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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers
Autoren: Terry Pratchett
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ob sich jemand die Mühe machte, sie in einer Bergkarte zu verzeichnen. Sie hatte sogar Mühe, sich auf einer Karte der Ortschaft zu zeigen.
    Es war eins jener Dörfer, die nur existieren, damit jemand Angaben über seine Herkunft machen kann. Im Universum wimmelt es davon: in Schluchten verborgene Orte, halb vergessene Provinznester in weiten Savannen, einsame Schuppen in dunklen Wäldern. Sie gehen nur deshalb in die Geschichte ein (zumindest in die regionale), weil in einer so gewöhnlichen und langweiligen Umgebung höchst bedeutsame Ereignisse ihren Anfang nahmen. Manchmal erinnert nur eine kleine Gedenktafel daran, daß entgegen aller gynäkologischen Möglichkeiten irgendeine Berühmtheit in halber Höhe einer Mauer geboren wurde.
    Nebel wallte zwischen den Häusern, als der Zauberer eine kleine Brücke überquerte, unter der ein angeschwollener Wildbach gurgelte. Er verharrte kurz, um sich zu orientieren, und hielt dann auf die Dorfschmiede zu. Nun, der Nebel wird hier nur erwähnt, um die richtige Stimmung entstehen zu lassen; sein Wallen hat mit den folgenden Geschehnissen nichts zu tun. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, daß es ein recht erfahrener Nebel war, der die Kunst des Wallens außerordentlich gut beherrschte. Was das Gurgeln des Wildbachs angeht: Er litt nicht etwa an Mundgeruch, sondern wetteiferte aus purer Lebensfreude mit dem Prasseln des Regens.
    In der Werkstatt des Dorfschmieds herrschte natürlich ziemliches Gedränge. Immerhin kann man guten Gewissens darauf vertrauen, dort nicht nur ein gut geschürtes Feuer vorzufinden, sondern auch einen Gesprächspartner. Mehrere Dorfbewohner hatten es sich im warmen Schatten gemütlich gemacht, und als der Zauberer eintrat, setzten sie sich erwartungsvoll auf und versuchten mit mäßigem Erfolg, intelligent zu wirken.
    Der Schmied hielt derart unterwürfige Gesten für nicht notwendig. Er nickte dem Magier zu und begrüßte ihn damit als Gleichrangigen – wenigstens sah er sich in einer solchen Rolle. Er vertrat die Ansicht, jeder halbwegs kompetente Schmied müsse mit der Magie auf einigermaßen gutem Fuße stehen. Manchmal erschien es ihm wie ein Wunder, das seine Hammerschläge rotglühendem Eisen genau die richtige Form gaben, und er zweifelte nicht daran, daß als Erklärung nur Thaumaturgie in Frage kam.
    Der Zauberer verneigte sich. Eine weiße Katze, die hinter dem Ofen lag, erwachte aus ihrem Schlummer und musterte ihn wachsam.
    »Wie heißt dieser Ort, Herr?«, fragte der alte Mann. Der Schmied hob die Schultern.
    »Blödes Kaff«, sagte er.
    »Blödes …?«
    »Kaff«, wiederholte der Schmied herausfordernd und hob die Brauen. Offenbar befürchtete er eine Verletzung seines Heimatstolzes.
    Der Zauberer dachte kurz nach.
    »Gewiß ein Name, hinter dem sich eine interessante Geschichte verbirgt«, erwiderte er schließlich und fügte hinzu: »Die ich unter anderen Umständen gern hören würde. Leider bleibt mir nicht genügend Zeit. Ich bin gekommen, um mit dir über deinen Sohn zu sprechen.«
    »Welchen meinst du?«, fragte der Schmied, und die Zuhörer kicherten leise. Der Zauberer lächelte.
    »Du hast sieben Söhne, nicht wahr? Und du selbst bist ein achter Sohn, stimmt’s?«
    Die Miene des Schmieds verhärtete sich. Er überlegte einige Sekunden lang und wandte sich den Dorfbewohnern zu.
    »Na schön«, brummte er. »Ich glaube, es hört auf zu regnen. Haut ab! Ich und …«
    Er sah den Zauberer an und hob die Brauen.
    »Drum Billet«, sagte der alte Mann.
    »Ich und Drum Billet haben einiges zu besprechen.«
    Er winkte mit dem Hammer, und die anderen Männer wanderten im Gänsemarsch zur Tür. Mehrmals blickten sie über die Schulter zurück, so als hofften sie auf eine Zugabe, obwohl die Vorstellung noch gar nicht begonnen hatte.
    Der Schmied zog zwei Stühle unter der Werkbank hervor, nahm eine Flasche aus dem Schrank neben dem Wasserbehälter und schenkte die beiden kleinsten Gläser voll, die er finden konnte.
    Dann nahm er zusammen mit dem Zauberer Platz. Eine Zeitlang beobachteten sie den Regen und den Nebel, der kunstvoll und elegant über die Brücke wallte. Schließlich sagte der Schmied: »Ich weiß, welchen Sohn du meinst. Die alte Granny ist gerade oben bei meiner Frau. Der achte Sohn eines achten Sohns. Hm, ich verstehe. Nun, ich habe schon daran gedacht, der ganzen Sache jedoch keine große Beachtung geschenkt, um ganz ehrlich zu sein. Tja. Ein Zauberer in der Familie, wie?«
    »Wäre durchaus möglich«,
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