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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers
Autoren: Terry Pratchett
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gelernt, wie man damit umgeht, verstehst du?«
    Knallwinkel starrte auf die beiden bewegungslosen Gestalten hinab. »Nein, ich verstehe nicht«, gestand er ein. »Warum kann sie keinen Gebrauch von ihm machen? Es ist doch ein richtiger Zauberstab.«
    »Ja«, bestätigte Granny, »und dadurch wird sie Zauberer, stimmt’s?«
    Knallwinkel zögerte.
    »Nun, natürlich nicht. Verlangst du etwa von mir, sie ganz offiziell zu einem Zauberer – ich meine: einer Zauber in – zu erklären? Dafür gibt es keinen einzigen Präzedenzfall.«
    »Keinen was?«, fragte Granny scharf.
    »Ich meine: So etwas ist noch nie zuvor geschehen.«
    »Ich kenne viele Dinge, die noch nie zuvor geschehen sind. Zum Beispiel wurden wir nur einmal geboren.«
    Knallwinkel war der Verzweiflung nahe. »Aber es ist gegen die T …«
    Er wollte ›Tradition‹ sagen, doch das Wort blieb ihm irgendwo in der Kehle stecken.
    »Wo steht das geschrieben?«, fragte Oma Wetterwachs eindringlich. »Wo steht geschrieben, Frauen könnten nicht Zauberer werden?«
    Folgende Gedanken rasten durch Knallwinkels vibrierende Bewußtseinssphäre:
    – Es steht nirgends geschrieben, weil es allgemein bekannt ist. Schließlich kommt die Sonne auch nicht auf die Idee, ein Mond zu werden.
    – Oder vielleicht doch? Hat Simon nicht behauptet, Ideen seien die Basissubstanz der Wirklichkeit, was auch immer das sein mag?
    – Möchtest du als Erzkanzler in die Universitätsgeschichte eingehen, der Frauen zum magischen Studium zuließ? Nun, eins steht fest: Man würde mich bestimmt nicht vergessen.
    – Wenn Granny jene Haltung einnimmt, sieht sie wirklich imposant aus.
    – Der Zauberstab hat einen eigenen Willen.
    – Es ergibt irgendwie einen gewissen Sinn.
    – Bestimmt lacht man mich aus.
    – Vielleicht klappt es gar nicht.
    – Vielleicht doch.
     
    Eskarina konnte ihnen nicht vertrauen. Aber es blieb ihr keine Wahl.
    Sie blickte in die schrecklichen Fratzen, die auf sie herabstarrten, betrachtete die alptraumhaften Gestalten, deren Einzelheiten sich glücklicherweise hinter weiten Umhängen verbargen.
    Ihre Hände prickelten.
    In der Schattenwelt sind Vorstellungen real. Diese Erkenntnis wanderte durch ihre Arme und erreichte das Hirn.
    Es war eine Art perlender Gedanke, voller Kohlensäure. Esk lachte, hob die Arme … und einen Sekundenbruchteil später schlossen sich ihre Finger um den funkenstiebenden Zauberstab. Er schien aus massiver Elektrizität zu bestehen.
    Die Dinge schnatterten nervös, und einige, die weiter hinten standen, wichen furchtsam zurück. Simon fiel, als ihn die beiden Wesenheiten hastig losließen. Auf Händen und Knien landete er im Sand.
    »Benutz ihn!«, rief er. »Zögere nicht! Die Geschöpfe haben Angst davor!«
    Eskarina lächelte und betrachtete den Stab. Zum erstenmal erkannte sie nun, was die Schnitzmuster darstellten.
    Simon griff nach der kristallenen Pyramide mit der kleinen Scheibenwelt und lief auf das Mädchen zu.
    »Worauf wartest du noch?«, fragte er. »Sie verabscheuen ihn.«
    »Bitte?«, erwiderte Esk.
    »Setz den Stab ein!«, drängte Simon und streckte die Hand danach aus. »He! Er hat mich gebissen!«
    »Entschuldige!«, bat Esk. »Wovon sprichst du überhaupt?«
    Sie hob den Kopf und beobachtete die wimmernden Dinge mit neuem Interesse.
    »Ach, die! Sie existieren nur in unserer Einbildung. Wenn wir nicht daran glauben, gibt es sie gar nicht.«
    Simon ließ den Blick über die Schattenkreaturen schweifen. »Ich bin nicht sicher, ob du recht hast«, entgegnete er.
    »Ich glaube, wir sollten jetzt heimkehren«, schlug Esk vor. »Bestimmt machen sich einige Leute Sorgen um uns.«
    Sie schloß die Hände, und daraufhin verschwand der Zauberstab. Für einen Sekundenbruchteil hatte es den Anschein, als glühten ihre Fingerkuppen.
    Die Dinge heulten. Einige von ihnen verloren das Gleichgewicht und stürzten.
    »Wenn man sich mit Magie beschäftigt, muß man auch lernen, wie man sie nicht beschwört«, sagte Esk und hakte sich bei Simon ein.
    Er zwinkerte verdutzt und lächelte wie ein Narr. »Wie man sie nicht beschwört?«, wiederholte er.
    »Genau«, bestätigte Eskarina, als sie sich den Dingen näherten. »Versuch es selbst einmal.«
    Erneut hob sie die Hände, holte den Zauberstab aus dem leeren Nichts und reichte ihn dem jungen Mann. Er wollte danach greifen, überlegte es sich dann aber anders.
    »Äh, nein, lieber nicht«, brummte er. »Ich befürchte, er mag mich nicht besonders.«
    »Ich schätze, es ist alles in
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