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Das Erbe des Zauberers

Das Erbe des Zauberers

Titel: Das Erbe des Zauberers
Autoren: Terry Pratchett
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ist.«
    Gordo griff nach einem Spaten und zögerte.
    »Granny?«
    »Ja?«
    »Weißt du, wie Zauberer begraben werden möchten?«
    »Und ob!«
    »Wie denn?«
    Oma Wetterwachs blieb an der Treppe stehen. »Widerwillig.«
    Später wurde es dunkel, als das letzte Licht des Tages langsam aus dem Tal floß und der Nacht wich. Ein fahler, regennasser Mond kletterte über den schwarzen Himmel, begleitet von flackernden Sternen. Im dunklen Garten hinter der Schmiede war das gelegentliche Klirren eines Spatens oder ein gedämpfter Fluch zu hören.
    Im Zimmer über der Werkstatt schlief die erste Zauberin der Scheibenwelt in einer Wiege und träumte von … Nun, eigentlich träumte sie gar nicht.
    Die weiße Katze döste auf einem Schemel hinter dem Ofen. Das einzige Geräusch in der warmen Esse stammte von den Kohlen, die mit einem leisen Knistern unter grauer Asche abkühlten.
    Der Zauberstab stand in der Ecke und fühlte sich recht wohl. Die Schatten in seiner Nähe schienen etwas dunkler zu sein, als es Schatten normalerweise sind.
    Die Zeit nahm ihre Pflicht wahr und verstrich.
    Irgendwo klimperte etwas, und verdrängte Luft zischte kaum hörbar. Nach einer Weile hob die Katze den Kopf und beobachtete aufmerksam, was im Zimmer geschah.
     
    Der Morgen graute, und von den Spitzhornbergen aus gesehen wirkte die Dämmerung überaus beeindruckend, erst recht dann, wenn ein ordentlicher Regenguß den Staub aus der Luft gespült hatte. Die kleineren Gipfel und Berge vor dem Kaff-Tal erstrahlten in purpurnen und orangefarbenen Tönen, als das Morgenlicht über sie hinwegtropfte. (Manche Leute sprechen in diesem Zusammenhang von ›goldenem Sirup‹; es sei daran erinnert, daß die Scheibenwelt in ein ausgedehntes magisches Feld gehüllt ist, in dem Licht zu Trägheit und regelrechter Faulenzerei neigt.) In der fernen Ebene verharrten einige dunkle Pfützen der Nacht, und jenseits davon deutete ein gelegentliches Funkeln auf die Fluten des Meeres hin.
    Tatsächlich konnte man von Blödes Kaff aus bis zum Rand der Welt sehen.
    Damit versucht der Autor nicht etwa, seine metaphorische Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Nein, er beschreibt schlicht und einfach eine Tatsache. Immerhin ist die Scheibenwelt flach wie ein Pfannkuchen (beziehungsweise eine Pizza, von der kulinarischen Version ›Calzone‹ einmal abgesehen), und jedermann weiß, daß sie von vier Elefanten getragen wird, die ihrerseits auf dem Rücken der riesigen Sternenschildkröte Groß-A’Tuin stehen.
    Das Dorf erwacht allmählich. Der Schmied hat bereits seine Werkstatt aufgesucht und dort mit ziemlichem Erstaunen festgestellt, daß sie so gut aufgeräumt ist wie schon seit hundert Jahren nicht mehr: Alle Instrumente befinden sich an ihrem Platz; der Boden ist gefegt, und im Brennofen lodert ein prächtiges Feuer. Gordo nimmt auf dem großen Amboß Platz, der mitten im Raum steht (wo er hingehört), betrachtet den Zauberstab und versucht nachzudenken.
     
    Während der nächsten sieben Jahre beschränkten sich die erwähnenswerten Ereignisse darauf, daß im Garten hinter der Schmiede ein Apfelbaum wesentlich schneller wuchs als die anderen. Häufig kletterte ein kleines Mädchen daran hinauf. Es hatte braunes Haar, eine deutlich sichtbare Zahnlücke und Gesichtszüge, die zwar nicht unbedingt hinreißende Schönheit versprechen, aber doch eine auffällige Attraktivität.
    Das Mädchen hieß Eskarina, wofür es keinen besonderen Grund gab; seine Mutter fand einfach nur Gefallen an der Klangfarbe dieses Namens. Granny ›Oma‹ Wetterwachs beobachtete es aufmerksam, ohne irgendwelche Anzeichen von Magie zu erkennen. Sicher, Eskarina verbrachte mehr Zeit damit, auf Bäume zu klettern und schreiend herumzulaufen als andere Mädchen, aber immerhin lebte sie mit vier älteren Brüdern unter einem Dach, und das erklärte eine ganze Menge. Nach einer gewissen Zeit entspannte sich die Hexe und kam erleichtert zu dem Schluß, daß die Zauberei ohne Einfluß geblieben war.
    Aber Magie hat die Angewohnheit, so auf der Lauer zu liegen wie eine Harke, die jemand im hohen Gras vergessen hat.
     
    Erneut zog der Winter ins Gebirge, und diesmal war es ein sehr strenger. Die Wolken hingen wie fette Schafe über den Gipfeln der Spitzhornberge, füllten die Täler mit Schnee und luden ihre kalten Lasten auch über den Wäldern ab, deren Bäume unter dem schweren Weiß ächzten. Die hohen Pässe wurden geschlossen, und die nächsten Karawanen erwartete man erst im kommenden
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