Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
Plätzchen.
    »Simon teilt diese Meinung. Um ganz ehrlich zu sein: Ich stehe vor einem Rätsel. Magie ist immerhin dazu da, um verwendet zu werden. Wem nützt es, wenn man sich einen Vorrat an thaumaturgischer Kraft anlegt, ohne je Gebrauch davon zu machen? Nur zu! Du verdirbst dir schon nicht den Magen.«
    »Magie jenseits von Magie«, schnaubte Oma Wetterwachs abfällig. Sie griff nach dem Keks und schmierte Marmelade darauf. Nach kurzem Zögern fügte sie auch Sahne hinzu.
    Der Zuckerwürfel fiel auf die Fliesen und wurde sofort von anderen Ameisen umringt. Sie spannten ihn in das Zuggeschirr der versklavten roten Ameisen aus dem Garten.
    Knallwinkel rutschte unruhig hin und her. Der Stuhl unter ihm knarrte leise.
    »Esmeralda«, begann er, »ich möchte dich fragen …«
    »Nein«, sagte Granny.
    »Eigentlich wollte ich dir mitteilen, daß ich mit dem Gedanken spiele, einigen weiteren Mädchen ein Studium an der Universität zu ermöglichen. Versuchsweise. Als eine Art Experiment. Sobald die notwendigen sanitären Anlagen bereitstehen«, fügte Knallwinkel hinzu.
    »Die Entscheidung liegt natürlich bei dir.«
    »Und, äh, da uns offenbar keine andere Wahl bleibt, als ein koedukatives Institut zu werden, äh, dachte ich mir, äh, daß du, äh …«
    »Ja?«
    »Nun, ich wollte dich fragen, äh, ob du vielleicht, äh, bereit wärst, einen Lehrstuhl, äh, anzunehmen.«
    Der Erzkanzler lehnte sich zurück. Der Zuckerwürfel glitt auf winzigen Rollen unter seinem Stuhl dahin, und das Quieken der Sklaventreiber ließ sich als leises, kaum hörbares Knistern vernehmen.
    »Hmmm«, erwiderte Granny, »warum nicht? Weißt du, ich habe mir immer einen bequemen Sessel aus Weidenruten gewünscht, mit einem ausziehbaren Sonnenschirm. Wenn das nicht zuviel verlangt ist …«
    »Nun, das meinte ich eigentlich nicht – obwohl ich sicher bin, daß wir einen solchen Stuhl irgendwo auftreiben können.«
    Knallwinkel suchte nach den richtigen Worten. »Äh, es ging mir um folgendes: Was hältst du davon, in der Universität zu unterrichten? Ab und zu?«
    »Was denn, zum Beispiel?«
    Der Erzkanzler schürzte die Lippen.
    »Kräuterkunde?«, fragte er vorsichtig. »Wir wissen hier nicht viel über Kräuter. Und Pschikologie. Esk erzählte mir viel davon. Klingt interessant.«
    Mit einem letzten Hauruck verschwand der Zuckerbrocken durch einen schmalen Riß in der Wand. Knallwinkel deutete in die entsprechende Richtung.
    »Sie klauen ständig Zucker«, sagte er. »Aber wir bringen es einfach nicht über uns, etwas dagegen zu unternehmen.«
    Oma Wetterwachs runzelte die Stirn, blickte durch den Dunst über der Stadt und beobachtete die fernen Spitzhornberge. Schnee glitzerte auf den hohen Gipfeln.
    »Es ist ein weiter Weg«, sagte sie. »Und ich bin zu alt, um ständig hin und her zu reisen.«
    »Wir könnten dir einen besseren Hexenbesen besorgen«, erwiderte Knallwinkel. »Einen, der weder Anläufe noch Flüche erfordert. Und du … Wir würden dir hier eine Wohnung zur Verfügung stellen.«
    Er überlegte kurz und setzte seine Geheimwaffe ein: »Und dir so viel abgenutzte Kleidung geben, wie du tragen kannst.«
    Klugerweise hatte er Zeit in ein Gespräch mit Frau Reineweiß investiert.
    »Mmpf«, machte Granny. »Seide?«
    »Schwarze und rote«, sagte Knallwinkel. Als er sich die Hexe in schwarzroter Seide vorstellte, seufzte er innerlich und bohrte die Zähne in einen Keks.
    »Vielleicht wäre es auch möglich, daß einige Schüler dein Haus in den Bergen aufsuchen«, fuhr der Erzkanzler fort. »Für naturverbundene Studien.«
    »Wer soll sich mit der Natur verbinden?«
    »Ich meine: Bei dir könnten sie bestimmt eine Menge lernen.«
    Granny dachte darüber nach. Kein Zweifel: Es mochte nützlich sein, den Abort zu entleeren, bevor es zu warm wurde, und im Frühling mußte der Ziegenstall gründlich ausgemistet werden. Darüber hinaus konnte es nicht schaden, die Kräuterbeete umzugraben und auf die neue Saat vorzubereiten. Die Decke im Schlafzimmer war in einem jämmerlichen Zustand, und einige Dachschindeln hatten sich gelockert.
    »Praktische Dinge?«, fragte sie.
    »In der Tat«, bestätigte Knallwinkel.
    »Mmpf«, sagte Oma Wetterwachs und zwang sich zu diskreter Zurückhaltung. Bei der ersten Verabredung, so erinnerte sie sich vage, sollte man eine gewisse taktvolle Distanz wahren. »Vielleicht komme ich auf deinen Vorschlag zurück.«
    »Wie wär’s, wenn wir heute gemeinsam zu Abend essen?«, fragte Knallwinkel. Seine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher