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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers
Autoren: Terry Pratchett
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das Mädchen silberne Sterne und andere astrologische Symbole.
    »Ein Zauberhut?«, fragte es schließlich. Knallwinkel trat vor.
    »Äh, ja«, bestätigte er und räusperte sich erneut. »Weißt du, wir dachten … Wir überlegten uns … Nun, wie dem auch sei: Wir hielten es für angebracht …«
    »Du bist jetzt eine Zauberin«, sagte Oma Wetterwachs schlicht. »Der Erzkanzler hat die Tradition verändert. War eigentlich gar nicht so schwer.«
    »Der Zauberstab muß hier irgendwo in der Nähe liegen«, meinte Knallwinkel. »Ich habe gesehen, wie er fiel … Ah, da ist er ja.«
    Er stand auf und zeigte ihn Granny.
    »Wenn ich mich recht entsinne, wies er Schnitzmuster auf«, fügte er hinzu. »Dieses Ding sieht wie ein ganz gewöhnlicher Stock aus.«
    Und damit hatte er durchaus recht: Der Zauberstab wirkte so mächtig und gefährlich wie ein Stück Feuerholz.
    Esk drehte den Hut hin und her und erweckte den Eindruck, als habe sie gerade ein in buntes Geschenkpapier gehülltes Paket geöffnet und Badesalz darin gefunden.
    »Recht hübsch«, murmelte sie unsicher.
    »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«, erwiderte Oma Wetterwachs scharf.
    »Die Spitze gefällt mir sehr.«
    Seltsamerweise fühlte sie sich überhaupt nicht anders, obgleich sie jetzt zu den Zauberern gehörte.
    Simon beugte sich zu ihr herüber.
    »Denk daran«, flüsterte er ihr zu, »du mußt Zauberer gewesen sein. Erst dann kannst du dich auf der andern Seite der magischen Tür umsehen. Erinnerst du dich?«
    Sie musterten sich gegenseitig und lächelten.
    Granny starrte Knallwinkel an. Der Erzkanzler zuckte mit den Achseln.
    »Was weiß ich?«, brummelte er. »Was ist mit deinem Stottern passiert, Junge?«
    »Scheint weg zu sein«, erwiderte Simon fröhlich. »Offenbar habe ich’s irgendwo zurückgelassen.«
     
    Für den Spätherbst herrschten erstaunlich hohe Temperaturen, und in den unteren Bezirken der Stadt stieg Dampf von vielen Tausend Decken und Teppichen, die zum Trocknen an langen Wäscheleinen hingen. Schlick bedeckte die Straßen, was die meisten Bürger von Ankh-Morpork als eine Verbesserung ihrer allgemeinen Lebensbedingungen empfanden: Die Flut schwemmte alle Müllberge fort, die sich in den letzten Wochen und Monaten angesammelt hatten.
    Dampf stieg auch von den Fliesen der persönlichen Veranda des Erzkanzlers auf. Und von der Teekanne.
    Oma Wetterwachs saß in einem alten Rohrstuhl und gestattete der ungewöhnlichen Wärme, ihr die Fußknöchel zu streicheln. Müßig beobachtete sie eine Gruppe von Stadtameisen, die schon so lange unter den Kacheln der Universität lebten, daß die starke magische Hintergrundstrahlung sie zu einer permanenten Veränderung ihrer genetischen Struktur geführt hatte. Mit einer winzigen Sackkarre transportierten sie ein feuchtes Zuckerstück. Ein zweites Einsatzteam errichtete eine winzige Rampe am Rande des Tisches.
    Granny wußte natürlich nicht, daß eine der Ameisen Drum Billet war: Er wollte dem Leben eine zweite Chance geben.
    »Wenn man am letzten Novembertag eine Ameise findet«, sagte sie, »steht ein sehr milder Winter bevor. So heißt es jedenfalls.«
    »Wer behauptet das?«, fragte Knallwinkel.
    »Leute, die sich irren«, erwiderte Oma Wetterwachs. »Weißt du, ich mache mir Notizen in meinem Almanach. Ich prüfe nach, jawohl. Und dabei stelle ich immer wieder fest, daß die meisten Leute an die falschen Dinge glauben.«
    »Wie zum Beispiel: Himmel rot in der Nacht, in einer niedergebrannten Stadt man erwacht«, schlug der Erzkanzler vor. »Oder: Morgenstund hat Gold im Mund.«
    »In dem Fall wäre ich längst steinreich«, sagte Granny. Der Zuckerwürfel erreichte gerade die Rampe, und dort befestigten ihn zwei Ameisen an einem mikroskopischen Flaschenzug.
    »Die Hälfte von dem, was Simon erklärt, verstehe ich nicht«, meinte Knallwinkel. »Obgleich einige Schüler ganz aufgeregt werden, wenn sie seine Vorträge hören.«
    »Nun, mir ist durchaus klar, was Esk meint – ich halte es nur für dummes Zeug«, entgegnete Granny. »In einem Punkt allerdings stimme ich ihr zu: Zauberer brauchen Herz.«
    »Sie sagt auch, Hexen benötigten mehr Verstand«, warf der Erzkanzler ein. »Möchtest du einen von den Keksen? Sind ein bißchen feucht, aber schmecken recht gut.«
    »Esk steht offenbar auf folgendem Standpunkt: Durch Magie bekommen Menschen das, was sie möchten. Aber indem man sie nicht beschwört, gibt man ihnen das, was sie brauchen.«
    Grannys Hand schwebte über den
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