »Ich habe nur
versucht, den Tod zu hintergehen«, schreibt Woolrich in seinem
Autobiographie-Fragment. »Ich habe nur für eine kleine Weile versucht, die
Dunkelheit, die mich, das wußte
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